Rz. 1

Abs. 1 trägt dem Umstand Rechnung, dass gem. Abs. 3 eine Beschwerde grundsätzlich (Ausnahme bei Festsetzung eines Zwangsgeldes) keine aufschiebende Wirkung hat (s. § 73 GBO Rdn 20) und damit auch zu keiner Sperre des Grundbuchs führt. Daher verliert ein Eintragungsantrag mit seiner Zurückweisung die durch den Eingang beim Grundbuchamt erreichte Rangstellung.[1] Entsprechend können später eingegangene Anträge erledigt werden und so den mit der Beschwerde erstrebten Erfolg vereiteln.[2] Das Grundbuchamt kann auch trotz Einlegung einer Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung zwischenzeitlich den gestellten Eintragungsantrag endgültig zurückweisen.[3] Daher gibt Abs. 1 dem Beschwerdegericht die Möglichkeit, vor der Beschwerdeentscheidung eine einstweilige Anordnung zu erlassen, um die dem Beschwerdeführer etwa entstehenden Nachteile bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel zu verhindern. Ergänzend bestimmt Abs. 2 die Folgen der Rücknahme bzw. Zurückweisung der Beschwerde auf die im Wege der einstweiligen Anordnung vorgenommenen Eintragungen.

 

Rz. 2

Die Vorschrift findet hauptsächlich Anwendung, wenn es sich um eine Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Eintragungsantrags oder gegen eine Eintragung handelt, ohne dass andere Fälle damit ausgeschlossen wären. So kann beispielsweise ein Notar, dem bei einem Grundstücksgeschäft mit Umschreibung des Eigentums ein selbstständiger Vollzugsauftrag erteilt wird, nach Erhalt einer Zwischenverfügung des Grundbuchamtes, durch das unter Verweis auf § 1365 Abs. 1 BGB die Eintragung einer Rechtsänderung abgelehnt wird, einen Antrag nach § 76 GBO anregen.

 

Rz. 3

Ein Bedürfnis für eine einstweilige Anordnung nach § 76 GBO besteht regelmäßig nicht,

wenn die Beschwerde ausnahmsweise aufschiebende Wirkung hat, nämlich gem. Abs. 3 bei einem Rechtsmittel gegen die Anordnung eines Zwangsgeldes,
wenn eine Eintragung erst nach Rechtskraft der Entscheidung des Grundbuchamts erfolgen kann (§ 87 lit. c GBO),
oder wenn sich an die Eintragung, gegen die sich die Beschwerde wendet, kein gutgläubiger Erwerb anschließen kann.

§ 76 GBO schließt auch in Grundbuchsachen nicht die Möglichkeit des Erlasses einer selbstständigen einstweiligen Anordnung gem. §§ 49 ff. FamFG durch das Grundbuchamt oder das Rechtsmittelgericht aus (vgl. Rdn 5).[4]

[1] BayObLG FGPrax 2004, 209.
[2] KG JW 1931, 1044.
[3] KGJ 51, 276.
[4] Meikel/Schmidt-Räntsch, § 76 Rn 2 f.

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