Tenor

Der angefochtene Bescheid und die Entscheidung der Hinterlegungsstelle vom 14.7.2014 werden aufgehoben.

 

Gründe

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig (§ 6 Abs. 3 BerlHintG, § 23 EGGVG) und begründet. Der Bescheid vom 7.8.2013, mit dem die Beschwerde des Antragstellers vom 18.7.2014 gegen die Entscheidung der Hinterlegungsstelle vom 14.7.2014 zurückgewiesen werden ist, verletzt den Antragsteller in seinen Rechten.

Die Hinterlegungsstelle kann den Antragsteller nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 BerlHintG zum Nachweis darüber auffordern, dass und wann der Gläubiger die in § 374 Abs. 2 BGB vorgeschriebene Anzeige von der Hinterlegung empfangen hat. Sie kann entsprechend auch die Anzeige nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 BerlHintG auf Kosten des Antragstellers veranlassen.

I. Der Senat folgt allerdings nicht der Ansicht des Antragstellers, dass eine Anzeige oder deren Nachweis für den Insolvenzverwalter im Falle des Gläubigerverzugs des Insolvenzgläubigers grundsätzlich untunlich ist. Zutreffend führt der Antragsgegner in dem angefochtenen Bescheid aus, dass § 374 Abs. 2 BGB grundsätzlich unterschiedslos eine Anzeigepflicht vorsieht, obgleich die Hinterlegung wegen Gläubigerverzugs stets eine Form der Obliegenheitsverletzung auf Seiten des Gläubigers voraussetzt. Etwas anderes gilt auch nicht für Hinterlegungen zwecks Schlussverteilung an Insolvenzgläubiger. Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens stehen einer Mitteilungspflicht auch für diese Fälle nicht entgegen. Es trifft insbesondere nicht zu, dass die Gläubigergesamtheit für säumige und pflichtvergessene Gläubiger in Vorleistung treten müsste. Da nach § 381 BGB der Gläubiger die Kosten der Hinterlegung zu tragen hat, kann der Insolvenzverwalter die Kosten der Hinterlegungsanzeige von dem zu hinterlegenden Betrag vorab in Abzug bringen (Olzen in Staudinger, BGB ≪2011 ≫, § 374 Rdn. 7). Ist der zu hinterlegende Betrag geringer als die für die Anzeige erforderlichen Kosten, verbliebe also bei Durchführung der Anzeige auf Kosten des Gläubigers kein zu hinterlegendes Guthaben, ist die Anzeige offensichtlich untunlich in Sinne des § 374 Abs. 2 S. 2 BGB. Warum dies dazu führen sollte, dass die Anzeige grundsätzlich, also unabhängig von der Höhe des zu hinterlegenden Betrages untunlich sein sollte, erschließt sich aus den Ausführungen des Antragstellers nicht.

II. Ob die Anzeige nach § 374 Abs. 2 BGB auch untunlich sein kann, wenn nach Abzug der Kosten für die Anzeige ein zu hinterlegender Betrag in nur geringfügiger Höhe (wie hier 10,32 EUR./. 4,70 EUR = 5,62 EUR) verbliebe, muss nicht entschieden werden. Denn die Anzeigepflicht nach § 374 Abs. 2 BGB und die Nachweisverpflichtung nach § 14 Abs. 1 S. 1 BerlHintG treffen nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens jedenfalls nicht mehr den Antragsteller.

Zur Anzeige nach § 374 Abs. 2 S. 1 BGB und zum Nachweis von deren Empfang gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 BerlHintG ist der Schuldner verpflichtet, zu dessen Befreiung von einer Verbindlichkeit hinterlegt wurde. Der Antragsteller, an den als Privatperson/Rechtsanwalt die angefochtenen Bescheide gerichtet sind, ist jedoch in dieser Eigenschaft weder Schuldner noch Hinterleger. Der Antragsteller hat bei der Hinterlegung als Insolvenzverwalter über das Vermögen der S...GmbH gehandelt und damit persönliche Verpflichtungen nicht begründet. Der Insolvenzverwalter verpflichtet nur die Masse und erwirbt aus Rechtsgeschäften, die er "kraft Amtes" abgeschlossen hat, für seine Person weder Rechte noch Pflichten (RGZ 80, 416, 418).

Die Entscheidung der Hinterlegungsstelle vom 14.7.2014 und der angefochtene Bescheid vom 7.8.2014 sind jedoch auch nicht mit der Maßgabe aufrecht zu erhalten, dass sie, wie sich jeweils erst den Begründungen entnehmen lässt, gegen den Antragsteller in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der S...GmbH gerichtet sein sollen. Das Insolvenzverfahren ist aufgehoben. Recht und Pflicht des Insolvenzverwalters zur Verwaltung der Masse enden mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäfte, die der Insolvenzverwalter im Rahmen seiner Verwaltungsmacht eingegangen ist, sind nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner zu erfüllen (Gruber in Berliner Kommentar Insolvenzrecht, § 200 Rdn. 25; Meller-Hannich in Jaeger, InsO, § 200 Rdn. 13; Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 200 Rdn. 12). Für die Rechte und Pflichten aus dem öffentlich-rechtlichen Hinterlegungsverhältnis gilt nichts anderes.

Eine andere Bewertung ist auch nicht deshalb erforderlich, weil nach Beendigung des Insolvenzverfahrens die S...GmbH zwischenzeitlich gelöscht sein dürfte. Das Risiko, dass eine juristische Person aufhört zu existieren, bevor sie ihre Verpflichtungen vollständig erfüllt hat, besteht für die Hinterlegungsstelle ebenso wie für jeden Geschäftsgegner unabhängig von dem Auftreten eines Insolvenzverwalters.

Der Antragsteller ist auch nicht aufgrund nachwirkender Pflichten als Insolvenzverwalter zum Nachweis des Zugangs der Hinterlegungsa...

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