Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsabwehrklage gegen Titel auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen
Leitsatz (amtlich)
a) Zur Zulässigkeit der Vollstreckungsabwehrklage gegen Titel auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen.
b) Wenn der nicht sorgeberechtigte Elternteil das Kind in Ausübung seines Umgangsrechts während der Ferien für einige Wochen bei sich hat und versorgt, so berechtigt ihn das im Regelfall nicht zu einer Kürzung des von ihm zu zahlenden Barunterhalts.
Normenkette
ZPO §§ 258j, 767; BGB §§ 1602-1603, 1606, 1612, 1634; ZPO § 767 Ab. 1, § 258; BGB § 1602 Abs. 1 (vom 18.06.1957), § 1612 Abs. 1 S. 1 (vom 18.06.1957), § 1634 Abs. 1 S. 1 (vom 18.07.1979)
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats – Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Celle vom 22. April 1982 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Göttingen vom 5. November 1981 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien sind durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts G. vom 10. Juni 1977 geschieden. Aus ihrer Ehe sind die Kinder N. und M., geboren in den Jahren 1968 und 1973, hervorgegangen. In der mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 1977, auf die die Ehe geschieden wurde, schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, der u.a. die folgenden Regelungen enthält:
- „Beide Parteien verpflichten sich, einen gleichlautenden Antrag an das Vormundschaftsgericht zu richten, daß der Beklagten das alleinige Sorgerecht über die beiden ehelichen Kinder N. und M. übertragen wird.
- Das Besuchsrecht soll großzügig gehandhabt werden. In den Sommerferien sollen sich die Kinder jeweils eine Hälfte der Ferien bei einer der Parteien aufhalten.
- Der Kläger zahlt an die Beklagte als Unterhalt unter Zugrundelegung eines Nettogehaltes von 1.800,– DM 240,– DM und für jedes der Kinder den Betrag von 260,– DM monatlich zu Händen der Beklagten. Die Beträge sind am 3. Werktag eines jeden Monats fällig. Im übrigen gilt die ab 1.7.1977 im Gesetz getroffene Regelung.”
Demgemäß wurde der Beklagten die elterliche Sorge für die Kinder übertragen. Zum Umgangsrecht einigten sich die Parteien später dahin, daß die Kinder alle zwei Jahre fünf Wochen der Sommerferien und in jedem Jahr entweder die Oster- oder die Herbstferien bei dem Kläger zubringen sollten. Der Unterhalt für die Kinder wurde unter Berücksichtigung des staatlichen Kindergeldes einverständlich auf monatlich insgesamt 535 DM erhöht.
Vom 19. August bis 27. September 1979 und vom 2. Juli bis 6. August 1981 verbrachten die Kinder ihre Sommerferien bei dem Kläger. Für die – nach der mündlichen Verhandlung des Oberlandesgerichts vom 11. März 1982 liegende – Zeit vom 27. März bis 17. April 1982 stand erneut ein Ferienaufenthalt bei ihm bevor.
Der Kläger vertrat schon im Jahre 1979 den Standpunkt, für die Zeiten, in denen sich die Kinder bei ihm aufhielten, brauche er nur ein Drittel des vereinbarten Barunterhalts zu leisten. Weil die Beklagte damit nicht einverstanden war, zahlte er für die Ferien der Jahre 1979 und 1981, um die Zwangsvollstreckung zu vermeiden, die vollen Beträge, jedoch unter Vorbehalt.
Im Jahre 1981 hat er Klage erhoben. Er hat vor dem Amtsgericht – Familiengericht – beantragt, den Unterhaltsvergleich vom 10. Juni 1977 dahin abzuändern, daß es ihm erlaubt sei, von den Unterhaltszahlungen in Höhe von zur Zeit monatlich 535 DM dann zwei Drittel pro Tag abzuziehen, wenn die Kinder sich länger als 14 Tage ununterbrochen bei ihm aufhielten. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.
Mit der Berufung hat der Kläger nach einer unwidersprochen gebliebenen Klageänderung sein Begehren zuletzt in erster Linie mit der Vollstreckungsabwehrklage verfolgt und beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 10. Juni 1977 hinsichtlich entsprechend bezifferter Teilbeträge des Kindesunterhalts für bei ihm verbrachte Ferienzeiten in den Monaten August/September 1979, Juli/August 1981 und März/April 1982 sowie für die Zukunft, soweit sich die Kinder länger als 14 Tage ununterbrochen bei ihm aufhalten, für unzulässig zu erklären. Hilfsweise hat er den Abänderungsantrag weiterverfolgt und weiterhin hilfsweise einen Feststellungsantrag gestellt.
