Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsätze der freien Beweiswürdigung des § 286 ZPO

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 28 O 126/06)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

 

Gründe

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

I. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.

a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen.

Dies ist nicht der Fall, wenn sich das Gericht des ersten Rechtszuges bei der Tatsachenfeststellung an die Grundsätze der freien Beweiswürdigung des § 286 ZPO gehalten hat und das Berufungsgericht keinen Anlass sieht vom Ergebnis der Beweiswürdigung abzuweichen (vgl. KG, Urt. v. 8.1.2004 - 12 U 184/02; vgl. auch KG [22. ZS], KGReport Berlin 2004, 38 = MDR 2004, 533; KG, Urt. v. 8.1.2004 - 12 U 184/02, KGReport Berlin 2004, 269).

§ 286 ZPO fordert den Richter auf, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Das bedeutet, dass er lediglich an Denk- und Naturgesetze sowie an Erfahrungssätze und ausnahmsweise gesetzliche Beweisregeln gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf. So darf er beispielsweise einer Partei mehr glauben als einem beeideten Zeugen oder trotz mehrerer bestätigender Zeugenaussagen das Gegenteil einer Beweisbehauptung feststellen (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 286 Rz. 13).

Die leitenden Gründe und die wesentlichen Gesichtspunkte für seine Überzeugungsbildung hat das Gericht nachvollziehbar im Urteil darzulegen. Dabei ist es nicht erforderlich, auf jedes einzelne Parteivorbringen und Beweismittel ausführlich einzugehen; es genügt, dass nach der Gesamtheit der Gründe eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat (Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. 2007, § 286 Rz. 3, 5).

b) An diese Regeln der freien Beweiswürdigung hat das LG sich im angefochtenen Urteil gehalten.

Es ist nicht zu beanstanden, dass das LG der Aussage der Zeugin Ma gefolgt ist. Es hat auf S. 4 f. des Urteils dargelegt, dass und warum es dieser Aussage und nicht der Darstellung des Sachverhalts durch den Beklagten folgt. Dies genügt den Anforderungen an eine Beweiswürdigung.

Allein daraus, dass der Beklagte selbst das Beweisergebnis anders wertet, folgt kein Rechtsfehler des LG. Sein Vortrag zum gemeinschaftlichen Erwerb des Fahrzeugs mag sich aus Sicht des Beklagten zwar "als hochwahrscheinlich aufdrängen", entgegen der Ansicht des Klägers war das LG aber gleichwohl nicht verpflichtet, die Zeugin M allein aus diesem Grund für unglaubwürdig zu halten. Auch ein unwahrscheinlicher Sachverhalt kann durch eine Zeugenaussage bewiesen werden.

c) Der Senat folgt der Beweiswürdigung auch in der Sache. Die Aussage der Zeugin M reicht entgegen der Ansicht des Beklagten als Beweis für die Vereinbarung eines Darlehens aus. Die Zeugin hat nämlich ausgesagt, der Kläger habe dem Beklagten 7.800 EUR zum Erwerb eines Autos übergeben und dazu gesagt, er möchte es irgendwann zurückhaben.

d) Im Übrigen stünde dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 7.800 EUR auch dann zu, wenn zwischen den Parteien entsprechend dem Vortrag des Beklagten der gemeinsamen An- und Verkauf des Fahrzeugs vereinbart worden wäre. In diesem Fall wären von dem erzielten Verkaufserlös zunächst die geleisteten Einlagen zurückzuerstatten, ein eventuell verbleibender Erlös wäre zu teilen.

II. Im Übrigen hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich.

III. Es wird daher angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2024287

VRS 2008, 30

VersR 2009, 1644

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