Leitsatz (amtlich)

Der anwaltliche Berufsbetreuer, der für den Betroffenen Dienste erbringt, für die ein nichtanwaltlicher Betreuer einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte, kann wählen, ob er insoweit Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 3 BGB verlangt oder eine Betreuervergütung geltend macht, wenn sich die allgemeine und die berufsbezogen qualifizierte Amtsführung nicht klar voneinander abgrenzen lässt.

Bereitet der anwaltliche Berufsbetreuer für den bedürftigen Betroffenen ein Regelinsolvenzverfahren vor, richtet sich der Aufwendungsersatzanspruch nach den Gebührensätzen des Beratungshilfegesetzes.

 

Normenkette

BGB § 1835 Abs. 3, § 1836 Abs. 1 S. 2, § 1908i Abs. 1 S. 1; BerHG § 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 06.04.2010; Aktenzeichen 87 T 382/06)

AG Berlin-Spandau (Aktenzeichen 52 XVII 3577)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird bei einem Wert i.H.v. 3.774,35 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die sofortige weitere Beschwerde ist auf Grund ihrer Zulassung durch das LG statthaft, § 56g Abs. 5 S. 2, Abs. 7 FGG. Es finden die bis zum 31.8.2009 geltenden Verfahrensvorschriften Anwendung, weil das Vergütungsverfahren vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist, Art. 111 Abs. 1 FGG-ReformG.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß erhoben worden, §§ 29 Abs. 1 S. 2, Abs. 3, 22 Abs. 1, 56g Abs. 5 S. 1 FGG.

II. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Die Zurückweisung der Erstbeschwerde hält im Ergebnis einer rechtlichen Nachprüfung, auf die das Gericht der weiteren Beschwerde beschränkt ist, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO, stand.

1. Der anwaltliche Berufsbetreuer, der für den Betroffenen Dienste erbringt, für die ein nichtanwaltlicher Betreuer einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte, kann nach der in Rechtsprechung und Literatur herrschenden Meinung wählen, ob er insoweit Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 3 BGB in Verbindung mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz verlangt oder eine Vergütung nach §§ 1908i Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 S. 2 geltend macht (OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.2.2011 - 2 WF 457/10 -, Juris, Rz. 11; OLG München, FamRZ 2008, 2309; OLG Hamm NJW-RR 2008, 232, 234; BayObLG BayObLGReport 2004, 192; OLG Köln OLGReport Köln 2004, 53; Bienwald, in: Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, Betreuungsrecht, 5. Aufl., § 1835 BGB Rz. 42; Jürgens, Betreuungsrecht, 4. Aufl., § 1835 BGB Rz. 15; Bettin, in Bamberger/Roth, BGB, BeckOK; März 2011, § 1835 Rz. 7; Saar, in: Erman, BGB, 13. Aufl., § 1835 Rz. 6; Bauer, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 1835 Rz. 8; Palandt/Diederichsen, BGB, 70. Aufl., § 1835 Rz. 13).

Nach anderer Ansicht kann Aufwendungsersatz für berufsbezogene Dienste immer neben der Betreuervergütung verlangt werden (Wagenitz in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 1835 Rz. 43; Maier, in: Jurgeleit, Betreuungsrecht, 2. Aufl., § 1835 BGB Rz. 22; Pammler-Klein/Pammler, in: Juris-PK, BGB, 5. Aufl., § 1835 Rz. 80ff). Die pauschale Betreuervergütung gelte nur die allgemeine Amtsführung ab. Tätigkeiten, die unter normalen Umständen von einem besonders qualifizierten Dritten wahrgenommen würden, gehörten gerade nicht mehr hierzu.

Der Senat schließt sich der herrschenden Meinung an. Damit werden schwierige Abgrenzungsfragen zwischen allgemeiner und qualifizierter Amtsführung vermieden, wie gerade der vorliegende Fall verdeutlicht. So ist der Betreuer, dem die Vermögenssorge übertragen worden ist, verpflichtet, in jedem Fall ein Verzeichnis über das Vermögen des Betroffenen zu erstellen, worin insbesondere auch seine Schulden darzulegen sind, §§ 1908i Abs. 1 S. 1, 1802 Abs. 1 S. 1 BGB. Insoweit genügt es nicht, eine Endsumme darzustellen, sondern der Betreuer hat die Schulden differenziert nach ihrer Art und insbesondere den Gläubigern aufzuführen (Meier, in: Jurgeleit, a.a.O., § 1802 Rz. 8 und 14). Nichts anderes hat der Beteiligte zu 1 getan. Dass das Gläubigerverzeichnis hier sehr umfangreich war, ändert nichts daran, dass seine Erstellung nicht nur für das angestrebte Insolvenzverfahren, sondern auch gegenüber dem Vormundschaftsgericht erforderlich war. Darüber hinaus erfolgte seine Bestellung gerade, weil der Betroffene krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage war, seine vertraglichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten zu besorgen und es so zu einer existenzbedrohenden Verschuldung gekommen war. Aufgabe des Beteiligten zu 1 war es in aller erster Linie, die Schulden des Betroffenen zu regulieren. Wenn hierfür aber ein berufsfremder Betreuer anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen hätte, ist nicht mehr ersichtlich, welche Aufgaben dem Beteiligten zu 1 im Rahmen der "allgemeinen Amtsführung" überhaupt noch verblieben. Ein kumulativer Anspruch auf Aufwendungsersatz und Betreuervergütung ist aber nur denkbar, wenn beide Tätigkeiten abgrenzbar sind. Das ist hier nicht der Fall.

2. Der Beteiligte zu 1 hat vorliegend keine Wahl getroffen, sondern für seine Tätigkeit im Rahmen der Vorbereitung des (Regel-)Insolvenzverfahrens des Betroffenen eine Geschäftsgebühr und eine Verfahrensgebü...

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