Leitsatz (amtlich)

Der Wert der anwaltlichen Tätigkeit des Streithelfervertreters ist, soweit der Beitritt des Streithelfers reicht, derselbe wie derjenige der unterstützten Anträge der Hauptpartei.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 05.04.2004; Aktenzeichen 95 O 9/03)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der Kammer für Handelssachen 95 des LG Berlin vom 5.4.2004 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu ersetzen.

 

Gründe

Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig. Der Sache nach handelt es sich - worauf die Klägerin zumindest hilfsweise abstellt - um eine Beschwerde gegen die Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren der Streitgehilfen gem. § 10 Abs. 3 BRAGO und nicht um eine Beschwerde gegen die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren i.S.d. § 25 Abs. 3 GKG; gegen letztere erhebt die Klägerin ohnehin keine Einwendungen.

Dass die Formulierung des LG "Dieser Streitwert gilt auch für die Streithilfe" den Anwendungsbereich des - von der Klägerin bemühten - Grundsatzes der Meistbegünstigung rechtfertigt, weil ggf. ggü. den Streitgehilfen eine Streitwertfestsetzung erfolgt sein könnte, erscheint fern liegend; das LG hat erkennbar - wenn auch stark verkürzt formuliert - den Wert des Streitgegenstandes für die Wertfestsetzung der Rechtsanwaltsgebühren in Ansatz bringen wollen und sich hierbei einer üblichen - auch von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 16.1.2004 bemühten - Diktion bedient. Dass S. 1 und 2 des angefochtenen Beschlusses zwei unterschiedliche Regelungsbereiche aufweisen, liegt ebenfalls auf der Hand. Folglich handelt es sich lediglich um die äußerliche Verbindung zweier an sich selbständiger Entscheidungen, die nach den je für sie geltenden Rechtsmitteln anfechtbar sind (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., Vor § 511 ZPO Rz. 35).

Die Frist des § 10 Abs. 3 S. 3 BRAGO ist eingehalten; die Klägerin ist als erstattungspflichtiger Gegner durch die Wertfestsetzung auch beschwert, da diese vom Antrag der Klägerin nach § 10 Abs. 2 BRAGO - gestellt mit Schriftsatz vom 16.1.2004 ("Wir bitten deshalb, den Streitwert für die Nebenintervention auf diesen Betrag festzusetzen") - abweicht.

In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg; das LG hat den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit zutreffend in Höhe des Streitwertes festgesetzt.

Der Senat folgt in dieser Frage - die in der Rechtsprechung und Literatur in der Tat kontrovers diskutiert wird (zum Meinungsstand ausführlich Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 3 ZPO Rz. 60) - der Auffassung des BGH, wonach der Wert einer durchgeführten Nebenintervention mit dem Streitwert der Hauptsache übereinstimmt (BGH MDR 1960, 41). Soweit die Vertreter der Gegenmeinung demgegenüber auf das (wirtschaftliche) Interesse des Streitgehilfen am Obsiegen der von ihm unterstützten Partei abstellen, ist dem weiterhin entgegenzuhalten, dass das wirtschaftliche Interesse - worauf Hülsmann zutreffend hinweist (Hülsmann, JurBüro 2003, 84, Anm. zu OLG Karlsruhe JurBüro 2003, 83) - für die Zulässigkeit des Streitbeitritts unmaßgeblich ist (Zöller/Vollkommer, § 66 ZPO Rz. 9) und hierdurch im Zuge etwaiger Ermittlungen von tatsächlichen Vorgängen und Rechtsbeziehungen außerhalb des eigentlichen Rechtsstreits erhebliche Unsicherheiten in das Wertfestsetzungsverfahren hineingetragen werden (BGH MDR 1960, 41). Schließlich vermag die Gegenmeinung auch den Widerspruch nicht überzeugend aufzuklären, weshalb die dem Streitgehilfen - gleich der Hauptpartei - nach § 67 ZPO zustehenden Angriffs- und Verteidigungsmittel erst im Falle eines (vom Streitgehilfen eingelegten) Rechtsmittels zum Tragen kommen, dann indes ohne weiteres eine Streitwertbemessung nach dem Wert der Hauptsache rechtfertigen sollen (OLG Koblenz Rpfleger 1977, 175), obwohl das wirtschaftliche Interesse des Streitgehilfen durch das Rechtsmittel keine Änderung erfährt.

Letztlich verkennt die Gegenauffassung in allen Begründungsvarianten, was eigentlich der Gegenstand der Bewertung zu sein hat: Es ist der Streitgegenstand des Prozesses, soweit sich der Streithelfer an ihm beteiligt (Er kann seinen Beitritt beschränken; um ein schlecht gebildetes Unbilligkeitsbeispiel in der angeführten Entscheidung des OLG Koblenz aufzugreifen: Der Subunternehmer, der sich am Bauprozess seines Auftraggebers mit dem Bauherrn beteiligt, kann seinen Beitritt auf den Teil der Klageforderung beschränken, der den seinem Gewerk zugeordneten Mangel betrifft). Streitgegenstand ist aber nur das, was im Verhältnis der Hauptparteien zur Entscheidung ansteht. Wenn man der Bewertung das mittelbare Interesse des Streithelfers am Ausgang des Rechtsstreits zugrunde legt, dann bewertet man etwas ganz anderes, nämlich ein Rechtsverhältnis zwischen dem Nebenintervenienten und der von ihm unterstützten Hauptpartei, also den Gegenstand des denkbaren Folgeprozesses zwischen diesen Beteiligten. Das ist aber gerade nicht der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit des Streithelfervertreters i...

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