Leitsatz (amtlich)

Die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO setzt nicht voraus, dass die schuldhafte Zuwiderhandlung noch im Zeitpunkt der Beantragung eines Ordnungsmittels durch den Gläubiger (oder gar im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Ordnungsmittelantrag) vorliegt.

 

Normenkette

ZPO § 890

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 21.08.2023; Aktenzeichen 16 O 67/18)

BGH (Beschluss vom 22.07.2021; Aktenzeichen I ZR 199/20)

KG Berlin (Urteil vom 06.10.2020; Aktenzeichen 5 U 72/19)

LG Berlin (Beschluss vom 06.06.2019; Aktenzeichen 16 O 67/18)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 21.08.2023 - 16 O 67/18 - wird mit auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

 

Gründe

A. Mit nach Zurückweisung der Berufung der Beklagten durch den Senat mit Urteil vom 06.10.2020 - 5 U 72/19 - und nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten durch den Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 22.07.2021 - I ZR 199/20 - insoweit (und insgesamt) rechtskräftig gewordenem Urteil des Landgerichts vom 06.06.2019 - 16 O 67/18 - ist die Beklagte - soweit vorliegend von Interesse - verurteilt worden,

es bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über das Internet ohne behördliche Erlaubnis in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit anzubieten und/oder zu verschaffen, öffentliche, kostenpflichtige Casino- und/oder Automatenspiele mit zufallsabhängiger Gewinnmöglichkeit einzugehen und/oder abzuschließen, sei es durch Abschluss eines Spielvertrages mit ihr selbst oder mit Dritten, wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben: [es folgt die Einblendung von Screenshots wie in Anlage 1 zum landgerichtlichen Urteil].

Mit Schriftsatz vom 22.02.2023 (Bd. III Bl. 101 ff. d. A.; bekräftigt durch Schriftsatz vom 26.06.2023, Bd. III Bl. 136 ff. d. A.) hat die Klägerin beantragt, gegen die Beklagte wegen Verstoßes gegen die vorstehend genannte Unterlassungspflicht Ordnungsmittel festzusetzen, wobei das in das Ermessen des Gerichts gestellte Ordnungsgeld 40.000,- Euro nicht unterschreiten sollte. Die Beklagte ist diesem Antrag mit Schriftsatz vom 12.05.2023 entgegengetreten (Bd. III Bl. 121 ff. d. A.).

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 21.08.2023 (Bd. III Bl. 147 ff. d. A.) gegen die Beklagte wegen Verstoßes gegen die vorstehend genannte Unterlassungspflicht ein Ordnungsgeld in Höhe von 50.000,- Euro, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 10.000,- Euro einen Tag Ordnungshaft, verhängt.

Dieser Beschluss ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 01.09.2023 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem beim Landgericht am 15.09.2023 eingegangen Schriftsatz vom selben Tage sofortige Beschwerde eingelegt (Bd. III Bl. 162 d. A.) und diese mit Schriftsatz vom 29.09.2023 (Bd. III Bl. 164 ff. d. A.) begründet. Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 04.10.2023 (Bd. III Bl. 169 f. d. A.) unter Vorlage an das Kammergericht nicht abgeholfen.

B. Die sofortige Beschwerde der Beklagten hat keinen Erfolg.

I. Über sie ist durch den Senat in der gemäß § 122 Abs. 1 GVG vorgeschriebenen Besetzung als Kollegialorgan zu entscheiden, § 568 Abs. 1 ZPO. Den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht in Kollegialbesetzung getroffen.

II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gemäß §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Alt. 1, Abs. 2 ZPO zulässig.

III. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat gegen die Beklagte zu Recht ein Ordnungsgeld in Höhe von 50.000,- Euro - und ersatzweise einen Tag Ordnungshaft je 10.000,- Euro Ordnungsgeld - verhängt, § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

1. Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen, so ist er nach § 890 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen.

2. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Verhängung von Ordnungsmitteln waren zur Zeit der von der Klägerin und Gläubigerin mit ihrem Antrag vom 22.02.2023 geltend gemachten Zuwiderhandlung der Beklagten und Schuldnerin gegen die Unterlassungsverpflichtung erfüllt.

a. Die durch das Urteil des Landgerichts vom 06.06.2019 titulierte, oben unter A. wiedergegebene Verpflichtung der Beklagten stellt eine Verpflichtung im Sinne von § 890 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO dar, eine Handlung zu unterlassen.

b. Die nach § 890 Abs. 2 ZPO vor der Verhängung eines Ordnungsmittels erforderliche Androhung von Ordnungsmitteln ist in dem Urteil des Landgerichts enthalten.

c. Das Urteil des Landgerichts ist rechtskräftig und damit unbedingt vollstreckbar (vgl. § 704, § 705 Satz 1 ZPO). Die von der Beklagten nach ihrem Vortrag (vgl. den Schriftsatz vom 12.05.2023, dort S. 4 = Bd. II...

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