Entscheidungsstichwort (Thema)

keine verbeugende Stimmrechtsbeschränkung

 

Leitsatz (amtlich)

Das Stimmrecht eines Wohnungseigentümers kann nicht durch gerichtliche Anordnung für die Zukunft beschränkt werden (gegen OLG Düsseldorf OLGZ 1984, 289). Die Rechtsmißbräuchlichkeit einer Stimmrechtsausübung ist vielmehr jeweils in Rahmen der Prüfung der Ungültigkeit des gefaßten Wohnungseigentümerbeschlusses zu prüfen.

 

Normenkette

WEG § 25 Abs. 2 S. 1, Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 02.03.1988; Aktenzeichen 191 T 115/86 (WEG))

AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 70 II 22/86 (WEG))

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 2. hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz beträgt 5.000,– DM.

 

Gründe

Die Beteiligte zu 12. hat in der eingangs genannten Wohnungseigentumsanlage sieben von 27 Wohnungen und 334/1000 Miteigentumsanteile, jedoch gemäß der gesetzlichen Regelung nur ein Stimmrecht. In der Eigentümerversammlung vom 17. Februar 1986 wurde zu TOP I. 1 protokolliert, daß die B.-GmbH mit neun zu acht Stimmen zur Verwalterin gewählt worden sei. Auf rechtzeitige Beschlußanfechtung auch der Beteiligten zu 2. hat das Amtsgericht Wedding durch Beschluß vom 28. April 1986 diesen Eigentümerbeschluß für ungültig erklärt, weil eine Ja-Stimme nicht zu berücksichtigen ist. Dies beruht darauf, daß dieser Wohnungeigentümer sein Wohnungseigentum an eine andere Wohnungseigentümerin veräußert hatte, der nach dem Kopfprinzip für alle ihre Wohnungen nur eine Stimme zusteht. Den weitergehenden Antrag der Beteiligten zu 2., das Stimmrecht der Beteiligten zu 12. auszuschließen, wenn und soweit sie selbst oder die B.-GmbH zum Verwalter gewählt werden soll, hat das Amtsgericht in dem genannten Beschluß zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2. hat das Landgericht unter Bezugnahme auf die amtsgerichtliche Begründung zurückgewiesen. Die zulässige sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. ist ebenfalls in der Sache nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den das Rechtsmittel mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 FGG), weist der angefochtene Beschluß des Landgerichts nicht auf.

Ohne Rechtsirrtum führen die Vorinstanzen aus, daß eine rechtsmißbräuchliche Ausübung des Stimmrechts durch sogenannte Majorisierung der Minderheit durch mehrere Stimmen eines Wohnungseigentümers im vorliegenden Fall gar nicht möglich ist, weil die Teilungserklärung eine Abbedingung des § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG nicht enthält und somit auch der Beteiligten zu 12. ohnehin nur eine Stimme zusteht. Damit ist eine „Beherrschung” der übrigen Miteigentümer bereits ausgeschlossen.

Ohne Rechtsfehler gehen die Vorinstanzen auch davon aus, daß eine Entziehung dieser einen Stimme nach § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG – außer in den gesetzlich vorgesehenen und gesetzlich zulässigen Fällen des § 25 Abs. 5 WEG – nicht zulässig ist. Das Stimmrecht ist ein wesentliches Mittel des Miteigentümers zur Mitgestaltung der Entscheidungen der Eigentümergemeinschaft, an der der Miteigentümer teilhat und deren Lasten er anteilig zu tragen hat. Der Ausschluß von der Teilnahme an der Mitbestimmung bedeutet eine ganz erhebliche Einschränkung des Mitgliedschaftsrechts und ist deshalb auf die eng begrenzten gesetzlich vorgesehenen oder gesetzlich zulässigen Ausnahmefälle zu beschränken.

Mit den Vorinstanzen kann rechtlich offen bleiben, ob ein Ausschluß des Stimmrechts von Miteigentümern, möglich ist, die von einem Mehrheitseigentümer als „Strohmänner” zur Vermehrung der Stimmrechte in seinem Sinne in die Gemeinschaft „eingeschleust” worden sind, weil dies hier nicht Verfahrensgegenstand ist.

Rechtsirrtumsfrei verweisen die Vorinstanzen im übrigen darauf, daß generell Bedenken bestehen, für die Zukunft einen Wohnungseigentümer in bestimmten Fragen und in einem beistimmten Sinn von der Stimmrechtsausübung auszuschließen. Der Senat tritt nicht der vom Oberlandesgericht Düsseldorf (OLGZ 1984, 289) vertretenen Rechtsauffassung bei, daß unter bestimmten Umständen durch gerichtliche Anordnung für die Zukunft in einzelnen Angelegenheiten das Stimmrecht beschränkt werden kann. Wie bereits ausgeführt, ist das Stimmrecht ein wesentliches Mittel des Miteigentümers zur Mitgestaltung der Entscheidungen der Gemeinschaft, die ja auch den einzelnen Miteigentümer betreffen.

Ob eine rechtsmißbräuchliche Ausübung des Stimmrechts vorliegt, kann nur auf den Zeitpunkt bezogen festgestellt werden, in dem das Stimmrecht ausgeübt wird. Selbstverständlich darf auch ein Mehrheitseigentümer versuchen, seine Interessen zu wahren. Ob dies gegenüber den Interessen der Minderheitseigentümer einen Rechtsmißbrauch darstellt, bedarf der sorgfältigen Abwägung im Einzelfall, die auch den Zeitpunkt und die dann gegebenen Umstände berücksichtigen muß. Selbst wenn die für die Zukunft ausgesprochene Beschränkung des Stimmrechts nur auf einzelne Angeleg...

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