Leitsatz (amtlich)

Der Inhaber einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, gegen den nach deren Erteilung im Inland eine Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB verhängt wurde, darf mit seiner EU-Fahrerlaubnis, sofern die Maßregel noch im Fahreignungsregister eingetragen ist, erst dann wieder ein Kraftfahrzeug in Deutschland führen, wenn ihm dieses Recht auf seinen nach § 28 Abs. 5 Satz 1 FeV zu stellenden Antrag erteilt wurde (Anschluss an BVerwG NJW 2014, 2214).

 

Normenkette

StVG § 25 Abs. 2a S. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 20.08.2014; Aktenzeichen (575) 253 AR 3/14 Ns 8/14)

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 20. August 2014 wird verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20.- Euro verurteilt. Seine dagegen eingelegte Berufung hat das Landgericht verworfen. Die gegen das Urteil des Landgerichts gerichtete Revision des Angeklagten, die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützt ist, hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte, der Pole ist, aber seit 1982 ununterbrochen in Deutschland gemeldet ist, 1985 eine deutsche Fahrerlaubnis erworben hat. 1994 ist er wegen Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden, und ihm ist die Fahrerlaubnis entzogen worden. Verschiedene Anträge auf Erteilung einer (deutschen) Fahrerlaubnis sind in der Folge negativ beschieden worden. Am 3. Januar 2001 hat der Angeklagte in Polen, wo er zu dieser Zeit auch gemeldet war, eine polnische Fahrerlaubnis erworben. Am 14. März 2002 ist der Angeklagte wegen am 20. Februar 2001 begangen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe und am 11. Juli 2002 wegen des selben Delikts, begangenen am 25. Februar 2002, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, in beiden Fällen sind auch Sperrfristen nach § 69a StGB festgesetzt worden. Auch am 10. Januar 2008 ist der Angeklagte, weil er ein Gespann geführt hatte, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden. Am 1. September 2012 hat der Angeklagte schließlich die hier abgeurteilte Tat begangen: Er befuhr am Steuer eines PKW öffentliches Straßenland in Berlin.

Das Landgericht vertritt die Auffassung, die 2001 in Polen erworbene Fahrerlaubnis habe den Angeklagten nicht dazu berechtigt, im September 2012 ein Kraftfahrzeug in Deutschland zu führen. Da er seit 1982 ununterbrochen in Deutschland gemeldet sei und in Berlin seinen Lebensmittelpunkt habe, hätte er seinen in Polen erworbenen Führerschein binnen sechs Monaten umschreiben lassen müssen oder nach Ablauf der bis September 2002 währenden Sperrfrist einen Antrag auf Neuerteilung nach § 28 Abs. 4 Nr. 4, Abs. 5 FeV stellen müssen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Urteil aufzuheben und den Angeklagten freizusprechen. Sie ist der Auffassung, der Angeklagte sei durch seinen 2001 ausgestellten polnischen Führerschein berechtigt, ein Kraftfahrzeug auch im Inland zu führen.

1. Die nur in allgemeiner Form erhobene Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

2. Die Sachrüge deckt keinen Rechtsfehler auf. Die Urteilsfeststellungen tragen im Ergebnis die Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG.

Die im Januar 2001 in Polen erworbene Fahrerlaubnis berechtigte den Angeklagten nicht dazu, im September 2012 ein Kraftfahrzeug auf öffentlichem Straßenland in Deutschland zu führen. Dabei kann offen bleiben, ob die im angefochtenen Urteil getroffene Feststellung, der Angeklagte habe den Führerschein erworben, während er in seiner polnischen Heimatstadt polizeilich gemeldet war (UA S. 3), den Darlegungserfordernissen in tatsächlicher Hinsicht genügt. Das ist zweifelhaft, denn nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV hätte der Angeklagte von seiner polnischen Fahrerlaubnis im Inland nur Gebrauch machen dürfen, wenn er zum Zeitpunkt der Erteilung keinen ordentlichen Wohnsitz (§ 7 Abs. 1, 2 FeV) in Deutschland gehabt hätte. Die Urteilsfeststellungen schließen nicht aus, sondern legen es im Gegenteil nahe, dass der Angeklagte im Jahr 2001 in Polen gemeldet war, aber in Deutschland, wo er ebenfalls gemeldet war, seinen Lebensmittelpunkt hatte und tatsächlich wohnte. Jedenfalls durfte der Angeklagte am Tattag im Inland kein Kraftfahrzeug führen, weil gegen ihn zuletzt mit Urteil vom 11. Juli 2002 eine isolierte Sperrfrist nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB festgesetzt worden war. Diese Sperrfrist hatte die Wirkung, dass der Angeklagte, hätte er von seiner zuvor in Polen erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch machen wollen, nach § 28 Abs. 5 Satz 1 FeV den Nachweis erbringen musste, dass er wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Die Gründe der angefochtenen Entscheidung belegen mit noch hinreichender Deutlichkeit, dass der Angeklagte einen derartigen Antrag...

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