Leitsatz (amtlich)

Der Gebührenstreitwert einer Feststellungsklage des Mieters, dass der Mietzins um einen bestimmten Betrag bzw. Prozentsatz gemindert sei, bestimmt sich gemäß §§ 48 GKG, 9 ZPO.

Handelt es sich nach dem für die Streitwertbemessung maßgeblichen Vortrag des Mieters um einen behebbaren Mangel und ist die Mangelbeseitigung ebenfalls ein (nicht notwendig prozessuales) Anliegen des Mieters, gilt § 9 Satz 2 ZPO.

Gemäß § 9 Satz 2 ZPO ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Minderung auf eine bestimmte Dauer - nämlich bis zur Mängelbeseitigung - begrenzt ist und ihr Gesamtbetrag regelmäßig unter dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag liegt. Nach dem Rechtsgedanken des § 41 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. GKG ist im Allgemeinen von einem Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung auszugehen.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 28.12.2015; Aktenzeichen 63 T 114/15)

AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 25.09.2015; Aktenzeichen 104 C 85/15)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des LG Berlin vom 28.12.2015 - 63 T 114/15 - abgeändert:

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Beschluss des AG Schöneberg vom 25.9.2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass für die Widerklage - ohne Einfluss auf die Wertstufe - ein Wert in Höhe von 105,24 EUR außer Ansatz bleibt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet. § 68 Abs. 3 GKG.

 

Gründe

Der Kläger hat vor dem AG Schöneberg die Feststellung begehrt, dass seine Wohnraummiete wegen verschiedener Mängel um bestimmte Prozentsätze gemindert sei. Er hat mit der Klageschrift vorgetragen, die Beklagte habe die Mängel trotz entsprechender Anzeigen nicht beseitigt. Das AG hat den Gebührenstreitwert nach dem zwölffachen Wert der monatlichen Minderungsbeträge festgesetzt. Hiergegen hat sich die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gerichtet, die den zweiundvierzigfachen Wert für maßgeblich halten.

Das LG hat in der angefochtenen Entscheidung der (Erst-)Beschwerde stattgegeben und den Wert gemäß §§ 48 GKG, 9 ZPO nach dem zweiundvierzigfachen Wert festgesetzt. Eine analoge Anwendung des § 41 Abs. 5 GKG, wonach für bestimmte Ansprüche der zwölffache Wert festzusetzen ist, hat es abgelehnt. Die weitere Beschwerde gemäß § 66 Abs. 4 GKG hat das LG wegen divergierender Rechtsprechung verschiedener Kammern des LG zugelassen. Wegen der Einzelheiten der Begründung (auch zu abweichenden Entscheidungen anderer Kammern) wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Der Kläger begehrt mit seiner weiteren Beschwerde die Festsetzung nach einem zwölffachen Wert.

Die gemäß §§ 68 Abs. 1 Satz 5 und 6, 66 Abs. 4 GKG zulässige weitere Beschwerde ist begründet. Das AG hatte den Wert - abgesehen von einem für die Widerklage in Höhe von 105,24 EUR gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG außer Ansatz bleibenden Wert - der Höhe nach im Ergebnis zutreffend festgesetzt. Wegen der Wertfestsetzung im Einzelnen wird auf den Beschluss des AG Bezug genommen.

Das LG hat ebenfalls noch zutreffend den Gebührenstreitwert nach den §§ 40, 48 GKG, 9 ZPO bestimmt. Gemäß § 9 Satz 2 ZPO ist aber bei behebbaren Mängeln, deren Beseitigung der Mieter auch nur außerprozessual ernsthaft begehrt, für die Wertfestsetzung auf eine bestimmte Dauer des Minderungsrechts abzustellen, die hier mit einem Jahr angenommen werden kann.

§ 48 Abs. 1 GKG verweist auf die Regelungen der ZPO, "soweit nichts anderes bestimmt ist". Gemäß § 9 Satz 1 ZPO berechnet sich der Wert eines Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezugs. Gemäß § 9 Satz 2 ist bei bestimmter Dauer des Bezugs der Gesamtbetrag maßgeblich, wenn er geringer ist. Für den Anspruch auf Feststellung eines bestimmten Minderungsbetrages findet sich im GKG keine gesonderte Regelung, so dass gemäß § 48 GKG auf § 9 ZPO abzustellen ist.

Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 41 Abs. 5 GKG (so noch KG, 8 W 96/13, 06.01.2014, zitiert jeweils nach juris, mit Nachweisen zur bisherigen Rechtsprechung und zum Meinungsstand) dürften nicht (mehr) vorliegen (ebenso OLG Frankfurt/Main, 2 W 61/14, 10.09.2014; OLG Karlsruhe, 10 W 18/13, 20.09.2013).

Die im Zuge des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes 2004 eingeführte Fassung des § 41 Abs. 5 GKG regelt konkret benannte Tatbestände, nämlich Ansprüche auf Mieterhöhung, Ansprüche des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen und Ansprüche des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen. Für diese Ansprüche wird abweichend von der allgemein nach den Vorschriften der ZPO maßgeblichen Wertbemessung eine konkrete Berechnung vorgeschrieben, die für den Gebührenstreitwert eines Anspruchs des Mieters auf Instandsetzung bzw. Mangelbeseitigung den Jahresbetrag einer angemessenen Minderung als maßgeblich bestimmt. Die Intention des Gesetzgebers bestand erklärtermaßen darin, eine bis dahin streitige Rechtsfrage über den Wert der vorgenannten Ansprüche ...

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