Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 12.05.2016; Aktenzeichen 7 O 96/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LGes Berlin vom 12.5.2016 - 7 O 96/15 - unter weiter gehender Zurückweisung der Berufung teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.094,09 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.5.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge und Herausgabe hieraus gezogener Nutzungen einer fondsgebundenen Rentenversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags des Klägers mit Versicherungsbeginn zum 15.7.2006 für eine vorgesehene Dauer von 12 Jahren nach dem sogen. Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung abgeschlossen (Versicherungsschein "Pro-Pensions Plan 4 U", Anlage K 1). Der Versicherungsschein enthält eine Belehrung über das Widerspruchsrecht "von 30 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheines und der zugrunde liegenden Bedingungen".

Im September 2010 nahm der Kläger ein Policendarlehen in Höhe eines Gesamtbetrages von brutto 3.870,67 Euro in Anspruch. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlage B 2 verwiesen.

Im Februar 2014 ließ der Kläger mit anwaltlichen Schreiben vom 4. und 19.2.2014 den Widerspruch erklären. Auf die hilfsweise Kündigung zahlte die Beklagte gemäß Abrechnungsschreiben vom 1.9.2014 (Anlage K 5) unter Berücksichtigung des ausgezahlten Darlehensbetrages 12.181,59 Euro aus.

Erstinstanzlich hat der Kläger in der Hauptsache mit dem klageerweiternden Schriftsatz vom 19.2.2015 (Bl. 14 f.) die Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge von nach seiner Behauptung 22.247 Euro zuzüglich einer durchschnittlichen Verzinsung von 5,9138 % gemäß der Berechnung Anlage K 8 in Höhe von 7.836,76 Euro (zusammen 30.083,76 Euro) abzüglich einer Auszahlung von zusammen 16.052,26 Euro einschließlich des Policendarlehens und damit einen Betrag in Höhe von 14.031,50 Euro nebst Zinsen begehrt, hilfsweise im Wege der Stufenklage einen weiter gehenden Rückkaufswert, und außerdem die Erstattung außergerichtlicher Kosten nebst Zinsen. Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der erstinstanzlichen Schriftsätze der Parteienvertreter und wegen der gestellten Anträge - die im Tatbestand des angefochtenen Urteils wegen der übersehenen Klageerweiterung nur unvollständig wiedergegeben sind - auf das Sitzungsprotokoll vom 10.3.2016 (Bl. 98 d.A.) verwiesen.

Das LG hat die Klage insgesamt abgewiesen, hinsichtlich des Zahlungsantrages in der Hauptsache mit der Begründung, zwar sei die Belehrung über das Widerspruchsrecht im Versicherungsschein nicht ausreichend drucktechnisch hervorgehoben und damit fehlerhaft gemäß § 5a Abs. 2 S. 1 VVG a.F. gewesen, so dass die Widerspruchsfrist nicht abgelaufen gewesen sei, der Bereicherungsanspruch sei jedoch wegen widersprüchlichen Verhaltens des Klägers insbesondere im Hinblick auf die Inanspruchnahme des Policendarlehens ausgeschlossen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird verwiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger den erstinstanzlich geltend gemachten Bereicherungsanspruch nebst Zinsen und außergerichtlichen Kosten weiter, da die Ausübung des Widerspruchsrechtes entgegen dem angefochtenen Urteil nicht treuwidrig sei.

Die Beklagte tritt dem entgegen.

II. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache in dem aus dem Urteilsausspruch ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen war sie zurückzuweisen und die Klage weiterhin abzuweisen.

1. Dem Kläger steht dem Grunde nach ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung der geleisteten Prämien und Herausgabe von Nutzungen gegen die Beklagte zu, da die Widerspruchsfrist bei Erklärung des Widerspruchs mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht abgelaufen war. Die Belehrung ist entgegen § 5a Abs. 2 S. 1 VVG a.F. aus dem übrigen Text auf S. 2 des Versicherungsscheins, der ebenfalls fett gedruckt ist, nicht drucktechnisch hervorgehoben. Auf die insoweit zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils wird verwiesen. Außerdem wird der Lauf der Widerspruchsfrist nur von dem Erhalt des Versicherungsscheins und der Bedingungen abhängig gemacht, nicht jedoch - wie gemäß § 5a Abs. 1 VVG erforderlich - auch von dem Erhalt der Verbraucherinformationen.

2. Die Ausübung des Widerspruchsrechtes ist nicht wegen der Inanspruchnahme des Policendarlehens und der damit einhergehenden Verpfändung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben - Verwirkung oder widersprüchlichen Verhaltens - ausgeschlossen. Nach der Rspr. des BGH müssen dafür bei einer nicht ordnungsgemäßen Belehrung gravierende Umstände vorliegen, die jahrelange Prämienzahlung genügt dafür nicht (vgl. u.a. Urteil...

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