Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 23.05.2005; Aktenzeichen N 13 / 68 Js 104/00 VRs - 544 StVK 292/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 23. Mai 2005 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Das Landgericht Berlin hat den Beschwerdeführer am 6. Mai 2002 wegen Geldwäsche und Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Einzelfreiheitsstrafe für die Geldwäsche betrug zwei Jahre. Diese Strafe ist gegen den Beschwerdeführer bis zum 8. November 2004 vollständig vollstreckt worden. Für die zur unmittelbar anschließenden Strafvollstreckung notierte Restfreiheitsstrafe aus dem Verfahren 27 VRs 1 Mü Js 527/96 lagen die Voraussetzungen der Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 Abs. 1 BtMG vor, was zur Folge hatte, daß der Beschwerdeführer am 9. November 2004 - mittlerweile ambulant - einer Drogentherapieeinrichtung überantwortet worden ist.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Strafvollstreckungskammer es abgelehnt, die Führungsaufsicht entfallen zu lassen oder ihre Dauer abzukürzen. Sie hat den Beschwerdeführer der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt, ihn angewiesen, sich einmal monatlich bei dem Bewährungshelfer nach dessen oder der Führungsaufsichtsstelle Anweisungen zu melden sowie jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle mitzuteilen. Gegen die diesem Beschluß zugrunde liegende Feststellung, daß die Führungsaufsicht von Gesetzes wegen eingetreten sei, richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten (§§ 463 Abs. 3 Satz 1, 454 Abs. 3 Satz 1, 300 StPO); die Weisungen hat er nicht gesondert mit der (einfachen) Beschwerde (§§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 Satz 1, 300 StPO) angefochten.

Der Verurteilte ist der Auffassung, die Führungsaufsicht dürfe erst nach dem Abschluß aller Vollstreckungen einsetzen. Die Vollstreckung in der Sache 27 VRs 1 Mü Js 527/96 sei aber noch nicht beendet. Denn er befinde sich in einer Maßnahme nach § 35 Abs. 1 BtMG. Deren Beginn habe rechtlich noch nicht einmal zu seiner Entlassung aus dem Strafvollzug geführt, was dem in seiner Sache ergangenen Beschluß des Senats vom 25. Oktober 2004 - 5 Ws 560/04 Vollz - (NStZ 2005, 291) entnommen werden könne. Der dortige Leitsatz lautet: "Der Tag, an dem der Gefangene, dessen Vollstreckung nach § 35 Abs. 1 BtMG zurückgestellt worden ist, zum Zwecke der Behandlung seiner Drogensucht der therapeutischen Einrichtung überantwortet wird, ist kein "Entlassungszeitpunkt" im Sinne des § 43 Abs. 9 StVollzG. Er kann deshalb nicht vorverlegt werden." Im übrigen habe die Strafvollstreckungskammer ohne seine Anhörung und verspätet entschieden. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1.

Die Voraussetzungen des § 68 f Abs. 1 Satz 1 StGB für den Eintritt der Führungsaufsicht kraft Gesetzes liegen vor.

a)

Der Beschwerdeführer hat eine Einzelfreiheitsstrafe (vgl. OLG Bamberg NStZ-RR 2000, 81; OLG Köln NStZ-RR 1997, 4; OLG Hamm NStZ-RR 1996, 31; Senat, Beschlüsse vom 23. Februar 2005 - 5 Ws 76/05 - und 17. Juni 1998 - 5 Ws 292/98 - = NStZ-RR 1999, 138 LS; KG JR 1979, 421; a. A. OLG Düsseldorf JR 2004, 163 mit Anm. Dölling; OLG München NStZ-RR 2002, 183; OLG Nürnberg NStZ-RR 1998, 124; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl., § 68f Rdn. 3 jeweils mit weit. Nachw.) von mindestens zwei Jahren vollständig verbüßt. Hinsichtlich des Verfahrens 68 Js 104/00 bestreitet der Beschwerdeführer das auch nicht.

b)

Die Führungsaufsicht beginnt allerdings dann nicht, wenn sich an die Vollverbüßung der einen Strafe die Vollstreckung von Strafhaft in einer anderen Sache anschließt. Denn die Führungsaufsicht tritt "mit der Entlassung des Verurteilten aus dem Strafvollzug" ein. Das ist im Falle der Anschlußvollstreckung das Ende der letzten der zur Verbüßung vermerkten Strafen. Die Führungsaufsicht nach § 68f Abs. 1 Satz 1 StGB soll nach dem Willen des Gesetzgebers ebenso wie in der in gleicher Weise geregelten Fallgestaltung des § 68 Abs. 1 Satz 2 StGB erst dann beginnen, wenn sie sich effektiv durchführen läßt. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn der Proband in die Freiheit entlassen worden ist (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2001, 59; JMBlNRW 198o, 238; OLG München NStZ-RR 1998, 125; OLG Bremen MDR 1980, 512; Senat, Beschlüsse vom 1. Juli 1994 - 5 Ws 262/94 -; 3. Juli 1984 - 5 Ws 307/84 - und 16. Oktober 1981 - 5 Ws 341/81 -; Stree in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl., § 68f Rdn. 7; Tröndle/Fischer, § 68f StGB Rdn. 5). Schließt sich also an eine Vollverbüßung die Vollstreckung von Strafhaft in anderer Sache an, ist die nach § 68f Abs. 2 StGB zu treffende Entscheidung zurückzustellen, bis die endgültige Entlassung in die Freiheit ansteht (vgl. OLG Düsseldorf NStZ-RR 2002, 190 = JR 2003, 168 mit Anm. Dölling).

aa)

Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzung, daß er im Sinne des § 68f Abs. 1 Satz 1 StGB "aus dem Strafvollzug entlassen" und der...

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