Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdienstausfall als Schaden. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

Nach dem Schutzzweck des § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG ist ein auf einem freien Willensentschluß beruhender, durch Instandsetzungs- oder Instandhaltungsarbeiten veranlaßter Verdienstausfall des beeinträchtigten Wohnungseigentümers als Schaden nur dann zu erstatten, wenn der Wohnungseigentümer nicht durch andere unentgeltliche oder kostensparende Maßnahmen ausreichende Vorsorge zur Bewachung seines Eigentums treffen kann.

 

Normenkette

WEG § 14 Nr. 4 Hs. 2; BGB §§ 249, 252

 

Beteiligte

und die in dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 7. Oktober 1997 zu II. Nr. 1 bis 77. benannten weiteren Beteiligten

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 247/97 (WEG))

AG Berlin-Tiergarten (Aktenzeichen 70 II 15/97 (WEG))

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 7. Oktober 1997 – 85 T 247/97 – wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 2.828,40 DM.

 

Gründe

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer. Von der Wohnung des Antragstellers aus mußten am 25. und 26. September 1996 Arbeiten an dem Bruch eines zum Gemeinschaftseigentum gehörenden Wasserrohres (Heizungsrohr) durchgeführt werden. Die Antragsgegner haben dem Antragsteller den durch die Arbeiten entstandenen materiellen Schaden für Malerarbeiten und einen neuen Teppichboden in Höhe von zusammen 2.064,00 DM erstattet. – Der Antragsteller hat in der Zeit vom 24. bis zum 28. September 1996, das ist Dienstag bis Samstag, in seiner Wohnung vorbereitende und nachsorgende Umräumungs- und in der Küche Demontagearbeiten ausführen lassen und Reinigungsarbeiten selbst ausgeführt, sowie die in seiner Wohnung tätigen Handwerker überwacht. Er hat dafür fünf Tage bezahlten Urlaub erhalten. Später hat er jedoch fünf Tage unbezahlten Urlaub nehmen müssen, weil er vom 18. November bis zum 6. Dezember 1996 eine Urlaubsreise gebucht hatte, die er ohne den unbezahlten Urlaub nicht hätte antreten können.

Der Antragsteller beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, ihm für die fünf Tage unbezahlten Urlaubes einen Verdienstausfall von 565,68 DM täglich, zusammen also 2.828,40 DM zu erstatten. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen; das Landgericht hat mit Beschluß vom 7. Oktober 1997 die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers, mit der er seinen Zahlungsantrag in voller Höhe weiterverfolgt.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Als Anspruchsgrundlage kommt nur – wie das Landgericht rechtsfehlerfrei entschieden hat – § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG wegen des Betretens und der Benutzung von Sondereigentum zur Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum in Betracht.

a) Es handelt sich hierbei um einen verschuldensunabhängigen Schadenersatzanspruch aus aufopferungsähnlichen Grundgedanken, die auch der Regelung über den Notstand in § 904 Satz 2 BGB zugrundeliegen (BayObLG NJW-RR 1994, 1104, 1105; OLG Köln NJWE-MietR 1996, 274; Senatsbeschlüsse vom 8. September 1993 – 24 W 5753/92 und 2301/93 – in WE 1994, 51, 53; vom 10. Februar 1986 – 24 W 4146/85 – in OLGZ 1986, 174 = ZMR 1986, 210; Pick in Behrmann/Pick/Merle, WEG, 7. Auflage, Rdnr. 60; Lüke in Weitnauer, WEG, 8. Auflage, Rdnr. 8 je zu § 14 WEG; Lüke in WE 1997, 370 ff, 374, der hier allerdings eine analoge Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB befürwortet). – Die Wohnungseigentümer haben hiernach dem beeinträchtigten Mitglied der Gemeinschaft nach den Grundsätzen der §§ 249 ff BGB sämtliche Schäden zu ersetzen (BayObLG a. a. O.; Lüke a. a. O.); es dürfen dem beeinträchtigten Eigentümer keine „… unmittelbaren finanziellen Nachteile aus der Durchführung der Arbeiten zur Last fallen …” (Senatsbeschluß vom 10. Februar 1986 a. a. O.). Nach § 252 BGB ist deshalb auch der entgangene Gewinn zu ersetzen, wie zum Beispiel ein Mietausfall (OLG Köln a. a. O.; Senatsbeschluß vom 8. September 1993 a. a. O.). Auch ein Verdienstausfall kann deshalb grundsätzlich zu dem auszugleichenden Schaden gehören (Heinrichs in Palandt, 58. Auflage, Rdnr. 8 ff; Grunsky in MünchKomm, 3. Auflage, Rdnr. 7 je zu § 252).

Die Frage, ob überhaupt oder ggf. in welcher Höhe durch einen Verdienstausfall ein Schaden zu erstatten ist, kann jedoch – wie das Landgericht zutreffend hervorhebt (BA Seite 13) – nicht allein nach der Differenzmethode entschieden werden. Es sind vielmehr bei der Würdigung des Schadens auch normative, wertende Gesichtspunkte zu berücksichtigen, deren Grundlage aus dem Schutzzweck der Norm gewonnen werden kann (BGHZ 115, 84 ff, 86, 87 = NJW 1991, 2568; BGHZ [GS] 98, 212 ff, 217, 218 = NJW 1987, 50; Heinrichs a. a. O., Rdnr. 62 ff; Grunsky a. a. O., Rdnr. 44 ff je vor § 249 BGB). Dieser Grundsatz gi...

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