Entscheidungsstichwort (Thema)

Veranlassung zur Klageerhebung bei Anerkennung des Anspruchs auf Abdruck einer Gegendarstellung im Verlauf des Verfahrens

 

Normenkette

Berliner LPG § 10; ZPO §§ 93, 99 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 26.02.2002; Aktenzeichen 27 O 144/02)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin werden die Kostenentscheidungen im Beschluss des LG Berlin vom 26.2.2002 – 27 O 144/02 – und im Anerkenntnisteil- und 27. Schlussurteil des LG Berlin vom 19.3.2002 – 27 O 144/02 – unter Zurückweisung der weiter gehenden sofortigen Beschwerde teilweise geändert.

Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin 1/4 und die Antragsgegnerin 3/4 zu tragen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf über 3.000 Euro bis 3.500 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. In der von der Antragsgegnerin herausgegebenen Tageszeitung „N.D.” vom 14.2.2002 wurde über eine Betrugsanzeige gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin und dessen angebliche Reaktion berichtet. Die Antragstellerin hat vorprozessual und mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung den Abdruck einer Gegendarstellung des Inhalts verlangt, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren bereits mit Schreiben vom 26.11.2001 eingestellt und ihr Geschäftsführer die ihm zugeschriebene Äußerung nicht getätigt hat. Nachdem die einstweilige Verfügung durch Beschluss erlassen worden ist, hat die Antragsgegnerin erstmals im Widerspruchstermin eingewandt, dass gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens Beschwerde eingelegt worden sei. Die Antragstellerin hat daraufhin hilfsweise die Veröffentlichung einer entspr. ergänzten Gegendarstellung verlangt und die Antragsgegnerin hat diesen Hilfsantrag anerkannt. Das LG hat durch Anerkenntnisteil- und Schlussurteil die einstweilige Verfügung nach Maßgabe des Hilfsantrages bestätigt und i.Ü. aufgehoben und hat der Antragsgegnerin die weiteren Kosten des Verfahrens auferlegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 99 Abs. 2 ZPO zulässig (OLG Schleswig JurBüro 1986, 107; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 99 Rz. 11 m.w.N.) und hat in der Sache teilweise Erfolg. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sind gem. § 92 Abs. 1 ZPO der Antragstellerin 1/4 und der Antragsgegnerin 3/4 aufzuerlegen.

Soweit die Antragsgegnerin auf den Hilfsantrag entspr. ihrem Anerkenntnis verurteilt worden ist, hat das LG § 93 ZPO zu Recht nicht angewandt, weil die Antragsgegnerin Veranlassung zur Beantragung der einstweiligen Verfügung gegeben hat.

Demjenigen, der einem außergerichtlichen Verlangen nach Abdruck einer Gegendarstellung nicht nachkommt, ohne einen tragenden Ablehnungsgrund mitzuteilen, und dann im Laufe des Verfahrens das Abdruckverlangen in einer geänderten Fassung anerkennt, kann eine Veranlassung zur Verfahrenseinleitung i.S.d. § 93 ZPO angelastet werden. Angesichts des weiten Beurteilungsspielraums, von dem die materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Gegendarstellungsanspruches abhängen, wäre der Betroffene sonst einem unzumutbaren Kostenrisiko ausgesetzt. Der Senat hält hierzu an seiner – bereits vom LG zitierten – Entscheidung (KG Berlin v. 10.11.1998 – 9 W 5636/98, KGReport Berlin 2001, 86 m.w.N.) fest.

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin den einzig stichhaltigen Grund für eine Ablehnung des ursprünglichen Abdruckverlangens, nämlich dass die ursprüngliche Fassung der Gegendarstellung ohne Hinweis auf die Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluss irreführend war, vorprozessual nicht geltend gemacht. Sie kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, erst einen Tag vor der Widerspruchsverhandlung von der Beschwerde erfahren zu haben, weil ihr bei der Veröffentlichung ihres Artikels die Namen des Anzeigenerstatters und der Beschuldigten sowie Aktenzeichen und Ermittlungsführer unbekannt gewesen seien. Zum einen hätte sie dann subjektiv von einer Verpflichtung zum Abdruck der Gegendarstellung ausgehen müssen. Zum anderen kann es die Antragsgegnerin nicht entlasten, wenn sie den in Bezug genommenen, ein halbes Jahr zurückliegenden Bericht des WDR ungeprüft übernommen und nicht weiter recherchiert hat.

Eine Veranlassung der Antragsgegnerin für die Einleitung des Verfahrens ist nicht deshalb zu verneinen, weil die Antragstellerin den Hinweis der Antragsgegnerin auf die eingelegte Beschwerde nur mit ihrem Hilfsantrag aufgegriffen hat. Dass sie, nachdem das Verfahren einmal lief, ihr ursprüngliches Begehren weiterverfolgt hat, lässt nicht zwingend darauf schließen, dass sie den Erlass einer einstweiligen Verfügung auch dann beantragt hätte, wenn ihr die Antragsgegnerin vorprozessual den Abdruck der Gegendarstellung mit dem ergänzenden Hinweis angeboten hätte.

Die mit dem Hilfsantrag verlangte Gegendarstellung stellt auch keinen gänzlich abweichenden Streitgegenstand dar, sondern ein „Minus” ggü. dem ursprünglichen Abdruckverlangen, dessen Aussagegehalt durch die Ergänzung relativiert wird. Aus diesem Grunde kann aber – abwe...

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