Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 23 O 303/17)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.02.2020; Aktenzeichen IV ZR 235/19)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 23. August 2018 zu 23 O 303/17 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 105% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Versicherungsleistungen in Höhe von 13.504,89 EUR aus einer für das Objekt "H..." ... bestehenden erweiterten Gebäudeversicherung wegen eines Überschwemmungsereignisses in der Nacht vom 04. auf den 05. Januar 2017.

Der Beklagte ist der Ansicht, die geltend gemachten Nässeschäden seien durch Sturmflut im Sinne des § 8 Ziffer 4 a) bb) der in den Versicherungsvertrag einbezogenen Bedingungen (ECB 2010 -Version 01.04.2014 GDV 1201, nachfolgend nur noch ECB 2010) verursacht worden, weshalb seine Einstandspflicht ausgeschlossen sei.

Mit Urteil vom 23. August 2018, auf dessen tatsächliche Feststellungen wegen des Sach- und Streitstandes der Parteien im Einzelnen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Beklagten bis auf einen Teil des Zinsanspruchs antragsgemäß verurteilt mit der Begründung, die Voraussetzungen des geltend gemachten Ausschlusstatbestandes seien nicht erfüllt. Zwar ergebe eine am Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers orientierte Auslegung dieser Klausel, dass am 04. Januar 2017 eine Sturmflut auf der Ostsee einschließlich der Küstengebiete und Flussmündungen geherrscht habe, dies jedoch nicht mehr im Bereich des 16 km landeinwärts gelegenen Versicherungsobjekts. Zu dessen Überschwemmung sei es -wie zwischen den Parteien unstreitig ist- deshalb gekommen, weil die Warnow aufgrund des durch die auflandigen Winde erzeugten Badewanneneffekts nicht mehr bestimmungsgemäß habe in die Ostsee habe abfließen können und deshalb ausgeufert sei. Ein solcher Ausschluss für Schäden durch mittelbare Auswirkungen einer Sturmflut lasse sich bei einer Auslegung aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers weder dem Wortlaut noch der Systematik der Versicherungsbedingungen entnehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 29. August 2018 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 20. September 2018, per Fax eingegangen am selben Tag, hat der Beklagte Berufung eingelegt und diese -nachdem auf einen am 29. Oktober eingegangenen Antrag die Frist um einen Monat verlängert worden war- mit am 29. November 2018 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte rügt eine unzutreffende Rechtsanwendung durch das Landgericht im Rahmen des § 8 Ziffer 4. a) bb) ECB 2010. Die Klausel sei ihrem Wortlaut nach eindeutig und damit weder auslegungsbedürftig noch auslegungsfähig. Allein mit der Lage des Versicherungsobjekts hinter der Küstenlinie könne nicht begründet werden, dass Schäden durch Sturmflut im Sinne des Ausschlusstatbestandes nicht denkbar seien. Aufgrund der Formulierung "nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden durch Sturmflut" sei nicht zweifelhaft, dass eine Überschwemmung bereits dann zum Ausschluss der Versicherungsleistung führe, wenn sie im Sinne einer einfachen Kausalität ihre Ursache in einer Sturmflut besitze. Der Beklagte stützt seine Auffassung u.a. auch auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.04.2015 (Az. IV ZR 252/03) zur Kausalität zwischen der in einer Wohngebäudeversicherung versicherten Gefahr "Überschwemmung des Grundstücks" und dem dabei eingetretenen Gebäudeschaden, wonach für den Versicherungsnehmer erkennbar der bloße Ursachenzusammenhang ohne weitere qualifizierende Beschränkung genüge, um die Ersatzpflicht des Versicherers auszulösen. Ferner verweist er in diesem Zusammenhang auf die im Bereich der Unfallversicherung zu Kausalitätsanforderungen bei ausgeschlossenen Bandscheibenschäden ergangenen Entscheidung des OLG Köln vom 04.03.2016 (Az. 20 U 175/15) und vertritt die Ansicht, auch daraus ergebe sich, dass die mittelbare Verursachung der Schäden durch das ausgeschlossene Ereignis genüge.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie erachtet das angegriffene Urteil und insbesondere die Auslegung der Ausschlussklausel des § 8 Ziffer 4 a) bb) ECB durch das Landgericht für zutreffend.

II. Die Berufung des Beklagten ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ ZPO).

Die Berufung bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Zu Recht hat das Landgeric...

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