Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 63 VI 420/17)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 20.11.2019 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 2) zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 240.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit eines Testamentes des Erblassers vom 29.12.2014.

1. Letztwillige Verfügungen des Erblassers

Der am 12.6.1936 geborene Erblasser errichtete mehrere Testamente:

Am 1.2.2005 verfasste der Erblasser ein handschriftliches Testament: "Als Erben setze ich zu gleichen Teilen meine Mutter K ... H ..., B ... B ... und B ... B ... ein." (Bl. 61 der Beiakte 60 IV 157/17 / 63 IV 336/19)

Am 11.9.2008 erklärte er in einem notariellen Testament (Bl. I/10 ff. d.A.), dass er vorsorglich alle früheren Verfügungen von Todes wegen widerrufe und als seinen Erben Herrn B ... B ... und als Ersatzerbin Frau B ... B ... einsetze.

Am 18.4.2012 erklärte er in einer weiteren notariellen Urkunde, dass das Testament vom 11.9.2008 in vollem Umfang aufrechterhalten bleiben solle, die Ersatzerbin B ... B ... als Legat seine Eigentumswohnung Nr. 4 in der T ... erhalten solle und Frau S ... B ... als Vermächtnis seine Eigentumswohnung Nr. 5 in der T ... (Bl. I/14).

Am 25.6.2012 erklärte der Erblasser in einer weiteren notariellen Urkunde, dass er in einem eigenhändigen handschriftlichen Testament seinen letzten Willen erklärt habe. Dieses Testament mit Erbeinsetzung solle nur dahin abgeändert werden, dass er ein Vermächtnis aussetze. Danach solle Frau R ... S ... seine beiden zusammengelegten Eigentumswohnungen in der T ... erhalten, im übrigen solle das eigenhändige Testament unangetastet bleiben.

Am 29.12.2014 wurde eine weitere notarielle Urkunde aufgenommen (Bl. 9 ff. der Beiakte 63 IV 336/19). Darin erklärte der Erblasser, dass er in einem eigenhändigen handschriftlichen Testament seinen letzten Willen erklärt habe und dieses Testament durch notariell beurkundetes Testament vom 25.6.2012 ergänzt habe. Diese Verfügungen widerrufe er, zudem hebe er alle etwaigen früheren letztwillige Verfügungen auf. Zu seiner Alleinerbin setze er Frau R ... S ... ein. Sollte sie nicht Erbin werden, sollten ihre leiblichen Abkömmlinge an ihre Stelle treten.

2. Feststellungen im Rahmen von Betreuungsverfahren

Am 19.7.2009 erstellte die Fachärztin L ... S ... in einem den Erblasser betreffenden Betreuungsverfahren (Amtsgericht Schöneberg, Az 50 XVII H 2659) ein Gutachten (Bl. III/12 ff. d.A.). Der Erblasser habe im Mai 2009 den Antrag gestellt, da er dazu neige, Waren zu bestellen, die er nicht brauche. Als Befund wird u.a. angegeben: "(...) diskrete Störungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses, die jedoch nicht dazu führen, dass ein Zeitgitter nicht einigermaßen adäquat erhoben werden kann. Bei intakter Orientierung bietet er formal weitschweifige, teilweise sprunghafte Denkinhalte (...). Aus psychiatrischer Sicht sind seine Lebensumstände (...) deutliche Hinweise für eine zwanghafte Persönlichkeitsstruktur auf dem Boden einer schizotypen Störung. Es besteht in Bezug auf seine Verhaltensweise Kritikfähigkeit und Krankheitseinsicht. (...) Zusammenfassend leidet Herr H ... aus psychiatrischer Sicht an einer Persönlichkeitsstörung mit den oben beschriebenen Verhaltensweisen, ist jedoch kognitiv in der Lage, Personen seines Vertrauens zu bevollmächtigen und die Vollmacht auch zu überwachen. Aus diesem Grund ist die Einrichtung einer Betreuung nicht notwendig."

Am 8.1.2015 schrieb der Beteiligte zu 2) an Herrn Dr. S ... M ... (Bl. II/86 d.A.), dass der Erblasser bei diesem am nächsten Tag einen Termin habe. Dem Beteiligten zu 2) sei seit Januar 2014 aufgefallen, dass der Erblasser kein Kurzzeitgedächtnis mehr habe. Es vergehe keine Woche, in der er nicht etwas vergesse, verliere oder dass ihm angeblich etwas gestohlen worden sei. Im Dezember habe er mehrfach 500 EUR abgehoben, könne sich am nächsten Tag nicht mehr daran erinnern und auch nicht sagen, wofür er das Geld benötige. Der Arzt möge hinterfragen, ob dem Erblasser die Entnahmen über 7.000 EUR seit dem 8.12.2014 bewusst seien.

Am 14.1.2015 wandte sich der Beteiligte zu 2) an das Amtsgericht Schöneberg und beantragte, für den Erblasser einen Betreuer zu bestellen "aufgrund einer dramatischen Verschlechterung des Zustandes von Herrn W ... H ... sowie der Vorfälle der letzten zwei Monate" (Bl. I/74 d.A.). Der Erblasser sei auf Grund seines Gesundheitszustandes aus Sicht des Beteiligten zu 2) nicht mehr geschäftsfähig. Es komme zu Geldabhebungen, wobei der Beteiligte zu 2) den Verdacht habe, dass dies mit der Beteiligten zu 1) in Zusammenhang stehe.

Am 21.1.2015 ging der Beteiligte zu 2) zu einer Polizeiwache und äußerte die Vermutung, dass der Erblasser gegen seinen Willen in einer Pflegeeinrichtung festgehalten werde. In dem polizeilichen Tätigkeitsbericht (Bl. I/107 f. d.A.) heißt es u.a.: "Das Aufsuchen und Befragen de...

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