Leitsatz (amtlich)

1. Taugliche Tathandlungen im Sinne des § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG sind nur falsche und unvollständige Angaben in einer Versicherung nach §§ 8 Abs. 3 Satz 1, 39 Abs. 3 Satz 1 oder 67 Abs. 3 Satz 1 GmbHG, in der gegenüber dem Registergericht zu versichern ist, dass keine Umstände vorliegen, die nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 GmbHG der Bestellung zum Geschäftsführer entgegenstehen, außerdem falsche Angaben in einer vom Registergericht erforderten ergänzenden Versicherung.

2. Andere falsche oder unvollständige Angaben, die in der Versicherung enthalten sind - hier betreffend eine Vorstrafe wegen Untreue -, unterliegen nicht dem Strafschutz der Norm.

 

Normenkette

GmbHG § 6 Abs. 2 S. 2 Nrn. 2-3, S. 3, § 8 Abs. 3 S. 1, § 39 Abs. 3 S. 1, § 67 Abs. 3 S. 1, § 82 Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 08.11.2013; Aktenzeichen (328 Cs) 244 Js 813/13 (142/13))

 

Tenor

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 8. November 2013 wird verworfen.

Die Kosten der Revision und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse Berlin.

 

Gründe

Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten mit Urteil vom 8. November 2013 vom Vorwurf der unrichtigen Angaben gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG in vier Fällen sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen freigesprochen. Es hat folgende Feststellungen getroffen:

"Dem Angeklagten wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 02. Juli 2013 zur Last gelegt, in vier Fällen falsche Angaben gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG gemacht zu haben, indem er jeweils bei der Gründung verschiedener Gesellschaften mit beschränkter Haftung gegenüber den jeweils beurkundenden Notaren folgende Erklärungen abgab:

"Es liegen keine Umstände vor, aufgrund derer ich nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 GmbHG vom Amt eines Geschäftsführers ausgeschlossen wäre.

[...]

b) Während der letzten 5 Jahre wurde ich nicht rechtskräftig verurteilt wegen des Unterlassens der Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung), nach §§ 283 bis 283d StGB (Insolvenzstraftaten), wegen falscher Angaben nach § 82 GmbHG oder § 399 AktG, wegen unrichtiger Darstellung nach § 400 AktG, § 331 HGB, § 313 UmwG oder § 17 PublG oder nach § 263 StGB (Betrug), § 263a StGB (Computerbetrug), § 264 StGB (Subventionsbetrug), § 264a StGB (Kapitalanlagebetrug), § 265b StGB (Kreditbetrug), § 266 StGB (Untreue) oder § 266a StGB (Vorenthalten oder Veruntreuen von Arbeitsentgelt). Auch im Ausland wurde ich nicht wegen einer vergleichbaren Tat rechtskräftig verurteilt. Ich wurde nicht aufgrund einer behördlichen Anordnung in einer Anstalt verwahrt."

die jeweils falsch gewesen seien, da der Angeklagte tatsächlich durch Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 17.10.2008 (328 Cs 23/08) rechtskräftig wegen Untreue zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 50,- € verurteilt worden sei."

Den Freispruch aus tatsächlichen Gründen hat das Amtsgericht auf den Umstand gestützt, dass der Angeklagte sich "nach eingeholtem Rechtsrat nicht verpflichtet gefühlt [habe], seine Verurteilung wegen Untreue zu einer Geldstrafe anzugeben, ohne dass dies seine Bestellung zum Geschäftsführer tangiere", so dass eine vorsätzliche Begehung nicht habe nachgewiesen werden können (UA. S. 3). Aus rechtlichen Gründen hat das Amtsgericht ihn freigesprochen, weil "die strafbewehrte Zuwiderhandlung nach § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG" verlange, "dass der jeweilige Geschäftsführungsanwärter versichert, dass keine Umstände vorliegen, die seiner Bestellung entgegenstehen". Gerade diese Versicherung habe der Angeklagte jedoch zutreffend abgegeben (UA. S. 3). Dem Urteil ist weiter zu entnehmen, dass die von den jeweiligen Notaren vorbereiteten Erklärungen den Wortlaut des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3e) GmbHG nur unvollständig wiedergegeben hatten; der dort enthaltene Zusatz "zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr [verurteilt]" war darin jeweils nicht enthalten.

Die gegen den Freispruch zulässig (§ 335 Abs. 1 StPO) eingelegte Sprungrevision der Staatsanwaltschaft, die auf die Sachrüge gestützt wird, ist unbegründet.

1. Soweit die Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Ausführungen zur Sachrüge beanstandet hat, die Urteilsgründe entsprächen nicht § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO, ist der Revisionsbegründung zwar zuzugeben, dass die vom Amtsgericht schriftlich niedergelegten Feststellungen lückenhaft sind. Insbesondere ist - über die Ausführungen der Revisionsführerin zur Sachrüge hinaus - zu bemängeln, dass das Amtsgericht entgegen der Regelung des § 267 Abs. 4 Satz 1 StPO in den Urteilsgründen auf den "angefochtenen Strafbefehl" Bezug genommen hat. Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO muss jedes Strafurteil jedoch aus sich heraus verständlich sein (st. Rspr., vgl. BGH NStZ-RR 2007, 22; BGHSt 30, 225, 227; 33, 59, 60; BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Bezugnahme 1). Gebotene eigene Urteilsfeststellungen oder Würdigungen dürfen nicht dur...

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