Leitsatz (amtlich)

In gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen entspricht es regelmäßig der Billigkeit i.S.v. § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Kostenentscheidung am Obsiegen bzw. Unterliegen der Beteiligten zu orientieren, soweit die Kostenberechnung einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand hält und andere Billigkeitsgründe nicht gegeben sind.

 

Normenkette

FamFG § 81 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 07.05.2014; Aktenzeichen 82 OH 113/13, 82 OH 115/13, 82 OH 127/13, 82 OH 49/14, 82 OH 50/14)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Kostenschuldner wird der Beschluss des LG Berlin vom 7.5.2014 (82 OH 113/13, 82 OH 115/13, 82 OH 127/13, 82 OH 49/14, 82 OH 50/14) abgeändert und um folgenden Kostenausspruch ergänzt:

Die Notarin hat die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Kostenschuldner zu tragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Notarin zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Notarin rechnete ihre notariellen Tätigkeiten für die Kostenschuldner ab (Entwurf einer letztwilligen gegenseitigen Verfügung, Beurkundung von Vorsorgevollmachten mit Betreuungsverfügung für jeweils beide Kostenschuldner sowie von Patientenverfügungen jeweils für beide Kostenschuldner). Die Kostenschuldner haben die fünf Kostenberechnungen bei der Notarin beanstandet, welche die Berechnungen dem LG zur Prüfung vorgelegt hat.

Das LG ist zu dem Ergebnis gelangt, die Kostenschuldner hätten einen Entwurfsauftrag für die letztwillige gegenseitige Verfügung nicht erteilt, und hat die den Entwurf betreffende Kostenberechnung aufgehoben. Für die Vorsorgevollmachten mit Betreuungsverfügung sowie die Patientenverfügungen könne die Notarin lediglich 36 EUR verlangen; sie habe amtspflichtwidrig die Kostenschuldner nicht über die Höhe der Kosten belehrt, nachdem sie zuvor (im privaten Kreis) geäußert habe, für eine Patientenverfügung entstünden lediglich Kosten i.H.v. 36 EUR. Insoweit hat das LG die Kostenberechnungen herabgesetzt.

Eine Kostenentscheidung enthält der Tenor der landgerichtlichen Entscheidung nicht. Zur Begründung führt das LG aus, es entspreche nicht der Billigkeit, einem der Beteiligten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, es läge auch keiner der in § 81 Abs. 2 FamFG geregelten Fälle vor.

Gegen diese Kostenentscheidung wendet sich die Beschwerde der Kostenschuldner. Die Notarin hat die Entscheidung des LG nicht angegriffen.

II. Die gem. § 129 Abs. 1 GNotKG zulässige Beschwerde ist begründet.

Das LG hat die angefochtene Kostenentscheidung ermessensfehlerhaft getroffen, so dass der Senat eine Ermessensentscheidung gem. § 81 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG zu treffen hatte. Es entspricht der Billigkeit im Sinne dieser Vorschrift, die Kosten des gerichtlichen Verfahrens erster Instanz der Notarin aufzuerlegen.

1. Die Kostenentscheidung gem. § 81 FamFG kann der Senat nur eingeschränkt darauf überprüfen, ob das LG die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten oder sein Ermessen sonst fehlerhaft ausgeübt hat.

Es ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung einhellig anerkannt, dass die Beschwerde allein eine Überprüfung auf Ermessensfehler eröffnet und ein vom erstinstanzlichen Gericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen nicht durch eine eigene Ermessensentscheidung des Beschwerdegerichts ersetzt werden kann (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.4.2014 - I-3 Wx 115/13, 3 Wx 115/13 -, Rz. 46, juris; Beschl. v. 28.3.2011 - I-3 Wx 13/11, 3 Wx 13/11 -, Rz. 15, juris; OLG Hamm, Beschl. v. 3.1.2013 - II-2 UF 207/12, 2 UF 207/12 -, Rz. 8, juris; OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.11.2012 - 4 WF 259/12 -, Rz. 12, juris; OLG Celle, Beschl. v. 4.5.2012 - 10 UF 69/12 -, Rz. 12, juris; Zimmermann in: Keidel, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 81 Rz. 81a).

Dies hat auch der BGH für die vergleichbare Überprüfung der Ermessensentscheidung nach § 93a Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. ausdrücklich entschieden. Der Sinn des eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom erstinstanzlichen Gericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen. Stattdessen kann das Beschwerdegericht die Entscheidung nur darauf überprüfen, ob das erstinstanzliche Gericht von dem ihm obliegenden Ermessen einen ungesetzlichen Gebrauch gemacht hat (BGH, Beschl. v. 28.2.2007 - XII ZB 165/06 -, Rz. 15, juris).

2. Das LG hat bei der angefochtenen Kostenentscheidung das von § 81 FamFG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt.

a) Das LG hat zunächst den Umfang des von § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG eingeräumten Ermessens verkannt.

Das LG geht nach wie vor davon aus, dass in Notarkostenverfahren jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten grundsätzlich selbst zu tragen habe (Seite 2 Abs. 3 des Nichtabhilfebeschlusses). Es fühlt sich an den nach altem Recht geltenden Grundsatz gebunden, wonach in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen habe, von dem abzuweiche...

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