Leitsatz (amtlich)

1. Wenn eine nach dem Gewaltschutzgesetz erlassene einstweilige Anordnung während des Beschwerdeverfahrens außer Kraft tritt, kann der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel auf den Kostenpunkt beschränken.

2. In Gewaltschutzsachen entspricht es im Regelfall der Billigkeit, die Kostenentscheidung nach dem Obsiegen und Unterliegen zu treffen.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Pankow/Weißensee (Beschluss vom 22.08.2011; Aktenzeichen 28 F 4014/11)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG Pankow/Weißensee vom 22.8.2011 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 1000 EUR zu tragen.

Der Antragstellerin wird Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin B.bewilligt. Sie hat keine Raten zu leisten.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegner hat in der Sache keinen Erfolg.

Über die Hauptsache, die vom AG erlassene einstweilige Anordnung, ist nicht mehr zu entscheiden. Diese war auf eine Dauer von 6 Monaten ab Erlass beschränkt. Diese Frist ist am 20.11.2011 abgelaufen. Mit dem Ablauf der Geltungsdauer der einstweiligen Anordnung ist die Rechtsmittelbeschwer des Antragsgegners in der Hauptsache entfallen. Daraus hat der Beschwerdeführer zutreffend die Konsequenz gezogen, dass er sein Rechtsmittel auf die Kosten beschränkt hat. Diese Möglichkeit ist für eine Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache anerkannt (vgl. z.B. BGH FamRZ 1987, 469; Prütting/Helms, 2. Aufl., § 83 FamFG Rz. 13 m.w.N.). Für die - auch einseitig erklärte - Erledigung eines Rechtsmittels in der Hauptsache (zu deren Zulässigkeit z.B. BGH NJW 2007, 2993; 1998, 2453; Zöller/Vollkommer, 29. Aufl., § 91a ZPO Rz. 19 m.w.N.) ist zumindest für die hier vorliegende Konstellation eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Denn die Beschwer des Antragsgegners durch die zu seinen Lasten ergangene Kostenentscheidung besteht fort. Diese könnte auch durch ein isoliertes Rechtsmittel angegriffen werden (vgl. z.B. Abramenko in Prütting/Helms, 2. Aufl., § 58 FamFG Rz. 58 mit Nachw. aus der Rspr.).

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist somit nur noch die Kostenentscheidung des AG. Diese ist nicht zu beanstanden. Grundlage der Kostenentscheidung ist § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Es entspricht der Billigkeit im Sinne dieser Vorschrift, die Kosten erster Instanz dem Antragsgegner aufzuerlegen.

Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz sind echte Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. Zöller/Feskorn, 29. Aufl., vor § 23 FamFG Rz. 4; Keidel/Schmidt, 15. Aufl., § 12 FGG Rz. 227), denn in ihnen entscheidet das Gericht verbindlich über subjektive Rechte der Beteiligten, die sich mit entgegengesetzten Interessen gegenüber stehen (zu dieser Definition z.B. BGH FamRZ 1983, 44; BayObLG FamRZ 1989, 886). Angesichts der Nähe dieser Verfahren zu den zivilprozessualen Verfahren entspricht es in der Regel der Billigkeit, die Kostenentscheidung entsprechend den in diesen Verfahren geltenden Grundsätzen an dem Obsiegen und Unterliegen zu orientieren (vgl. z.B. OLG Stuttgart FGPrax 2010, 270; Prütting/Helms, 2. Aufl., § 81 FamFG Rz. 12; Keidel/Zimmermann, 17. Aufl., § 81 FamFG Rz. 46). Gründe für eine abweichende Handhabung im vorliegenden Fall sind weder dargetan noch ersichtlich.

Das AG hat die einstweilige Anordnung nach § 1 GewSchG mit Recht erlassen. Gemäß § 49 FamFG kann das Gericht durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht.

Sachlich-rechtliche Grundlage der vom AG getroffenen Anordnung ist § 1 GewSchG. Dessen Voraussetzungen hat das AG mit zutreffenden Erwägungen angenommen. Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 GewSchG kann das Gericht Anordnungen nach § 1 Abs. 1 GewSchG treffen, wenn eine Person einer anderen mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit widerrechtlich gedroht hat. Dies ist hier der Fall. Mit Recht hat das AG die Äußerungen des Antragsgegners gegenüber dem Sachverständigen B.in der Kindschaftssache, die in dem Beschluss vom 20.5.2011 angeführt sind, als solche Drohungen gewertet. Der Antragsgegner konnte nicht davon ausgehen, dass diese schwerwiegenden Äußerungen von dem Sachverständigen vertraulich behandelt werden würden; dafür bestand angesichts des Begutachtungsauftrags überhaupt keine Veranlassung. Ebenso wenig besteht Anlass zu der Annahme, es handele sich nur um Prahlerei des Antragsgegners. Vielmehr ergibt sich aus dem vom Senat beigezogenen, L...-J...betreffenden Sorgerechtsverfahren, dass der Antragsgegner auch gegenüber anderen verbal aggressiv geworden ist und sie bedroht hat, so z.B. Lehrkräfte der ...Schule F... Das erforderliche Eilbedürfnis bestand angesichts der Massivität der Drohungen.

Von der Durchführung eines erneuten Anhörungstermins hat der Senat gem. §§ 52 Abs. 2, 68 Abs. 3 FamFG abgesehen.

Die Kostenentscheidung für die Beschwerdein...

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