Leitsatz (amtlich)

1. Auch Kulturgüter eines fremden Staates könnten unter die allgemeine Staatenimmunität fallen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie im Staatseigentum des fremden Staates stehen und über eine staatliche Untergliederung (hier: Nationalmuseum in Damaskus/Syrien) einem bundesdeutschen Landesmuseum zu Ausstellungszwecken zur Verfügung gestellt werden.

2. Einer besonderen Darlegung des ausländischen Staates, dass er die Kunstgegenstände zu hoheitlichen und nicht zu privaten Zwecken zur Verfügung gestellt hat (vergleiche hierzu BGH MDR 20 10,109), bedarf es ausnahmsweise dann nicht, wenn ausländisches Staatseigentum über ein Nationalmuseum einer von einem deutschen Bundesland organisierten Ausstellung übergeben wird, weil der verfolgte Zweck - die Verbreitung des Kulturgutes des ausländischen Staates - auf der Hand liegt.

3. Die Frage, ob ausländische Kulturgüter nach Völkergewohnheitsrecht Immunitätsschutz genießen, muss nach der Entscheidung des BGH vom 1.10.2009 zu VII ZB 37/08, MDR 2010, 109 nicht mehr dem BVerfG gem. Art. 100 Abs. 2 GG zur Entscheidung vorgelegt werden, weil die Frage für die Bundesrepublik Deutschland entschieden ist und ernst zu nehmende Zweifel ausländischer oder internationaler Gerichte oder Autoren daran bisher nicht geltend gemacht werden.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 04.02.2010; Aktenzeichen 13 O 48/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Berlin vom 4.2.2010 - 13 O 48/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Arrestverfahrens wird für beide Instanzen - in teilweiser Abänderung der landgerichtlichen Streitwertfestsetzung - auf 10.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der Antragsteller gehört zu den Opfern des terroristischen Anschlags vom 27.8.1983 auf das damalige französische Kulturzentrum "Maison de France" in Berlin-Charlottenburg. Er beantragt, einen Schmerzensgeldteilanspruch i.H.v. 10.000 EUR gegen die Antragsgegnerin durch einen dinglichen Arrest zu sichern, der durch Pfändung zweier im Landesmuseum Baden-Württemberg in Stuttgart ausgestellter Kunstgegenstände, die im Staatseigentum der Antragsgegnerin stehen, vollzogen werden soll.

Das LG hat mit der angefochtenen Entscheidung den Antrag auf Erlass eines dinglichen Arrestes zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, der das LG nicht abgeholfen hat. Im Beschwerdeverfahren verfolgt der Antragsteller sein erstinstanzliches Begehren weiter und beantragt zusätzlich, die Frage, ob Kulturgüter nach Völkergewohnheitsrecht Immunitätsschutz genießen, im Wege des Normenverifikationsverfahrens nach Art. 100 Abs. 2 GG dem BVerfG vorzulegen.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das LG hat den Antrag des Antragstellers auf Erlass eines dinglichen Arrests zu Recht zurückgewiesen.

Hierbei kann dahin stehen, ob der Antrag des Antragstellers überhaupt der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt oder ihm gemäß den allgemeinen Regeln des Völkerrechts i.V.m. Art. 25 S. 2 GG die Staatenimmunität der Antragsgegnerin entgegensteht. Der Antragsteller stützt seinen Anspruch darauf, dass der wegen dieses Anschlags rechtskräftig verurteilte deutsche Terrorist W bei der Planung und Durchführung dieses Anschlags von der Antragsgegnerin dadurch Unterstützung erhalten hat, dass die den Anschlag ausführende Gruppe mit syrischen Diplomatenpässen ausgestattet gewesen und der für den Terroranschlag benötigte Sprengstoff im Keller der damaligen Botschaft der Antragsgegnerin in Ostberlin aufbewahrt worden sei. Des Weiteren soll der Terrorist W auch im Übrigen von dem damaligen Botschaftsmitarbeiter der Antragsgegnerin, Sh, der deshalb rechtskräftig wegen Beihilfe zum Mord und zum fünffachen versuchten Mord verurteilt worden ist, logistische Unterstützung erhalten haben.

Auf die Frage, ob für einen aufgrund dieses Sachverhalts geltend gemachten Schadensersatzanspruchs einer Inanspruchnahme der Antragsgegnerin die Staatenimmunität entgegensteht, kommt es im Ergebnis nicht an. Einen ausdrücklichen Immunitätsverzicht der Antragsgegnerin hat der Antragsteller selbst nicht behauptet. Im Übrigen werden zu der Frage, wie eine solche Tätigkeit eines fremden Staates einzuordnen ist, verschiedene Auffassungen vertreten (vgl. insoweit die Darstellung bei KGReport Berlin, 2002, 356). Ebenso wenig ist entscheidend, ob der Antragsteller mit diesem Vorbringen einen durchsetzbaren Arrestanspruch gem. §§ 916 ff. ZPO gegen die Antragsgegnerin hinreichend glaubhaft gemacht hat, was das LG bereits verneint hat. Auch auf die Frage, ob ein etwaiger Anspruch des Antragstellers jedenfalls mittlerweile verjährt sein könnte, wie es das LG angenommen hat, kommt es im Ergebnis nicht entscheidend an, wobei der Senat jedenfalls die antizipierte Annahme der Erhebung der Einrede der Verjährung angesichts der seit 2004 laufenden Verhandlungen des Antragstellers mit der Antragsgegnerin unter Beteiligung des Auswärtigen Amtes für nicht völlig bedenkenfrei hält.

Entscheidend für de...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge