Leitsatz (amtlich)

Wird ein selbständiges Beweisverfahren von einem kostenbefreiten Antragsteller und zugleich mit selbständigen Anträgen vom nichtbefreiten Antragsgegner betrieben, so vermindert sich die Antragstellerhaftung der nichtbefreiten Partei nach § 22 GKG (§ 49 GKG a.F.) um den Anteil, der den Befreiten im Innenverhältnis getroffen hätte. Das ist - bei gleichem Gegenstand der Beweiserhebung - nach § 426 Abs. 1 BGB ein hälftiger Anteil, da das Innenverhältnis nach § 31 (1) GKG (§ 58 (1) GKG a.F.) in der gemeinsamen Beteiligung als Veranlasser des Beweisverfahrens besteht.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 21.01.2005; Aktenzeichen 82 AR 179/04)

 

Tenor

In Änderung des angefochtenen Beschlusses wird der Kostenansatz des LG Berlin vom 4.11.2004 (Sollstellung der Justizkasse Berlin vom 25.11.2004 zu KSB-Nr. ...) aufgehoben, soweit er einen Betrag von 2.849,98 EUR übersteigt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2 gegen den Beschluss der Zivilkammer 82 des LG Berlin vom 21.1.2005 - 82 AR 179/04, die sich im vorliegenden Altfall gemäß der Übergangsvorschrift des § 72 GKG noch nach dem Gerichtskostengesetz in der bis zum 1.7.2004 geltenden Fassung richtet (im Folgenden: GKG), ist nach § 5 Abs. 2 GKG zulässig und teilweise begründet. Gerichtskosten dürfen von der Antragsgegnerin zu 2 nicht i.H.v. 3.474,73 EUR, sondern nur i.H.v. 2.849,98 EUR verlangt werden. Eine weitere Herabsetzung des Kostenansatzes scheidet jedoch aus.

1. Zu Recht hat das LG festgestellt, dass die Antragsgegnerin zu 2 in dem vom Land Berlin als Antragsteller eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren 13 OH 9/02 ihrerseits Kostenschuldnerin nach § 49 Satz 1 GKG geworden ist. Soweit ein Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren durch einen eigenen Antrag zum Angriff übergeht und damit selbst zum Antragsteller wird, haftet er als Veranlassungsschuldner gem. § 49 Satz 1 GKG ggü. der Staatskasse für die durch seinen Antrag veranlassten Kosten des Verfahrens (Hartmann, KostG, 33. Aufl., § 49 GKG Rz. 5 und 36. Aufl., KV Nr. 1610 Rz. 4; OLG Koblenz WoM 97, 383 und OLG Koblenz v. 27.1.1988 - 14 W 864/87, Rpfleger 1988, 384). Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin zu 2 liegt hier eine solche Fallgestaltung vor. Mit Schriftsatz vom 9.1.2003 hat die Antragsgegnerin zu 2 einen im Beweisverfahren nach § 485 ZPO zulässigen selbständigen Gegenantrag (Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 485 Rz. 3) eingebracht. Sie wollte ebenso wie das antragstellende Land die Ursachen und die Verantwortlichkeit für die unzureichende Entwässerung der Fahrbahnflächen im Bereich der Einfahrt- und Ausfahrtrampen des Straßentunnels ... klären lassen sowie den Umfang des eingetretenen Schadens und die erforderlichen Kosten seiner Behebung gutachtlich festgehalten wissen. Die hierzu formulierten Fragen der Antragsgegnerin zu 2 sind unter Punkt III in den Beweisbeschluss des LG vom 27.2.2006 aufgenommen worden und sollten eigens von dem Sachverständigen ... beantwortet werden. Den angeforderten Kostenvorschuss von 1.000 EUR hat die Antragsgegnerin seinerzeit gezahlt.

2. Zutreffend hat das LG auch darauf hingewiesen, dass sich die Kostenschuld der Antragsgegnerin zu 2 nur auf die im selbständigen Beweisverfahren nach KV 1610 a.F. entstandene Verfahrensgebühr von 803 EUR und die gerichtlichen Auslagen für den Sachverständigen ... von 6.896,97 EUR erstreckt, nicht aber auf die Entschädigung für den Sachverständigen ... Dessen Kosten sind nicht durch den Antrag der Antragsgegnerin zu 2 ausgelöst worden, er hatte lediglich Fragen des Antragstellers zu beantworten.

3. Für die von ihr verursachten Gerichtskosten i.H.v. insgesamt 7.699,97 EUR haftet die Antragsgegnerin zu 2 neben dem antragstellenden Land gem. § 58 Abs. 1 GKG als Gesamtschuldnerin. Das gilt nicht nur für die Verfahrensgebühr, sondern entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin zu 2 auch für die Kosten des Sachverständigen ... Für die Zurechnung verursachter Kosten der Beweissicherung kommt es nicht darauf an, ob sie aufgrund der Beweisfragen der Gegenseite ebenfalls entstanden wären. Haben beide Parteien für einen Sachverhalt denselben Beweis angetreten, haften sie ggü. der Staatskasse für die gesamten hierdurch verursachten Kosten als Gesamtschuldner (OLG Koblenz v. 27.1.1988 - 14 W 864/87, Rpfleger 1988, 384; OLG Zweibrücken v. 21.10.1988 - 7 W 72/88, Rpfleger 1989, 81). Insofern ist es unerheblich, dass die Antragsgegnerin zu 2 die Fragen der Antragstellerin nur zum Teil ergänzt und im Übrigen allenfalls konkretisiert haben will. Entscheidend ist allein, dass das Gutachten des Sachverständigen ... auf den Beweisfragen beider Parteien zum selben Beweisthema beruht, der Gegenstand der Beweisaufnahme mithin derselbe ist.

An der Gesamthaftung der beiden Antragsteller ändert auch der Umstand nichts, dass das antragstellende Land Gebührenfreiheit nach § 2 Abs. 1 GKG genießt. Das Haftungsprivileg eines Kostenschuldners hat weder Einfluss auf die Entstehung der Ger...

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