Verfahrensgang

AG Berlin-Pankow/Weißensee (Aktenzeichen 10 F 8915/15)

 

Tenor

Die Beschwerde des Vaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 1. Dezember 2016 wird auf seine Kosten bei einem Wert von 3.000,- Euro zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde (§ 58 FamFG) des Vaters ist unbegründet.

Das Familiengericht hat zu Recht und mit zutreffenden Gründen eine Abänderung des gerichtlich geschlossenen Umgangsvergleichs vom 4.4.2014 abgelehnt. Liegt bereits - wie hier - eine gerichtliche Umgangsregelung vor, so ist eine abändernde Regelung nach § 1696 Abs. 1 BGB nur zu treffen, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 1.2.2017 - XII ZB 601/15 Rz. 11 bei juris). Solche triftigen Gründe liegen hier nicht vor.

Zur Begründung nimmt der Senat auf die Gründe seines Beschlusses zur Verfahrenskostenhilfe vom 9.3.2017 Bezug.

Die weiteren Ausführungen der Beteiligten führen zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Dabei stellt der Senat die gute Bindung des Kindes zum Vater nicht in Frage. Die seit Jahren andauernde erhebliche Konfliktbelastung der Eltern und deren deutlich eingeschränkte Fähigkeit, angemessen miteinander zu kommunizieren und zu kooperieren, steht jedoch einer Abänderung des bisherigen Umgangsmodells entgegen; erst recht würde die Anordnung eines Wechselmodells unter den obwaltenden Umständen nicht, wie es für eine Abänderung gemäß § 1696 BGB erforderlich wäre, zu nachhaltigen Verbesserungen für J führen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die der Senat teilt, entspricht das paritätische Wechselmodell bei bestehender hoher elterlicher Konfliktbelastung in der Regel nicht dem Kindeswohl. Denn das Kind wird durch vermehrte oder ausgedehnte Kontakte auch mit dem anderen Elternteil verstärkt mit dem elterlichen Streit konfrontiert und gerät durch den von den Eltern oftmals ausgeübten "Koalitionsdruck" in Loyalitätskonflikte; hinzu kommt der bei der praktischen Verwirklichung der geteilten Betreuung erhöhte Abstimmungs- und Kooperationsbedarf (BGH a.a.O. Rz. 30 f. m.w.N.). Die insoweit abweichende Einschätzung des Vaters und des Verfahrensbeistands teilt der Senat nicht. Weder hat J beim jetzigen Umgangsmodell bereits zwei Lebensmittelpunkte - so aber der Verfahrensbeistand in seiner Stellungnahme vom 23.3.2017 - noch kann der Senat nachvollziehen, dass es im Rahmen eines paritätischen Wechselmodells, bei welchem Kinder regelmäßig - in welchem zeitlichen Abstand auch immer - zwischen zwei Haushalten "pendeln", eher einer geringeren als einer erhöhten Kommunikation der Eltern bedarf. Der Verfahrensbeistand widerspricht sich hier, wenn er im gleichen Absatz ausführt, dass im Kitaalltag bzw. in Kürze im Schulalltag J ein hohes Maß an Kommunikation und Kooperation der Eltern vorherrschen sollte. Dies ist aber leider - bisher - nicht der Fall und die Anordnung eines Wechselmodells erscheint auch grundsätzlich ungeeignet, die im Konflikt befangenen Eltern dadurch zu einem harmonischen Zusammenwirken in der Betreuung und Erziehung des Kindes zu veranlassen (BGH, a.a.O.). Erschwerend kommen hier noch die sehr unterschiedlichen Erziehungshaltungen der Eltern (vgl. Sachverständigengutachten P vom 10.8.2016, Seite 16, 25 f.) hinzu. Daher liegt auch nach Ansicht des Jugendamtes, dessen Ausführungen in der Stellungnahme vom 14.3.2017 der Senat jedenfalls im Kern teilt, eine Abänderung der bestehenden Umgangsregelung nicht im Kindeswohlinteresse.

Die Auffassung des Vaters (vgl. Schriftsatz vom 31.3.2017, Seite 3), dass grundsätzlich das Doppelresidenzmodell "in Augenschein genommen" werden sollte, wenn sich Eltern über den Umfang der Betreuung nicht einigen können, ergibt sich weder aus dem Gesetz noch entspricht sie der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dass eine eingeschränkte Bindungstoleranz, wie sie hier bei beiden Eltern vorliegt (vgl. Sachverständigengutachten P vom 10.8.2016, Seite 25), gerade ein Argument für das Doppelresidenzmodell sein soll, wie der Vater meint, erscheint fernliegend, zumal das Kind bei zeitlich ausgedehnter Betreuung durch beide Elternteile vermehrt mit deren widerstreitenden Ansichten sowie Vorwürfen und (Ab)wertungen gegenüber dem jeweils anderen Elternteil, wie sie auch leider wieder im Schreiben des Vaters vom 25.3.2017 (insbesondere auf Seite 3 unten und 4) in Bezug auf Geschehnisse in der Vergangenheit zum Ausdruck kommen, konfrontiert wird.

Von der Durchführung eines Anhörungstermins hat der Senat gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG abgesehen, weil die Beteiligten im ersten Rechtszug persönlich angehört wurden und von einer erneuten persönlichen Anhörung, auch des Verfahrensbeistands (vgl. Schriftsatz des Vaters vom 31.3.2017, Seite 1), dessen Ausführungen der Senat zur Kenntnis genommen hat, aber überwiegend nicht teilt, keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 11246059

NJW-Spezial 2018, 6

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