Leitsatz (amtlich)

1. Die Kosten für eine Konfirmationsfeier können einen Sonderbedarf begründen.

2. Reisen führen i.d.R. nicht zu einem Sonderbedarf.

 

Normenkette

BGB § 1613 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 144 F 1395/02)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 23.5.2002 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:

Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe hinsichtlich eines Streitwertes von bis zu 1.200 Euro gewährt. Ihr wird Rechtsanwalt beigeordnet. Sie hat keine Raten zu leisten.

Der weiter gehende Antrag wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Senat entscheidet nach Übertragung durch den Einzelrichter gem. § 568 Abs. 2 ZPO.

Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Klage hat – unter Einschluss der bereits vom AG bewilligten Prozesskostenhilfe – hinsichtlich eines Streitwertes von bis zu 1.200 Euro hinreichende Erfolgsaussicht.

Voraussetzung dafür, dass die Klägerin von dem Beklagten eine Übernahme der Kosten für die Fahrten und die Konfirmation verlangen kann, ist, dass es sich um nicht aus dem laufenden Unterhalt zu deckenden Sonderbedarf handelt. Sonderbedarf ist nach der Legaldefinition in § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB ein „unregelmäßiger außergewöhnlich hoher Bedarf”. Ob Sonderbedarf vorliegt, lässt sich nur von Fall zu Fall für die jeweilige Aufwendung beurteilen. Unregelmäßig ist nach der Rechtsprechung des BGH ein Bedarf, der nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war und deshalb bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden konnte (BGH v. 11.11.1981 – IVb ZR 608/80, MDR 1982, 391 = NJW 1982, 328; v. 8.2.1984 – IVb ZR 52/82, MDR 1984, 830 = NJW 1984, 2826). In der Wortwahl des Gesetzes, das nur einen „außergewöhnlich” hohen Bedarf als Sonderbedarf gelten lässt, kommt zum Ausdruck, dass es im Zweifel bei der laufenden Unterhaltsrente sein Bewenden haben und nur in Ausnahmefällen die gesonderte Ausgleichung zusätzlicher unvorhergesehener Ausgaben erfolgen soll. Das liegt auch im Interesse einer Befriedung und Beruhigung des Verhältnisses von Unterhaltsgläubiger und Unterhaltsschuldner, das durch allzu häufige Einzelanforderungen in unerwünschter Weise belastet werden könnte (BGH v. 8.2.1984 – IVb ZR 52/82, MDR 1984, 830 = NJW 1984, 2826).

Hinsichtlich der Frage, ob es sich bei den Kosten für die Konfirmation oder Kommunion um Sonderbedarf in diesem Sinne handelt, besteht in der Rechtsprechung keine Einigkeit (vgl. die Nachweise bei Borth in: Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl., Teil IV Rz. 132 in Fn 118 sowie Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., § 6 Rz. 16 Fn 22). Der Senat bejaht diese Frage.

Die ablehnenden Entscheidungen berufen sich u.a. darauf, dass diese Kosten regelmäßig vorhersehbar und daher nicht als Sonderbedarf anzuerkennen seien. Nach Auffassung des Senats kann das Argument der Vorhersehbarkeit hingegen nicht unabhängig von dem Zweck dieses Kriterium herangezogen werden. Es soll in Ausfüllung des Begriffs „unregelmäßiger … Bedarf” verhindern, dass als Sonderbedarf ein Bedarf anerkannt wird, der bereits bei der Bemessung des laufenden Unterhalts hätte Berücksichtigung finden können (vgl. BGH v. 8.2.1984 – IVb ZR 52/82, MDR 1984, 830 = NJW 1984, 2826). Gerade die Bemessung des Unterhalts minderjähriger Kinder hat sich zwischenzeitlich aber von konkreten Bedarfsfaktoren gelöst und orientiert sich regelmäßig in Anwendung der Düsseldorfer (bzw. der Berliner) Tabelle an dem Einkommen des Verpflichteten. In einem solchen Fall kann sachgerecht ein „unregelmäßiger außergewöhnlich hoher Bedarf” dann angenommen werden, wenn eine nicht regelmäßig wiederkehrende Ausgabenposition auch bei vorausschauender Bedarfsplanung durch Bildung von Rücklagen nicht angespart werden kann (ähnlich OLG Köln v. 25.8.1988 – 21 WF 192/88, NJW-RR 1988, 1476; OLG Frankfurt v. 6.7.1987 – 3 WF 48/87, FamRZ 1988, 100; OLG Düsseldorf v. 27.3.1990 – 5 WF 50/90, FamRZ 1990,1144; OLG Dresden v. 2.6.1999 – 20 WF 269/99, OLGReport Dresden 2000, 96; Borth in Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl., Teil IV Rz. 131; Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., § 6 Rz. 4). Im Rahmen dieser Beurteilung kommt der Vorhersehbarkeit der Ausgaben Bedeutung zu, aber auch z.B. der Höhe des gezahlten Unterhalts sowie der Höhe der entstandenen Kosten.

Hier geht der Senat angesichts der Höhe des gezahlten Unterhalts davon aus, dass von der Klägerin ein Ansparen der Kosten für eine angemessene Konfirmationsfeier nicht verlangt werden konnte. Geschuldet sind aber nur die Kosten für eine angemessene Feier (vgl. z.B. Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., § 6 Rz. 16), wobei der Senat unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Familie eine Inanspruchnahme des Beklagten, die 1.500 DM nicht übersteigt, als angemessen ansieht. Hinsichtlich einer Klage in dieser Höhe besteht dahe...

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