Das Berufungsgericht hat die Zwangsvollstreckung aus Nr. 3 des Prozeßvergleichs vom 10. Juni 1977 hinsichtlich des Unterhalts für die Kinder insoweit für unzulässig erklärt, als der Unterhalt für die Monate August/September 1979, Juli/August 1981 und März/April 1982 bestimmte Beträge übersteigt. Diese Beträge hat es anhand des jetzt mit monatlich 535 DM vereinbarten Unterhalts errechnet und dabei für die Tage, an denen sich die Kinder bei dem Kläger aufgehalten haben und noch aufhalten werden, antragsgemäß nur ein Drittel des auf den Tag entfallenden Unterhalts angesetzt. Im übrigen hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen.
Mit der – zugelassenen – Revision will die Beklagte erreichen, daß das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts wieder hergestellt wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
I.
1. Der Kläger wendet sich mit der Klage gemäß § 767 ZPO gegen einen Titel der in § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bezeichneten Art (§ 795 Satz 1 ZPO). Er macht geltend, für Ferienaufenthalte der Kinder bei ihm, die mindestens 14 Tage dauern, entfalle seine Barunterhaltspflicht zu zwei Dritteln, weil er insoweit den Kindern Naturalunterhalt gewähre. Damit erhebt er Einwendungen, die den durch den Prozeßvergleich festgestellten Anspruch selbst betreffen (§ 767 Abs. 1 ZPO). Aus den vorgetragenen Vorgängen, die nach seiner Ansicht als Anspruchserfüllung wirken, leitet er das Teilerlöschen der Barunterhaltsansprüche für diese Zeiträume ab. Es handelt sich mithin nicht um die Berücksichtigung der stets wandelbaren wirtschaftlichen Verhältnisse, die bei titulierten Unterhaltsansprüchen typischerweise unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage Bedeutung erlangt und nicht im Wege der Vollstreckungsabwehrklage, sondern durch eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO geltend zu machen wäre (vgl. BGHZ 70, 151, 157; 83, 278, 282).
2. Die Vollstreckungsabwehrklage ist jedoch, wie die Revision zu Recht rügt, insoweit unzulässig, als sie die Unterhaltsverpflichtung für die Urlaubszeiträume in den Monaten August/September 1979 und Juli/August 1981 betrifft, für die der Kläger die vollen Unterhaltszahlungen unter Vorbehalt erbracht hat. Insoweit fehlt der Klage das Rechtsschutzbedürfnis, weil eine Vollstreckung unzweifelhaft nicht mehr droht.
a) Der Auffassung des Berufungsgerichts, die für diese Zeiträume unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen hätten keine Erfüllungswirkung, kann nicht beigepflichtet werden. Wenn ein Schuldner unter Vorbehalt leistet, so kann der Vorbehalt zwei unterschiedliche Bedeutungen haben: Im allgemeinen will der Schuldner lediglich dem Verständnis seiner Leistung als Anerkenntnis (§ 208 BGB) entgegentreten und die Wirkung des § 814 BGB ausschließen, sich also die Möglichkeit offenhalten, das Geleistete gemäß § 812 BGB zurückzufordern. Ein Vorbehalt dieser Art stellt die Ordnungsmäßigkeit der Erfüllung nicht in Frage (Senatsurteil BGHZ 83, 278, 282; BGH Urteil vom 6. Mai 1982 – VII ZR 208/81 – NJW 1982, 2301, 2302; MünchKomm/Heinrichs BGB § 362 Rdnr. 4; Palandt/Heinrichs BGB 43. Aufl. § 362 Anm. 2; BGB-RGRK/Weber 12. Aufl. § 362 Rdnr. 35).
Anders ist es, wenn der Schuldner in der Weise unter Vorbehalt leistet, daß dem Leistungsempfänger für einen späteren Rückforderungsstreit die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs auferlegt werden soll. Ein Vorbehalt dieser Art läßt die Schuldtilgung in der Schwebe und ist keine Erfüllung im Sinne von § 362 BGB (BGHZ 86, 267, 269, 271).
