Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermächtigung des Verteidigers zur Einspruchsbeschränkung. Anforderungen an die Rechtsfolgenentscheidung bei einem Verstoß gegen § 24a StVG bei einer einschlägigen Voreintragung

 

Orientierungssatz

Orientierungssätze:

1. Eine konkludente Ermächtigung des Verteidigers durch den Betroffenen zur Einspruchsbeschränkung liegt vor, wenn der in der Hauptverhandlung anwesende Betroffene zu der Erklärung seines Verteidigers schweigt.

2. Eine Erhöhung der Regelbuße wegen einer Vorbelastung scheidet aufgrund des im Ordnungswidrigkeitenverfahren entsprechend anzuwendenden Doppelverwertungsverbotes nach § 46 Abs. 3 StGB aus, wenn wegen eben dieser vom Tatgericht angeführten Eintragung im Fahreignungsregister der für den fahrlässigen Verstoß gegen § 24a StVG bei einer einschlägigen Voreintragung vorgesehene Bußgeldtatbestand nach §§ 1, 4 Abs. 3 BKatV in Verbindung mit Nr. 241.1 der Anlage (BKat) zu § 1 Abs. 1 BKatV zugrunde gelegt worden ist.

3. Etwaige Zahlungsschwierigkeiten, die sich im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Betroffenen ergeben, sind kein Grund für eine Herabsetzung einer der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und des Schuldvorwurfs angemessenen Geldbuße. Der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Betroffenen ist dann vielmehr durch Zahlungsaufschub oder Ratenzahlung Rechnung zu tragen.

4. Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 StVG ist in der Regel ein Fahrverbot gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG anzuordnen, so dass nähere Erörterungen hierzu nur in besonderen Ausnahmefällen erforderlich sind.

 

Normenkette

StGB § 46 Abs. 3; OWiG § 17 Abs. 3, §§ 18, 46 Abs. 1, §§ 66-67, 79; StPO §§ 302, 349 Abs. 2, § 473; StVG §§ 24a, 25; BKatV §§ 1, 3 Abs. 1, § 4; BKat Nr. 241.1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 07.12.2021; Aktenzeichen 303 OWi 423/21)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 7. Dezember 2021 wird als unbegründet verworfen.

Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

I.

Der Polizeipräsident in Berlin hat gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 9. März 2021 wegen des Führens eines Kraftfahrzeuges mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,26 mg/l unter Berücksichtigung einer Eintragung von einer Entscheidung nach § 24a StVG und unter Bezugnahme auf 241.1 BKat eine Geldbuße in Höhe von 1.000,00 Euro sowie ein dreimonatiges Fahrverbot verhängt und eine Wirksamkeitsbestimmung nach § 25 Abs. 2a StVG getroffen.

Auf seinen hiergegen gerichteten Einspruch, den sein Verteidiger in seiner Anwesenheit in der - später ausgesetzten - Hauptverhandlung am 14. September 2021 auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat, hat ihn das Amtsgericht Tiergarten am 7. Dezember 2021 zu einer Geldbuße in Höhe von 1.000,00 Euro verurteilt, ihm für die Dauer von drei Monaten verboten, Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen und eine Bestimmung über das Wirksamwerden des Fahrverbotes nach § 25 Abs. 2a StVG getroffen.

Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Rechtsbeschwerde erhebt der Betroffene die allgemeine Sachrüge.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat mit Zuschrift vom 25. Januar 2022 beantragt, die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die von Amts wegen zu prüfende Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch ist gemäß § 67 Abs. 2 OWiG zulässig und wirksam.

a) Nach § 67 Abs. 2 OWiG kann der Einspruch auf bestimmte Beschwerdepunkte - wie den Rechtsfolgenausspruch - beschränkt werden, wenn der zugrundeliegende Bußgeldbescheid die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 OWiG erfüllt. Dies ist hier der Fall. Der Bußgeldbescheid lässt den Schuldvorwurf des Verstoßes gegen § 24a Abs. 1 StVG und die ihn tragenden Tatsachen eindeutig erkennen. Zwar sind dem Bußgeldbescheid keine ausdrücklichen Angaben zur Schuldform zu entnehmen. Dies steht der Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung indessen nicht entgegen. Aus dem Umstand, dass der Regelsatz des Bußgeldkatalogs verhängt worden ist, ist vielmehr zu folgern, dass dem Bußgeldbescheid die Annahme einer fahrlässigen Tatbegehung zugrunde liegt (vgl. Senat, Beschlüsse vom 26. November 2021 - 3 Ws (B) 288/21 -; vom 28. Oktober 2021 - 3 Ws (B) 259/21 -; vom 26. August 2020 - 3 Ws (B) 163/20 - und vom 6. März 2018 - 3 Ws (B) 73/18 -, beide juris).

b) Auch ist die Erklärung der Einspruchsbeschränkung wirksam.

Die von Amts wegen zu prüfende nach §§ 67 Abs. 1 Satz 2 OWiG, 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Verteidigers zur Einspruchsbeschränkung lag vor (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 19. Februar 2019 - III-5 RVs 23/19 -, juris; Seitz/Bauer in Göhler, OWiG 18. Aufl., § 67 Rn. 36). Für die Ermächtigung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben; sie kann in einer dem Verteidiger erteilten Vollmacht liegen (vgl. Seitz/Bauer in Göhler, ...

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