Rz. 88

Die Fälle des völligen Entzugs der Verfügungsbefugnis haben drei gemeinsame Besonderheiten:[216]

Erstens: Der Rechtsinhaber verliert seine Verfügungsbefugnis, die regelmäßig einem Verwalter übertragen wird.

Zweitens: Die Beschränkungen wirken absolut, zwar nur im Rahmen ihres Schutzzweckes, aber mit der Wirkung einer Grundbuchsperre.

Drittens: Der gutgläubige Erwerber wird geschützt (§ 892 Abs. 1 S. 2 BGB), deshalb ist die Eintragungsfähigkeit zu bejahen.

Für die Rechtspraxis sind vier Einzelfälle der Verfügungsentziehung besonders zu nennen:

 

Rz. 89

Der Insolvenzvermerk (§ 32 InsO) wird auf Ersuchen des Insolvenzgerichts (§ 32 Abs. 2 S. 1 InsO) oder auf Antrag des Insolvenzverwalters (§ 32 Abs. 2 S. 2 InsO) unter Vorlage des Eröffnungsbeschlusses (§ 27 InsO) und der Bestallungsurkunde (§ 56 Abs. 2 InsO) eingetragen;[217] er ist auch bei Insolvenzeröffnung im Ausland einzutragen, wenn nach Kollisionsrecht inländisches Vermögen erfasst ist (Art. 14, 29 EuInsVO; § 346 InsO).[218]
Der Vermerk über Nachlassverwaltung (§§ 1975 ff., 1984 BGB) wird auf Antrag des Nachlassverwalters im Wege der Grundbuchberichtigung ohne Zustimmung der Erben unter Vorlage des Anordnungsbeschlusses (§§ 1981, 1983 BGB) oder auf Ersuchen des Nachlassgerichts, das dazu ebenfalls verpflichtet ist, eingetragen (vgl. hierzu § 38 GBO Rdn 23).[219]
Der Testamentsvollstreckervermerk (§§ 2197 ff., 2211 BGB) wird von Amts wegen (§ 52 GBO) gleichzeitig mit Eintragung des Erben – nicht ohne sie[220] – ohne Namen des Testamentsvollstreckers und ohne Angabe seiner Befugnisse eingetragen; nur bei Testamentsvollstreckung nach § 2222 BGB zur Wahrnehmung der Rechte des Nacherben ist diese Aufgabe zu vermerken.[221] Der Testamentsvollstrecker kann auf die Eintragung des Vermerks nicht verzichten.[222]
Der Vermerk über den Entzug des Verfügungsrechts des Vorerben (§§ 2129, 1052 BGB) wird nicht von Amts wegen, sondern auf Antrag des Nacherben oder des Verwalters im Wege der Grundbuchberichtigung unter Vorlage des Anordnungsbeschlusses eingetragen.[223]
[216] Grundlegend zur Systematik Meikel/Böttcher, GBO, nach § 20 Rn 59 ff.; Bauer/Schaub/Lieder, AT H Rn 15 ff.
[217] Eingehend Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn 1632 ff.; Frege/Keller/Riedel, Rn 796 ff.; K. Schmidt/Keller, InsO, § 32 Rn 27 ff.
[218] Grundlegend BGHZ 95, 256; eingehend HK-InsO/Swierzczok, InsO, § 346 Rn 7 ff.
[219] Staudinger/Dobler, BGB, § 1984 Rn 13; a.A. nur Nachlassverwalter, Nachlassgericht ist nicht berechtigt MüKo-BGB/Kipper, § 1983 Rn 2; Grüneberg/Weidlich, BGB, § 1983 Rn 2.
[220] KG DNotZ 1956, 195.
[221] KG JW 1938, 1411.
[222] Demharter, GBO, § 52 Rn 15. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn 3466.
[223] MüKo-BGB/Lieder, § 2129 Rn 3; Erman/M. Schmidt, BGB, § 2129 Rn 2; Grüneberg/Weidlich, BGB, § 2129 Rn 1.

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