Leitsatz (amtlich)

§ 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO lässt die weitere Anfechtung einer Beschwerdeentscheidung nicht nur dann zu, wenn durch sie ein zuvor angeordneter dinglicher Arrest bestätigt oder ein dinglicher Arrest erstmals angeordnet worden ist. Die Vorschrift eröffnet der Staatsanwaltschaft auch die weitere Beschwerde gegen eine Beschwerdeentscheidung, durch die ein zunächst angeordneter dinglicher Arrest wieder aufgehoben oder die Ablehnung eines Arrestantrages bestätigt worden ist (wie OLG Celle, Beschluss vom 20. Mai 2008 - 2 Ws 155/08 - entgegen OLG München, Beschluss vom 12. November 2007 - 2 Ws 942/07 -).

 

Normenkette

StPO § 310 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 29.07.2009; Aktenzeichen 512 Qs 111/09)

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 10.09.2007; Aktenzeichen 83 Js 777/04)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft Berlin wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 29. Juli 2009 dahingehend abgeändert, dass der dingliche Arrest in Höhe von 59.500,- Euro angeordnet wird. Im Übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens über die weitere Beschwerde trägt die Landeskasse Berlin.

 

Gründe

Gegen die Beschuldigte B.S. wird seit Dezember 2004 ein zunächst auf den Tatvorwurf der Geldwäsche und mittlerweile auf den Vorwurf der Beihilfe zur Untreue gestütztes Ermittlungsverfahren geführt. Sie soll ihrem Bruder, dem nach Verfahrenstrennung im Februar 2009 gesondert Verfolgten Y.S., ihr bei der C. Bank unter der Kontonummer xxx geführtes Konto zur Verfügung gestellt haben, um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, seine Einkommensverhältnisse gegenüber Dritten zu verschleiern. Auf dieses Konto, für das er eine Alleinvertretungsvollmacht besaß, soll der gesondert Verfolgte Y.S. in verschiedenen Teilbeträgen vom 26. Juli 2004 bis zum 11. Februar 2005 einen Gesamtbetrag in Höhe von 229.700,- Euro eingezahlt haben, der aus einer Steuerrückerstattung in Höhe von 574.198,07 Euro an die in Liquidation befindliche B GmbH stammen soll. Diese Steuerrückerstattung soll er entgegen der sich aus § 70 GmbHG ergebenden Pflicht zur Erfüllung der Verbindlichkeiten der aufgelösten Gesellschaft zu eigenen Zwecken verwendet und so die ihm als Liquidator kraft gerichtlichen Auftrags eingeräumte Vermögensbetreuungspflicht zum Nachteil der Gläubiger der B GmbH i.L. (im Weiteren B.) verletzt, mithin eine Untreue zum Nachteil der Gläubiger begangen haben.

Mit Beschluss vom 10. September 2007 hat das Amtsgericht Tiergarten auf Antrag der Staatsanwaltschaft den dinglichen Arrest in Höhe von 229.700,- Euro in das Vermögen der Beschuldigten B.S. angeordnet. Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beschuldigten hat das Landgericht Berlin am 29. Juli 2009 den vorgenannten Beschluss aufgehoben, soweit die Arrestanordnung die Summe von 41.500,- Euro übersteigt.

Die hiergegen gerichtete weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft Berlin hat nur hinsichtlich eines Betrages von 18.000,- Euro Erfolg.

1.

Die weitere Beschwerde ist gemäß § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO zulässig. Diese Vorschrift eröffnet auch die weitere Beschwerdemöglichkeit der Staatsanwaltschaft in den Fällen, in denen der Erlass einer Arrestanordnung abgelehnt worden oder eine bereits bestehende Anordnung ganz oder teilweise aufgehoben worden ist.

a)

Die Auffassung, bereits der Wortlaut der Vorschrift lasse eine weitere Anfechtung der ersten Beschwerdeentscheidung nur zu, wenn durch diese ein dinglicher Arrest entweder überhaupt erstmals angeordnet oder ein bereits zuvor angeordneter dinglicher Arrest bestätigt worden sei (so OLG München NStZ 2008, 389; im Ergebnis ihm folgend Hans. Oberlandesgericht Hamburg NStZ 2009, 232; zustimmend auch Pfordte StV 2008, 243; Theile StV 2009, 161), teilt der Senat nicht. Nach der Formulierung des § 310 Abs. 1 StPO ist die weitere Beschwerde ausnahmsweise zugelassen, soweit sie eine Verhaftung (Nr. 1), eine einstweilige Unterbringung (Nr. 2) oder eine Anordnung des dinglichen Arrestes nach § 111 b Abs. 2 in Verbindung mit § 111 d StPO über einen Betrag von mehr als 20.000 Euro (Nr. 3) betrifft.

Dabei ist hinsichtlich der Nrn. 1 und 2 mittlerweile allgemein anerkannt, dass eine weitere Beschwerde dann zulässig ist, wenn es um den grundsätzlichen Bestand eines Haft- oder Unterbringungsbefehls geht, obwohl die Begriffe "Verhaftung" und "einstweilige Unterbringung" isoliert betrachtet nahe legen, dass dies nur der Fall sein könnte, wenn der Beschuldigte sich tatsächlich in Haft befindet oder einstweilig untergebracht ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl., § 310 Rdn. 7 m.w.N.). Insbesondere steht der Staatsanwaltschaft bei Nichterlass oder Aufhebung eines Haft- oder Unterbringungsbefehls nach der ständigen obergerichtlichen Entscheidungspraxis die weitere Beschwerdemöglichkeit zu (vgl. BGH NJW 1991, 2094, NJW 1998, 467; Meyer-Goßner a.a.O., § 310 Rdn. 8).

Im Ergebnis kann auch für den dinglichen Arrest nichts anderes gelten. Nach der Formulierung in § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO wird die weitere Beschwerde ...

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