Leitsatz (amtlich)

Wird die Zwangsversteigerung eines Grundstücks aus einem Recht betrieben, das einer vor der Beschlagnahme eingetragenen Auflassungsvormerkung im Rang vorgeht, hat eine nach der Beschlagnahme erfolgte Umschreibung des Eigentums auf den Vormerkungsberechtigten keinen Einfluss auf den Fortgang des Verfahrens.

Die Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO sind auf Beschwerden im Zwangsversteigerungsverfahren anwendbar, wenn es sich um ein kontradiktorisches Verfahren handelt. In diesem Fall ist über die Kosten eines Beschwerdeverfahrens nach § 91a Abs. 1 ZPO zu entscheiden, wenn die Beteiligten das Verfahren im Hinblick auf die Rücknahme des Zwangsversteigerungsantrags in der Hauptsache für erledigt erklären.

 

Normenkette

BGB § 883 Abs. 2; ZVG §§ 26, 29, 28; ZPO § 91 Abs. 1, § 91a Abs. 1, § 574

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Entscheidung vom 08.07.2005; Aktenzeichen 3 T 345/05)

AG Hagen (Entscheidung vom 23.05.2005; Aktenzeichen 31 K 187/04)

 

Tenor

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren haben der Schuldner und die Beteiligte zu 3) zu tragen.

Der Wert der Verfahren beträgt 1.500 EUR.

 

Gründe

I.

[1] Auf Antrag der Gläubigerin wurden Mitte 2004 zwei Zwangssicherungshypotheken am hälftigen Miteigentumsanteil des Schuldners an dem im Rubrum bezeichneten Wohnungseigentum eingetragen. Diesen Miteigentumsanteil ließ der Schuldner am 10.12.2004 an die Beteiligte zu 3) auf. Zur Sicherung ihres Eigentumserwerbs wurde am 14.12.2004 eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen.

[2] Mit Beschluss vom 10.1.2005, dem Schuldner zugestellt am 12.1.2005, ordnete das AG die Zwangsversteigerung des Miteigentumsanteils des Schuldners wegen dinglicher Ansprüche aus den Zwangssicherungshypotheken an. Am 8.2.2005 wurde das Eigentum an dem Anteil auf die Beteiligte zu 3) umgeschrieben. Im Hinblick hierauf beantragten der Schuldner und die Beteiligte zu 3) unter Hinweis auf § 28 Abs. 1 ZVG, das Zwangsversteigerungsverfahren aufzuheben bzw. unter Bestimmung einer Frist für die Gläubigerin einstweilen einzustellen. Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners und der Beteiligten zu 3) ist erfolglos geblieben.

[3] Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde haben beide ihren Aufhebungs- bzw. Einstellungsantrag zunächst weiterverfolgt. Nachdem die Gläubigerin den Zwangsversteigerungsantrag zurückgenommen hat, haben der Schuldner und die Beteiligte zu 3) das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, der Gläubigerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Gläubigerin hat sich zu der Erledigungserklärung nicht geäußert.

II.

[4] 1. Aufgrund der Erledigungserklärung des Schuldners und der Beteiligten zu 3) ist über die Kosten der Rechtsmittelverfahren gem. § 91a ZPO zu entscheiden.

[5] a) Die vorausgegangene Rücknahme des Zwangsversteigerungsantrags durch die Gläubigerin steht dem nicht entgegen, denn sie führt nicht dazu, dass der Gläubigerin entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO alle Kosten des Verfahrens aufzuerlegen wären. Die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens fallen, soweit sie notwendig waren, nach der spezielleren Vorschrift des § 788 ZPO stets dem Schuldner zur Last. Das gilt - da sich die Notwendigkeit nach dem Standpunkt des Gläubigers zum Zeitpunkt der Antragstellung bestimmt (vgl. BGH, Beschl. v. 18.7.2003, IXa ZB 146/03, BGHReport 2003, 1251 = MDR 2003, 1381 = NJW-RR 2003, 1581) - auch im Fall der Antragsrücknahme durch den Gläubiger (ebenso Stöber, ZVG, 18. Aufl., Einl. 39.4; Mohrbutter/Drischler/Radtke/Tiedemann, Zwangsversteigerung- und Zwangsverwaltungspraxis, 7. Aufl., Muster 49 Anm. 5; LG Oldenburg v. 6.5.1982 - 5 T 113/82, ZIP 1983, 224, 225 sowie allgemein Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 788 Rz. 1 u. 22; K. Schmidt in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 788 Rz. 7; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 788 Rz. 20).

