Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 05.05.2003; Aktenzeichen 10 O 206/03)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG Berlin vom 5.5.2003 – 10 O 206/03 – geändert:

Im Wege der einstweiligen Verfügung wird Folgendes angeordnet:

1. Die Antragsgegnerin hat die ihr zur restaurativen Bearbeitung überlassenen Original-Stahlbaubauteile des Bauvorhabens Olympiastadion Berlin gemäß folgender Auflistung an einen vom Gericht zu bestellenden Gerichtsvollzieher zur anschließenden Übergabe an die Antragstellerin herauszugeben.

Nr.:

Beschreibung:

Menge:

1.

Geländer Achse A, Ebene +1

– Geländer – komplett

51 Stück

– Pfosten

15 Stück

2.

Geländer Achse A, Ebene 0

– Handläufe

12 Stück

– zu Handläufen zugehörige Pfosten

8 Stück

3.

Scherengitter (einschl. oberer Führungsschiene)

11 Stück

4.

Fackelleuchten

– kleine Fackelleuchten der Treppenhäuser

31Stück

– mittlere Fackelleuchten der Achse A, Ebene O

70 Stück

– zu Fackelleuchten zugehörige Lampenschirme

112 Stück

– große Fackelleuchten mit Bodeneinstand der Achse A, und Ebene +1

22 Stück

– zu Fackelleuchten zugehörige Lampenschirme

89 Stück

5.

Mundlochtore

– Gittertore

25 Stück

– zu Gittertoren zugehörige Pfosten

20 Stück

6.

Ehrentribüne

– Geländer Treppenaufgang

22 m

– Handlauf Treppenaufgang

24 m

– Geländer von Treppenaufgängen Ebene 0 bis Ebene +1

50 m

– Handläufe Treppenaufgänge

36 m

– Scherengittertore

2 Stück

2. Die Verpflichtung zur Herausgabe der unter 1. aufgeführten Gegenstände wird davon abhängig gemacht, dass die Antragstellerin zuvor Sicherheit gem. § 648a BGB i.H.v. 103.194,21 Euro leistet und dies dem Gerichtsvollzieher nachweist.

II. Im Übrigen werden die Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen.

III. Die weiter gehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz und des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin 1/4 und die Antragsgegnerin 3/4 bei einem Wert von bis zu 105.000 Euro zu tragen.

V. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) führt zur Änderung des angefochtenen Beschlusses, nach dessen Inhalt das LG den Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen hat.

Das Berufungsgericht ist zu einer eigenen Entscheidung betreffend den Erlass der einstweiligen Verfügung gem § 572 Abs. 4 ZPO befugt.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Herausgabe an die Antragstellerin ist als Leistungsverfügung (§ 938 ZPO) zulässig, auch wenn damit dem Begehren auf Wiedereinräumung des unmittelbaren Besitzes bereits in vollem Umfang entsprochen wird. Denn die Antragstellerin hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie die herausverlangten Gegenstände zur weiteren Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen ggü. dem Bauherrn benötigt. Von daher kam eine Sequestration nicht in Betracht. Das LG Berlin und somit auch das KG als Beschwerdegericht sind nach der von den Parteien getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung (Ziff. 13.2 des Nachunternehmer-Verhandlungsprotokolls vom 12.11.2001) i.V.m. § 937 Abs. 1 ZPO zuständig. Die herausverlangten Gegenstände sind hinreichend bestimmt. Sie sind als „Stahlbauteile des Bauvorhabens Olympiastadion Berlin” ausreichend individualisierbar und damit als Gegenstand der Zwangsvollstreckung geeignet.

Die Antragstellerin hat den Verfügungsgrund und Verfügungsanspruch (§§ 936, 916 ff. ZPO) hinreichend glaubhaft gemacht (§§ 936, 920 Abs. 2 ZPO).

Aus dem eingereichten Herstellungsvertrag zwischen dem Land Berlin und der Antragstellerin (Auszug) ergibt sich, dass die Antragstellerin im Falle der Nichteinhaltung des vereinbarten Fertigstellungstermins (30.6.2004) mit einer beträchtlichen Vertragsstrafe rechnen muss (§ 9 ZPO), die sich auf 56.107,13 Euro pro Tag beläuft.

Aus der gutachterlichen Stellungnahme des Dr.-Ing. R. vom 28.4.2003 ergibt sich ferner, dass infolge der Nichtherausgabe der Geländer bereits erhebliche Störungen des Bauablaufs eingetreten sind. Da die Antragsgegnerin insolvent ist, kann die Antragstellerin nicht mehr im Wege des Regress erfolgversprechend gegen die Antragsgegnerin vorgehen, sollte diese die Terminüberschreitung durch unberechtigte Vorenthaltung der herausverlangten Gegenstände zu vertreten haben. Von daher ist eine zügige Entscheidung über das Herausgabeverlangen der Antragstellerin geboten, die in einem Hauptsacheverfahren nicht gewährleistet ist. Von daher kann der Antragstellerin nicht vorgeworfen werden, sie habe das Hauptsacheverfahren nicht unverzüglich nach Ablauf der Frist zur Herausgabe (19.9.2002) betrieben.

Die Antragstellerin hat den erforderlichen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht. Fest steht, dass der maßgebliche Werkvertrag (Nachunternehmervertrag Nr. 1-099-2001) vom 7.12.2001 infolge der beiderseitigen Kündigungen der Parteien vom 27.8.2002 und 10.9.2002 beendet ist. Demzufolge hat die Antragsgegnerin die ihr von der Antragstellerin zum Zwecke der Ausführung der Restaurierungsarbeiten ausgehändigten Metallgegenstände unverzügli...

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