Weder den Feststellungen des Berufungsgerichts noch dem Sachvortrag der Parteien sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß der Vorbehalt, unter dem der Kläger den vollen Unterhalt für die Urlaubszeiträume der Jahre 1979 und 1981 gezahlt hat, den letztgenannten, weitgehenden und – außer im Falle der Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem nur vorläufig vollstreckbaren oder aus einem Vorbehaltsurteil – ungewöhnlichen Inhalt gehabt hätte. Eine entsprechende Feststellung ist insbesondere nicht in der Ausführung des Berufungsurteils enthalten, die unter Vorbehalt geleistete Zahlung habe keine Erfüllungswirkung. Damit hat das Oberlandesgericht nur eine – wie dargelegt, in dieser Allgemeinheit unzutreffende – Rechtsansicht geäußert. Der Vorbehalt kann daher nur in dem – üblichen – Sinn verstanden werden, daß der Kläger als Schuldner lediglich dem Verständnis seiner Leistung als Anerkenntnis entgegentreten und die Wirkung des § 814 BGB ausschließen, sich also die Möglichkeit offenhalten wollte, das Geleistete gemäß § 812 BGB zurückzufordern. Mithin ist davon auszugehen, daß der Kläger für die Ferienzeiträume der Jahre 1979 und 1981 die Unterhaltsansprüche voll erfüllt hat.
b) Allein die Erfüllung der Unterhaltsschuld in der vollen vereinbarten Höhe nimmt der Vollstreckungsabwehrklage noch nicht die Zulässigkeit. Da die Klage gemäß § 767 ZPO dem Schuldner insbesondere dazu zu dienen bestimmt ist, eine inzwischen bewirkte Erfüllung des titulierten Anspruchs geltend zu machen, kann eben diese Erfüllung im Grundsatz nicht die Unzulässigkeit der Klage zur Folge haben.
c) Jedoch ist die Vollstreckungsabwehrklage gegen einen Titel auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen dann mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn nach erfolgter Erfüllung für den in Betracht kommenden, zurückliegenden Zeitraum unzweifelhaft keine Vollstreckung mehr droht.
aa) Bei Titeln, die auf eine nur einmalige Leistung gerichtet sind, wird allerdings angenommen, daß die Vollstreckungsabwehrklage nur dann unzulässig ist. wenn eine Vollstreckung gar nicht mehr drohen kann (Wieczorek ZPO 2. Aufl. § 767 Anm. A II). Dieser Fall tritt erst mit der Herausgabe des Titels an den Schuldner ein. Solange sich der Titel noch in der Hand des Gläubigers befindet, vermag deshalb selbst ein Verzicht des Gläubigers auf die Zwangsvollstreckung oder eine Einigung von Gläubiger und Schuldner darüber, daß eine Zwangsvollstreckung nicht mehr in Betracht komme, das Rechtsschutzinteresse für eine Vollstreckungsabwehrklage des Schuldners nicht zu beseitigen (vgl. BGH Urteil vom 12. Juli 1955 – V ZR 11/53 – NJW 1955, 1556; Urteil vom 10. Oktober 1975 – V ZR 5/74 – WM 1975, 1213; Baumbach/Lauterbach/Hartmann ZPO 42. Aufl. Anm. 3 F.; Thomas/Putzo ZPO 12. Aufl. Anm. 5 b a; Wieczorek a.a.O. Anm. A II c 2; Zöller/Scherübl. ZPO 13. Aufl. Anm. III 1 a – alle zu § 767). Den Schutz des Gläubigers dagegen, überflüssigerweise einer Vollstreckungsabwehrklage ausgesetzt zu werden, dient in derartigen Fällen das sofortige Anerkenntnis mit der Kostenfolge des § 93 ZPO (vgl. Stein/Jonas/Münzberg a.a.O. Rdnr. 42; Thomas/Putzo a.a.O. Anm. 5 bb – beide zu § 767).
bb) Diese Grundsätze können jedoch nicht ohne weiteres auf den Fall übertragen werden, daß sich die Vollstreckungsabwehrklage – wie hier – gegen einen Titel auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen richtet. Einen derartigen Titel gibt der Gläubiger nicht an den Schuldner heraus, wenn dieser die Unterhaltsrente für einen bestimmten Zeitraum gezahlt hat. Er benötigt den Titel vielmehr noch für die erst künftig fällig werdenden Ansprüche.