[6] b) Über die Kosten besonderer Rechtsbehelfe im Zwangsversteigerungsverfahren ist demgegenüber grundsätzlich nicht gem. § 788 ZPO, sondern nach den insoweit spezielleren Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO zu entscheiden (ebenso Stöber, ZVG, 18. Aufl., Einl. 39.10; Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, ZVG, 12. Aufl., § 99 Rz. 9; Jäckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., Vorbem zu § 95 Rz. 8 a.E.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 91a Rz. 7; OLG Karlsruhe v. 8.3.1995 - 11 W 188/94, Rpfleger 1995, 472, 473; OLG Bremen JurBüro 1985, 776; OLG Hamm Rpfleger 1976, 146, 148; für das Vollstreckungsverfahren allgemein: BGH, Beschl. v. 29.9.1988, I ARZ 589/88, MDR 1989, 142 = NJW-RR 1989, 125; OLG Hamburg JurBüro 1995, 547; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 788 Rz. 12; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 788 Rz. 20; Musielak/Lackmann, ZPO, 5. Aufl., § 788 Rz. 6).

[7] Eine Einschränkung ergibt sich allerdings daraus, dass die Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO ein kontradiktorisches Verfahren voraussetzen (vgl. Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., Vor § 91 Rz. 2 sowie Stein/Jonas/Münzberg, a.a.O.). Daran kann es im Zwangsversteigerungsverfahren fehlen, wenn nicht das Vollstreckungsrechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger im Vordergrund steht, wie bei einem Streit um die Anordnung, Einstellung oder Fortsetzung des Verfahrens regelmäßig anzunehmen ist, sondern Entscheidungen angefochten werden, die auch andere Verfahrensbeteiligte betreffen oder bei denen Gläubiger und Schuldner nicht zwangsläufig widerstreitende Interessen verfolgen. Hiervon geht der Senat für den Regelfall bei der Verkehrswertbeschwerde (Senat, Beschl. v. 18.5.2006 - V ZB 142/05, BGHReport 2006, 1202 = MDR 2007, 110 = WM 2006, 1727, 1730; ebenso Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 74a Anm. 9.5.; LG München II Rpfleger 1984, 108) und bei der Zuschlagsbeschwerde (Senat, Beschl. v. 20.7.2006 - V ZB 168/05, MDR 2007, 239 = BGHReport 2006, 1505 = Rpfleger 2006, 665; Beschl. v. 26.10.2006 - V ZB 188/05, NotBZ 2007, 18 = BGHReport 2007, 174 = WM 2007, 82, 86; ebenso Stöber, a.a.O., § 99 Anm. 2.5.; OLG Oldenburg v. 16.2.1989 - 2 W 136/88, JurBüro 1989, 1176, 1177) aus.

[8] Vorliegend bleibt es indessen bei der Anwendbarkeit der §§ 91 ff. ZPO, da sich die Beteiligten als Gläubiger einerseits sowie als Schuldner und dessen Einzelrechtsnachfolger andererseits über die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens streiten, mithin in einem kontradiktorischen Verhältnis zueinander stehen. Da die genannten Vorschriften, wie dargelegt, nicht für das Vollstreckungsverfahren selbst, sondern nur für die Kosten der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde gelten, beschränkt sich die Wirkung der Erledigungserklärung des Schuldners und der Beteiligten zu 3) auf diese Rechtsmittelverfahren (vgl. zu dieser Möglichkeit: Senat, Beschl. v. 11.1.2001 - V ZB 40/99, MDR 2001, 647 = BGHReport 2001, 400 = NJW-RR 2001, 1007, 1008; BGH, Beschl. v. 12.5.1998 - XI ZR 219/97, MDR 1998, 1114 = WM 1998, 1747, 1748). Nachdem die auf die Zustimmungsfiktion des § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO hingewiesene Gläubigerin der Erledigungserklärung des Schuldners und der Beteiligten zu 3) nicht widersprochen hat, ist somit über die Kosten der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO).

