Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 93 O 42/17)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. März 2019 verkündete Urteil der Zivilkammer 93 des Landgerichts Berlin - 93 O 42/17 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. [1] Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 7.3.2019 verkündete Urteil der Zivilkammer 93 des Landgerichts Berlin. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Anträge im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

[2] Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags vor:

Entgegen der Ansicht des Landgerichts entspreche der Mietvertrag der Parteien dem Schriftformerfordernis des § 550 BGB, so dass die Kündigung der Klägerin ins Leere gegangen sei und kein Anspruch der Klägerin gem. § 546 Abs. 1 BGB bestehe.

Der Nachtrag vom 2./22.5.2014 gebe die wechselseitigen Verpflichtungen, insbesondere die Verpflichtungen zum eigenen Ausbau der hinzugemieteten Räume durch den Mieter, vollständig und richtig wieder. Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft den widerstreitenden Prozessvortrag der Parteien zu den Aus- und Umbauverpflichtungen der Beklagten durch eigene Annahmen, die auf eine tatsächliche Vermutung der Existenz vertragswesentlicher Aus- und Umbauverpflichtungen hinausliefen, ersetzt. Zugleich stelle es als streitig dar, ob der Mietvertrag vom 17.12.2003 nebst Anlagen fest verbunden ist, obgleich die Beklagte ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung dem Gericht und dem Beklagtenvertreter (gemeint ist wohl dem Klägervertreter) den Originalmietvertrag zur Einsicht vorgelegt habe.

Das Landgericht stelle auch hinsichtlich eines etwaigen Bereicherungsanspruchs des Mieters wegen der Aus- und Umbauarbeiten, dem sich der Erwerber des Grundstücks ausgesetzt sehen könne, Mutmaßungen an, ohne dass hierfür Indizien vorlägen. Vielmehr ergebe sich aus dem Nachtrag vom 2./22.5.2014 eindeutig, dass der Erlass des Rückstandes und die anfängliche Reduzierung der Nettokaltmiete nur für den Zeitraum 1.5. bis 31.7.2014 relevant war und damit ausschließlich die damalige Vermieterin und Eigentümerin, nicht aber den Erwerber habe treffen können.

Wer Mieter der streitgegenständlichen Mieträume sei, lasse sich anhand der Mietvertragsunterlagen zweifelsfrei feststellen. Auch aus dem Hinweis im Nachtrag vom 2./22.5.2014 auf eine erste Nachtragsvereinbarung vom 31.07.2007 ergebe sich kein Schriftformverstoß. Ziehe man den Entwurf der ersten Nachtragsvereinbarung zur Prüfung heran, werde deutlich, dass der als Nachtrag bezeichnete Entwurf eines Nachtrags, da er vermieterseits nicht unterzeichnet oder in anderer Weise angenommen wurde, nicht zum Abschluss gekommen ist.

Nicht zuletzt komme es auf die Frage der vorherigen Mietvertragsparteien und etwaiger Schriftformmangel vorheriger Vertragsfassungen nicht an, weil der Nachtrag vom 2./22.5.2014 alle vertragswesentlichen Abreden wiedergebe und auf einen nahtlosen Neuabschluss des Mietvertrags unter den Parteien hinauslaufe.

[3] Die Beklagte beantragt,

Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 7. März 2019, Az. 93 O 42/17, wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

[4] Sie verteidigt des. angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und dessen Wiederholung und Vertiefung.

II. [5] Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Räumung der streitgegenständlichen Mieträume und -flächen und ihre Herausgabe in geräumten Zustand gemäß § 546 Abs. 1 BGB zu.

[6] Die Kündigung verstößt zwar nicht gegen § 242 BGB. Ein Treuepflichtverstoß der Voreigentümer wäre der Klägerin nicht zuzurechnen (BGH NJW 1962, 1388; OLG Dresden MDR 2015, 1226; OLG Celle ZMR 2017, 389) und ist ohnehin nicht ersichtlich. Zu einer Existenzbedrohung durch die Beendigung des Mietverhältnisses trägt die Beklagte nicht konkret vor; an die Darlegung dieses Ausnahmetatbestandes sind strenge Anforderungen zu stellen (Senat, Beschluss vom 28.6.2018: - 8 U 35/18; Emmerich in: Staudinger, BGB, Bearb. 2018, § 550 Rn. 41; Schweitzer in: Ghaseemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer, Gewerberaummiete, § 550 BGB Rn. 83; Guhling NZM 2014, 530, 534).

Die Beklagte rügt aber zu Recht, dass der Mietvertrag der Parteien nicht aufgrund Schriftformverstoßes als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt (§ 550 Abs. 1 BGB). Das Mietverhältnis ist daher nicht durch die ordentliche Kündigung ...

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