Rz. 189

Wie auch im allgemeinen Grundbuchverfahren ist bei der Erbbaurechtsbestellung streitig, ob das Grundbuchamt die verdinglichten Vereinbarungen über das Rechtsverhältnis zwischen Eigentümer und Erbbauberechtigten der AGB-Kontrolle (§§ 305310 BGB) unterziehen muss, wenn die Voraussetzungen des § 305 BGB vorliegen.[803] Gerade beim Erbbaurecht ist diese Frage relevant, da Gebietskörperschaften und Kirchen als Grundstückseigentümer standardisierte Verträge verwenden.[804] Folgende Maßgaben sind zu überlegen:

Ob und in welchem Umfang diese Vereinbarungen AGB sind und ob sie z.B. auf die Bemessung des Erbbauzinses (der keiner AGB-Kontrolle unterliegt) einen Einfluss ausgeübt haben, wird das Grundbuchamt selten mit Sicherheit feststellen können. Bspw. kann die Vereinbarung einer Gemeinde mit einem Erbbauberechtigten, nach welcher die Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts verweigert werden kann, wenn der Kaufpreis den Verkehrswert des Gebäudes erheblich übersteigt, der Inhaltskontrolle des § 307 BGB standhalten, wenn die Vergabe der Grundstücke an sozial Schwächere erfolgt ist und außer den nach sozialen Gesichtspunkten bemessenen Erbbauzinsen und einem Betrag für Grundstücksnebenkosten nichts für die Einräumung des Erbbaurechts an die Gemeinde zu zahlen war.[805] Dagegen widerspricht eine formularmäßig verwendete Klausel, wonach die Abwendungsbefugnis des Grundstückseigentümers nach § 27 Abs. 3 ErbbauRG schuldrechtlich oder als Inhalt des Erbbaurechts ausgeschlossen ist, dem gesetzlichen Leitbild des Erbbaurechts und ist nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zweifel unwirksam.[806]
Die §§ 305 ff. BGB gehen davon aus, dass anstelle unwirksamer Vereinbarungen sich der Inhalt des Vertrages nach den gesetzlichen Vorschriften richtet. Solche gibt es beim Erbbaurecht zwischen Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigten nicht. Eine unwirksame Klausel würde also ersatzlos wegfallen. Eine Lückenausfüllung nach §§ 157, 242, 315 BGB kann das Grundbuchamt nicht vornehmen (zu ebendieser Rechtsfolge bei insolvenzrechtlicher Anfechtbarkeit einer Heimfallvereinbarung oben Rdn 179).
Der Erbbauberechtigte selbst, der die Vereinbarung getroffen hat, kann gegen den Grundstückseigentümer auch im Fall der Eintragung die Unwirksamkeit von AGB-Klauseln geltend machen. Sein Sonderrechtsnachfolger ist dadurch geschützt, dass sich der Grundstückseigentümer und der Grundstückserwerber bezüglich der verdinglichten Vereinbarungen nicht auf den öffentlichen Glauben des Grundbuchs berufen können.
[803] Dazu bereits Eickmann, Rpfleger 1978, 1, 4; abl. Staudinger/Rapp, BGB, § 2 ErbbauRG Rn 6; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn 1723; Winkler/Schlögel, Erbbaurecht, § 4 Rn 21; Ertl, Rpfleger 1980, 1, 8.
[804] Staudinger/Rapp, BGB, § 2 ErbbauRG Rn 11a.
[805] OLG München ErbbauZ 2021, 47 m. Anm. Mönig = MittBayNot 2022, 31.
[806] BGH NJW-RR 2019, 755 = MittBayNot 2019, 571 m. Anm. Binkowsi/Mönig = Rpfleger 2019, 381 = ZfIR 2019, 489; dazu Amann, MittBayNot 2019, 539.

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