[9] 2. Das führt zur Auferlegung der Kosten auf den Schuldner und die Beteiligte zu 3), da ihre Rechtsbeschwerde keinen Erfolg gehabt hätte und es damit bei der Zurückweisung ihrer sofortigen Beschwerde durch das Beschwerdegericht geblieben wäre.

[10] Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass der auf der Auflassungsvormerkung beruhende Eigentumserwerb der Beteiligten zu 3) einer Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens nicht entgegen stand, da dieses aus einem dem vorgemerkten Eigentumsverschaffungsanspruch vorgehenden Recht betrieben worden ist.

[11] a) Allerdings ließ sich dieses Ergebnis entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht auf den Rechtsgedanken des § 867 Abs. 3 ZPO stützen. Zwar ermöglicht die Vorschrift dem Gläubiger, die Zwangsvollstreckung unmittelbar aus der Zwangshypothek, also ohne einen besonderen dinglichen Duldungstitel, zu betreiben. Voraussetzung ist aber, dass es sich bei dem Schuldner um den Grundstückseigentümer handelt. Nach einem Eigentumswechsel ist ein gegen den neuen Eigentümer gerichteter Titel erforderlich. Das folgt aus der Vorschrift des § 17 Abs. 1 ZVG, wonach die Zwangsversteigerung nur angeordnet werden darf, wenn der Schuldner als Eigentümer des Grundstücks eingetragen ist. Dabei kann dahinstehen, ob gegen den neuen Eigentümer ein Duldungstitel erwirkt werden muss (so die Begründung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften, BT/Drucks. 12/8314, S. 38, und die ganz h.M., vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 867 Rz. 49; MünchKomm/ZPO/Eickmann, 2. Aufl., § 867 Rz. 57; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 867 Rz. 20; Musielak/Becker, ZPO, 5. Aufl., § 867 Rz. 11; Saenger/Kindl, ZPO, § 867 Rz. 24) oder ob der in § 867 Abs. 3 ZPO genannte Titel wie ein Duldungstitel behandelt und gem. § 727 ZPO auf den neuen Eigentümer umgeschrieben werden kann (so Dümig, Rpfleger 2004, 3, 10; Alff, Rpfleger 2001, 385, 394). Nach einem Eigentümerwechsel ist es dem Gläubiger jedenfalls nicht mehr möglich, ohne weitere Maßnahmen aus der Zwangshypothek zu vollstrecken.

[12] b) Das Beschwerdegericht hat aber zutreffend angenommen, dass der Eigentumswechsel an dem beschlagnahmten Miteigentumsanteil die Fortsetzung des Verfahrens deshalb nicht hinderte, weil die Voraussetzungen des § 26 ZVG gegeben waren. Die Vorschrift bestimmt, dass eine nach der Beschlagnahme bewirkte Veräußerung des Grundstücks auf das Verfahren keinen Einfluss hat, wenn die Zwangsversteigerung wegen eines Anspruchs aus einem eingetragenen Recht angeordnet worden ist. Diese Voraussetzungen lagen hier vor, weil die Gläubigerin aus einer auf dem Miteigentumsanteil lastenden Zwangshypothek vollstreckte und die Veräußerung des Miteigentumsanteils - gemeint ist der dingliche Rechtsübergang (vgl. Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, 12. Aufl., § 26 Rz. 2; Steiner/Teufel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 26 Rz. 6) - zeitlich nach der Beschlagnahme erfolgt war.

[13] aa) Dem steht nicht entgegen, dass vor der Beschlagnahme eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 3) in das Grundbuch eingetragen worden war. Die Auflassungsvormerkung führt zwar in vielerlei, nicht aber in jeder Hinsicht dazu, dass der Rechtserwerb des Vormerkungsberechtigten auf den Zeitpunkt ihrer Eintragung zurückbezogen wird (vgl. Erman/Lorenz, BGB, 11. Aufl., § 883 Rz. 31; Bamberger/Roth/Kössinger, BGB, § 883 Rz. 63). Sie hat zur Folge, dass - auch im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgte (§ 883 Abs. 2 Satz 2 BGB) - Verfügungen, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück oder das Recht getroffen werden, insoweit unwirksam sind, als sie den gesicherten Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würden (§ 883 Abs. 2 Satz 1 BGB). Diese Wirkung hat hier zwar zu einem auch ggü. der Gläubigerin wirksamen Eigentumserwerb der Beklagten zu 3) geführt, nicht aber dazu, dass die Fortsetzung des - auch in Ansehung der Auflassungsvormerkung zulässigerweise begonnenen (vgl. BGHZ 46, 124, 127; BGH, Urt. v. 11.7.1996 - IX ZR 226/94, MDR 1997, 52 = NJW 1996, 3147, 3148) - Zwangsversteigerungsverfahrens unzulässig war.