Daß der Gläubiger den Titel in der Hand behält, begründet daher hier – anders als bei Titeln auf einmalige Leistungen nicht schon für sich allein die Besorgnis, er werde daraus trotz bereits eingetretener Erfüllung noch einmal gegen den Schuldner vollstrecken.
cc) Deshalb erscheint es sachgerecht, gegenüber einem Titel auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen, solange der Gläubiger diesen für erst künftig fällig werdende Leistungen noch benötigt, das Rechtsschutzinteresse für die Klage nach § 767 ZPO bereits dann zu verneinen, wenn eine Zwangsvollstreckung nach den Umständen des Falles unzweifelhaft nicht mehr droht. Das sofortige Anerkenntnis mit der Kostenfolge des § 93 ZPO vermöchte den schutzwürdigen Interessen des Gläubigers nicht stets in hinreichendem Maße Rechnung zu tragen. Das zeigt der vorliegende Fall, in dem sich die Beklagte erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nach einer Klageänderung der Vollstreckungsabwehrklage ausgesetzt gesehen hat.
dd) Die Unterhaltsleistungen für die hier interessierenden Urlaubszeiträume der Jahre 1979 und 1981 hat die Beklagte unstreitig bereits bei Fälligkeit in voller Höhe erhalten. Durch diese Zahlungen ist der Unterhaltsanspruch erfüllt worden, also erloschen. Die Beklagte hat sich demgemäß, als der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht sein Begehren in eine Vollstreckungsabwehrklage geändert hatte, in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 24. März 1982 sogleich hinsichtlich des Unterhalts für die Monate August/September 1979 und Juli/August 1981 gegen die Zulässigkeit dieser Klage gewandt, weil der Kläger die geschuldeten Unterhaltsbeträge längst gezahlt habe, so daß eine Zwangsvollstreckung insoweit nicht mehr drohe. Damit hat sie sich in Bezug auf diese Unterhaltsforderungen in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise für befriedigt erklärt. Eine Vollstreckung aus dem Unterhaltsvergleich droht daher insoweit unzweifelhaft nicht mehr.
ee) In der Revisionsverhandlung hat der Kläger die Ansicht geäußert, die Vollstreckungsabwehrklage diene für die Urlaubszeiträume der Jahre 1979 und 1981 immerhin der Klärung der zwischen den Parteien streitigen Rechtsfrage, ob er in Fällen längeren Aufenthalts der Kinder bei ihm zu einer Kürzung des Barunterhalts berechtigt sei. Indes kann ein solcher Zweck der Klage nicht zur Zulässigkeit verhelfen. Das Rechtsschutzinteresse an einer Klage bestimmt sich danach, ob der Kläger ihrer zur Erreichung seines Prozeßzieles bedarf. Die Klärung der genannten Rechtsfrage hätte er im Rahmen eines zulässigen Rückzahlungsbegehrens mit der dazu zur Verfügung stehenden Bereicherungsklage (vgl. BGHZ 83, 278, 280) erreichen können.
3. Soweit der Rechtsstreit die Unterhaltsforderung für die Urlaubszeiten in den Monaten August/September 1979 und Juli/August 1981 betrifft, ist die Klage auch insoweit unzulässig, als es sich um die in zweiter Instanz gestellten Hilfsanträge handelt. Mit der Abänderungsklage (§ 323 ZPO) kann die geltend gemachte Einwendung nicht verfolgt werden (s. oben unter 1); die Feststellungsklage ist unzulässig, weil dem Kläger die Leistungsklage zur Durchsetzung seines – angeblichen – Bereicherungsanspruchs zur Verfügung steht. Angesichts dieser Rechtslage ist von einer Zurückverweisung zur Entscheidung über die Hilfsanträge (vgl. BGHZ 25, 79, 85; Zöller/Schneider a.a.O. § 565 Anm. 1) aus Gründen der Prozeßwirtschaftlichkeit abzusehen.
II.
Hinsichtlich der Unterhaltsverpflichtung für den Urlaub in den Monaten März/April 1982 ist die Vollstreckungsabwehrklage zulässig, sachlich aber nicht gerechtfertigt.
