Rz. 3

Abs. 1 enthält den Grundsatz der gesonderten Buchung jedes einzelnen Grundstückes auf einem eigenen Grundbuchblatt (Grundsatz des sog. Realfoliums). Ausnahmen von diesem Grundsatz regelt § 4 GBO.

Widersprechende Doppelbuchungen von Grundstücken nehmen nicht am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil.[5] Sie müssen nach § 38 GBV beseitigt werden; eine Löschung einer der sich widersprechenden Eintragungen kommt nicht in Betracht.[6]

Das Grundbuchblatt ist nach Abs. 1 S. 2 als "das Grundbuch" i.S. des BGB anzusehen. Die Vorschriften des BGB, die von Eintragungen im Grundbuch sprechen und daran materielle Wirkungen knüpfen (vgl. §§ 873, 875, 879 bis 883, 891, 892 BGB) werden durch §§ 3 und 4 GBO ergänzt; sie regeln, was unter dem "Grundbuch" i.S. dieser Vorschriften zu verstehen ist. Nicht das gesamte Grundbuch des Grundbuchamtes, nicht das Grundbuch eines Grundbuchbezirkes, sondern nur das Grundbuchblatt des Grundstücks bildet sein Grundbuch i.S.d. materiell-rechtlichen Vorschriften. Hier müssen die in §§ 873, 875 BGB vorgesehenen Rechtsänderungen eingetragen werden, um materiell wirksam zu sein und um die Vermutungen des § 891 BGB zu begründen; der Inhalt dieses Blattes allein ist für den öffentlichen Glauben des Grundbuchs maßgebend.

In diesem Zusammenhang ist es auch fragwürdig, wenn § 5 Abs. 2 S. 4 GGV die Eintragung von Verfügungsbeeinträchtigungen in Bezug auf einen Gebäudeeigentümer nicht im Gebäude-, sondern in Abt. II des Grundstücksgrundbuches bei der sog. Korrespondenzeintragung (§§ 5, 6 GGV) anordnet (dazu siehe § 5 GGV Rdn 6).

 

Rz. 4

Andererseits bildet das ganze Blatt das Grundbuch im materiell-rechtlichen Sinne, und zwar ohne Rücksicht auf die Einteilung in Abteilungen (§ 4 GBV).[7] Diese Einteilung beruht auf technischen Vorschriften, die zur Erleichterung der Übersicht gegeben sind (vgl. die Bem. zu § 4 GBV), aber keine materielle Bedeutung haben. Eine Hypothek ist wirksam entstanden, auch wenn sie versehentlich etwa in Abt. II anstatt in Abt. III gebucht ist. Doch ist im Falle einer an unrichtiger Stelle erscheinenden Buchung immer genau zu prüfen, ob es sich wirklich um eine Buchung i.S. des materiellen Rechts handelt und nicht vielleicht nur um eine hinweisende Bemerkung. Nur ausnahmsweise, wenn nämlich das materielle Recht selbst einer Eintragung einen bestimmten Platz im Grundbuch zuweist, wie etwa im Falle des § 881 Abs. 2 Hs. 2 BGB, muss die Eintragung zur Erreichung materieller Wirksamkeit auch an dieser Stelle des Blattes erfolgen.

Das materielle Recht allein entscheidet darüber, welches Grundbuchblatt für die Eintragung in Frage kommt; § 3 GBO sagt hierüber nichts. Aus den Vorschriften des §§ 873 ff. BGB folgt, dass stets das Blatt des betroffenen Grundstücks gemeint ist, bei Belastungen also das Blatt des belasteten Grundstücks. Das gilt auch für subjektiv-dingliche Rechte; der nach § 9 GBO vorgesehene Vermerk solcher Rechte auf dem Blatt des herrschenden Grundstücks hat keine materielle Bedeutung, sondern verfolgt andere Zwecke (vgl. dazu § 9 GBO Rdn 1).

[5] Allgemeine Meinung: RGZ 56, 58; BGH MDR 1969, 469; BGHZ 174, 61 = NJW 2007, 3777 = Rpfleger 2008, 60 (Wohnungseigentum); Staudinger/Gursky, § 892 Rn 29.
[6] OLG Frankfurt/M. FGPrax 2017, 153; eingehend Meikel/Böttcher, Vorbem zu § 38 GBV Rn 1; Lemke/Schneider, § 3 Rn 22 ff.
[7] Lemke/Schneider, § 3 Rn 13, 14.

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