[14] (1) Die mit der Anordnung der Zwangsversteigerung verbundene Beschlagnahme des Miteigentumsanteils des Schuldners (§ 20 Abs. 1 ZVG) hatte die Wirkung eines relativen Veräußerungsverbots zugunsten der betreibenden Gläubigerin (§ 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG i.V.m. §§ 135, 136 BGB) und war deshalb geeignet, die durch die Auflassungsvormerkung gesicherte, aber erst nach der Beschlagnahme vollendete Übertragung des Miteigentumsanteils an die Beteiligte zu 3) zu vereiteln (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.1988 - IX ZR 103/87, MDR 1988, 958 = WM 1988, 1388, 1389). Hiervor war die Beteiligte zu 3) durch die vor der Beschlagnahme eingetragene Auflassungsvormerkung geschützt. Dabei ist unerheblich, dass die mit der Beschlagnahme einhergehende Beschränkung der Verfügungsmacht des Schuldners vom Wortlaut des § 883 Abs. 2 BGB nicht erfasst ist, weil es sich bei ihr nicht um eine Verfügung im Rechtssinne handelt. Nachträglich gegen den Schuldner verhängte Verfügungsbeschränkungen werden Verfügungen über das Grundstück nämlich gleichgestellt und sind deshalb, soweit sie der Verwirklichung des gesicherten Anspruchs entgegenstehen, im Verhältnis zu dem Vormerkungsberechtigten in entsprechender Anwendung von § 883 Abs. 2 BGB unwirksam (Senat, Urt. v. 27.5.1966 - V ZR 200/63, JZ 1966, 526; Wacke in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 883 Rz. 41; Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 883 Rz. 203; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 888 Rz. 6).

[15] (2) Vor der Fortsetzung des eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahrens schützte die Auflassungsvormerkung dagegen nicht. Mit dem Erwerb des Eigentums an dem beschlagnahmten Miteigentumsanteil durch die Beteiligte zu 3) war der Sicherungszweck der Vormerkung erreicht. Dass dieses Eigentum mit einer Zwangshypothek belastet war, beruhte darauf, dass die Hypothek der Auflassungsvormerkung im Rang vorging. Ein besserrangiges Recht muss der Vormerkungsberechtigte stets gegen sich gelten lassen. Deshalb gewährt die Vormerkung auch keinen Schutz vor der Durchsetzung eines solchen Rechts im Wege der Zwangsvollstreckung. Hiermit muss der Vormerkungsberechtigte von vornherein rechnen, weil der Grundbesitz schon bei Eintragung der Vormerkung belastet war. Die Vormerkung schützt den Berechtigten nur davor, dass der Erwerb des (belasteten) Eigentums vereitelt oder beeinträchtigt wird, nicht aber davor, dass der Gläubiger eines vorrangigen Rechts dieses im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgt (so zutreffend Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 28 Anm. 4.8.c; Assmann, Die Vormerkung, 1998, S. 232).

[16] (3) Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht aus der Vorschrift des § 883 Abs. 3 BGB. Sie bezieht sich nur auf rangfähige dingliche Rechte, mit denen ein Grundstück belastet ist (vgl. § 879 BGB), nicht aber auf das Eigentum selbst. Als das umfassende Vollrecht ist dieses nicht rangfähig (vgl. BayObLG v. 29.11.1990 - BReg.2 Z 143/90, NJW-RR 1991, 567; Wacke in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 883 Rz. 57; Erman/Hagen/Lorenz, BGB, 11. Aufl., § 883 Rz. 47; Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 883 Rz. 254). § 883 Abs. 3 BGB findet auf eine Vormerkung zur Sicherung eines Eigentumsverschaffungsanspruchs deshalb keine Anwendung (ebenso BayObLG a.a.O.; unzutreffend daher OLG Hamm v. 4.5.1984 - 15 W 136/84, 15 W 137/84, MDR 1984, 947 = Rpfleger 1984, 426; Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 28 Rz. 9; Drischler, Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, 4. Aufl., § 28 Anm. 7).