1. Das Berufungsgericht hat im Anschluß an die Entscheidung des Kammergerichts in FamRZ 1979, 327 ausgeführt, in Ferienzeiten, die die Kinder aufgrund des vereinbarten Umgangsrechtes bei dem Kläger verbrächten, decke dieser durch Betreuung und Beköstigung den größeren Teil ihres Unterhaltsbedarfs. Er schulde deshalb für solche Zeiten nur einen verringerten Barunterhalt (ebenso LG Berlin FamRZ 1972, 217; Göppinger/Wenz Unterhaltsrecht 4. Aufl. Rdnr. 916; MünchKomm/Hinz BGB § 1634 Rdnr. 21; Palandt/Diederichsen BGB 43. Aufl. § 1634 Anm. 3 a aa; Soergel/Lange BGB 11. Aufl. § 1606 Rdnr. 10 und § 1634 Rdnr. 30). Das Oberlandesgericht hat den Satz, um den der Barunterhalt gekürzt werden dürfe, auf zwei Drittel geschätzt. Den Einwand, der Vergleich vom 10. Juni 1977 lasse erkennen, daß die Parteien die Unterhaltskürzung nicht gewollt hätten, denn sie hätten bereits damals mehrwöchige Ferienaufenthalte der Kinder bei dem Kläger vorgesehen, eine daraus resultierende Verringerung des gleichzeitig festgesetzten Barunterhalts jedoch nicht vereinbart, hat es nicht gelten lassen: Zwar hätten die Parteien in dem Vergleich bereits die zusätzlichen Aufwendungen des Klägers für die Kinder während ihrer Ferienaufenthalte berücksichtigen können. Sie hätte dies jedoch ersichtlich nicht getan. Es bestehe auch kein Anhaltspunkt dafür, daß die Parteien die Höhe des Barunterhalts nach bestimmten Richtlinien vereinbart hätten, in denen der Mehraufwand während eines mehrwöchigen Umgangs des barunterhaltspflichtigen Elternteils mit den Kindern bereits berücksichtigt sei.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Richtig ist allerdings, daß es die Bedürftigkeit eines unterhaltsberechtigten Kindes mindert, wenn sein Lebensbedarf zu einem Teil anderweitig gedeckt wird. Dies fuhrt im Grundsatz zu einer entsprechenden Verringerung seines Unterhaltsanspruchs (§ 1602 Abs. 1 BGB). Wird mithin das Unterhaltsbedürfnis des Kindes durch Gewährung von Wohnung und Kost unentgeltlich erfüllt, so kann das die Höhe des Barunterhaltsanspruchs verringern (vgl. Köhler Handbuch des Unterhaltsrechts 6. Aufl. Rdnr. 62 m. w. Nachw.). Diese Folge kann auch dann eintreten, wenn es der barunterhaltspflichtige Elternteil selbst ist, der den Unterhalt des Kindes zu einem Teil in anderer Weise als durch die Zahlung der Geldrente nach § 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB befriedigt.
b) Das besagt indes noch nichts zu der Frage, ob der nicht sorgeberechtigte barunterhaltspflichtige Elternteil das Recht hat, wegen einer solchen zeitweiligen Deckung des Unterhaltsbedarfs des Kindes, die durch dessen Beköstigung und Betreuung in Rahmen der Wahrnehmung des Umgangsrechtes eintritt, die Unterhaltsrente zu kürzen. Wie die Revision zu Recht geltend macht, handelt es sich bei den monatlichen Unterhaltsbeträgen, seien sie vereinbart oder gerichtlich festgesetzt, um pauschalierte Summen. Der erwartete Unterhaltsbedarf, den zu erfüllen der Schuldner gehalten ist, wird durch gleichmäßig über das Jahr verteilte monatliche Rentenbeträge ausgedrückt.
aa) Eine ausdrückliche Regelung, ob und ggfs. unter welchen Voraussetzungen der barunterhaltspflichtige Elternteil von diesen pauschalierten Rentenbeträgen einen Abzug machen kann, wenn und soweit das Unterhaltsbedürfnis des Kindes für eine gewisse Zeit anderweitig – auch im Wege der Gewährung von Naturalunterhalt durch ihn selbst in Rahmen seines Umgangsrechtes – erfüllt wird, enthält das Gesetz nicht. Jedoch liegt es aufgrund der Unterhaltspauschalierung von vornherein nahe, daß dabei geringfügige Bedarfsminderungen – wie auch umgekehrt geringfügige Erhöhungen –, mit deren Auftreten zu rechnen ist, außer Betracht bleiben müssen.
bb) Für die insoweit erforderliche nähere Abgrenzung gibt die Regelung, die das Gesetz für das Entstehen höheren als des erwarteten Unterhaltsbedarfs bereitstellt, einen bedeutsamen Hinweis.