[17] bb) Wird ein nach Eintragung einer Auflassungsvormerkung aus einem der Vormerkung vorgehenden dinglichen Recht angeordnetes Zwangsversteigerungsverfahren durchgeführt, beschränkt sich die Wirkung der Vormerkung nach § 883 Abs. 2 BGB somit darauf, dass die durch die Beschlagnahme eingetretene relative Verfügungsbeschränkung des Schuldners einen Eigentumserwerb des Vormerkungsberechtigten vor Erteilung des Zuschlags nicht hindert. Da die Geltendmachung des vorrangigen dinglichen Rechts demgegenüber nicht vormerkungswidrig ist, hat die Vormerkung insoweit keine Wirkung; insb. findet eine Rückbeziehung des Rechtserwerbs auf den Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung nicht statt. Das Verfahren ist deshalb gem. § 26 ZVG fortzusetzen (ebenso: Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 28 Anm. 4.8.c; Eickmann, Zwangsvollstreckungsrecht, 2. Aufl., S. 103; Steiner/Eickmann, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 28 Rz. 16; Hock/Mayer, Immobiliarvollstreckung, 2. Aufl., Rz. 143; Assmann, Die Vormerkung, 1998, S. 231 f.; Jursnik, MittBayNot 1999, 433, 436; Weirich, DNotZ 1989, 143; Jäckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 26 Rz. 2; Fischer/Schaefer, Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen im Reich und in Preußen, 2. Aufl., § 26 Anm. 4; a.A. [Anwendung von § 28 ZVG]: OLG Hamm a.a.O.; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 883 Rz. 38; Böttcher, a.a.O., § 28 Rz. 9; Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 9. Aufl., S. 216; Hintzen, Handbuch der Immobiliarvollstreckung, 3. Aufl., C Rz. 141 a.E.; Drischler, a.a.O., § 28 Anm. 1b; Lippross, Vollstreckungsrecht, 9. Aufl., Rz. 572).

[18] Dieses Ergebnis ist auch im Hinblick auf die Rechtsstellung der Erwerber sachgerecht, welche trotz der Beschlagnahme im Verhältnis zu dem betreibenden Gläubiger ebenfalls wirksam Eigentum erwerben, nämlich auf der Grundlage von § 878 BGB oder von § 892 BGB. Für diesen Fall steht außer Frage, dass § 26 ZVG Anwendung findet und das Zwangsversteigerungsverfahren deshalb ohne Weiteres, also ohne Umschreibung und ohne erneute Zustellung des Titels, gegen den alten Schuldner fortzusetzen ist (vgl. Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 28 Steiner/Teufel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 26 Rz. 2 f.; Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 26 Rz. 1; Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, 12. Aufl., § 26 Rz. 1; Jursnik, MittBayNot 1999, 433, 435). Maßgeblich hierfür ist die Überlegung, dass das dingliche Recht, aus dem die Vollstreckung betrieben wird, diesen Erwerbern gegenüber Bestand hat und sie deshalb mit einer Vollstreckung durch den Gläubiger rechnen müssen (vgl. Steiner/Teufel, a.a.O.; Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, a.a.O.). Einen Grund, den infolge der Wirkungen des § 883 Abs. 2 BGB Erwerbenden besser zu stellen, obwohl er das dem Zwangsversteigerungsverfahren zugrunde liegende dingliche Recht gleichermaßen gegen sich gelten lassen muss, besteht nicht (so zutreffend Assmann, Die Vormerkung, 1998, S. 232).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1717941

BGHZ 2007, 378

NJW 2007, 2993

BGHR 2007, 578

DWW 2007, 257

EBE/BGH 2007

DNotI-Report 2007, 70

NZM 2007, 377

WM 2007, 947

WuB 2007, 569

ZfIR 2007, 549

DNotZ 2007, 686

InVo 2007, 295

MDR 2007, 913

Rpfleger 2007, 333

Info M 2007, 333

ZNotP 2007, 189

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