Die Unterhaltspauschalierung vermeidet aus praktischen Gründen im allgemeinen die Berücksichtigung von bedarfserhöhenden Einzelumständen. Solche gewinnen nur ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des Sonderbedarfs Bedeutung. Dabei handelt es sich nach der Legaldefinition des § 1613 Abs. 2 Satz 1 BGB um einen „unregelmäßigen außerordentlich hohen Bedarf”. Er muß überraschend und der Höhe nach nicht abschätzbar eintreten. Nur wenn er nicht mit Wahrscheinlichkeit voraussehbar war und deshalb bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden konnte, ist der Unterhaltsgläubiger berechtigt, ihn neben der Geldrente geltend zu machen (Senatsurteil vom 6. Oktober 1982 – IVb ZR 307/81 – FamRZ 1983, 29, 30). In der Wortwahl des Gesetzes, das nur einen „außergewöhnlich” hohen Bedarf als Sonderbedarf gelten läßt, kommt zum Ausdruck, daß es im Zweifel bei der laufenden Unterhaltsrente sein Bewenden haben und nur in Ausnahmefällen die gesonderte Ausgleichung zusätzlicher unvorhergesehener Ausgaben erfolgen soll. Das liegt auch im Interesse einer Befriedung und Beruhigung des Verhältnisses von Unterhaltsgläubiger und Unterhaltsschuldner, das durch häufige Einzelanforderungen in unerwünschter Weise belastet werden könnte (Senatsurteil vom 11. November 1981 – IVb ZR 608/80 – FamRZ 1982, 145, 146).
cc) Diese Erwägungen gelten in gleicher Weise, wenn es darum geht, ob der Verpflichtete die Unterhaltsrente mit Rücksicht darauf kürzen darf, daß das Unterhaltsbedürfnis des Kindes zeitweilig anderweitig gedeckt wird. Das Verlangen des Unterhaltsschuldners nach einer Unterhaltskürzung, das ebenso wie eine Mehrforderung des Gläubigers wegen bedarfserhöhender Umstände der Befriedung und Beruhigung des Verhältnisses zwischen beiden im Wege stehen kann, muß daher dementsprechend auf Fälle beschränkt werden, in denen die Deckung eines Teiles des Unterhaltsbedürfnisses des Gläubigers unvorhersehbar eintritt; sie muß zudem der Höhe nach gegenüber dem Umfang der laufenden Unterhaltspflicht ins Gewicht fallen. Teildeckungen des Unterhaltsbedarfs geringeren Umfanges sowie insbesondere solche, die nach Eintritt und Höhe vorhersehbar waren, sind hingegen allgemein als in der zuerkannten (§ 258 ZPO) oder vereinbarten Unterhaltsrente bereits berücksichtigt anzusehen.
dd) Die Anforderungen, die damit für ein Verlangen auf eine zeitweilige Kürzung gelten, sind nicht erfüllt, wenn der nicht sorgeberechtigte Elternteil das Kind im Rahmen der Ausübung seines üblichen Umgangsrechtes während der Ferien einige Wochen bei sich hat und in dieser Zeit durch Naturalleistungen versorgt. Dann wird zwar, wie bereits dargelegt, ein Teil des Unterhaltsbedarfs des Kindes, zu dessen Deckung dieser Elternteil Barunterhalt leistet, durch seine Naturalunterhaltsleistungen erfüllt. Ob diese Teildeckung des Bedarfs ins Gewicht fällt, ob insbesondere trotz fortlaufender Kosten für die Bereitstellung von Wohnraum, für über das Jahr verteilte Anschaffungen an Kleidung, für Versicherungen u. ä. die Annahme des Berufungsgerichts zutrifft, diese Teildeckung mache zwei Drittel des (täglichen) Bedarfs aus, mag auf sich beruhen. Jedenfalls sind Besuche von der hier in Rede stehenden Dauer als Wahrnehmung des gesetzlich vorgesehenen Rechts zum persönlichen Umgang mit dem Kind (§ 1634 BGB) nicht unvorhersehbar und geben deshalb dem nicht sorgeberechtigten Elternteil kein Recht, die pauschalierte monatliche Unterhaltsrente zu kürzen. Wenn Eltern eine andere Regelung wünschen, steht es ihnen frei, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen.
c) Danach vermag es im vorliegenden Falle das Kürzungsverlangen – und damit die Vollstreckungsabwehrklage für den Urlaubszeitraum März/April 1982 – nicht zu begründen, daß die Parteien, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, in dem Scheidungsfolgenvergleich vom 10. Juni 1977 die zusätzlichen Aufwendungen des Klägers für die Kinder nicht berücksichtigt haben und auch kein Anhaltspunkt dafür besteht, daß sie die Höhe des Unterhalts nach Richtlinien vereinbart hätten, in denen der Mehraufwand während eines mehrwöchigen Umgangs des barunterhaltspflichtigen Elternteils bereits berücksichtigt ist.
Fundstellen