Leitsatz (amtlich)

1. Die Vereinbarung einer Gemeinde mit einem Erbbauberechtigten in einem formularmäßigen Erbbaurechtsvertrag, wonach die Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts verweigert werden kann, wenn der Kaufpreis den Verkehrswert des Gebäudes erheblich übersteigt, kann der Inhaltskontrolle des § 307 BGB standhalten, wenn die Vergabe der Grundstücke an sozial Schwächere erfolgt ist und außer den nach sozialen Gesichtspunkten bemessenen Erbbauzinsen und einem Betrag für Grundstücksnebenkosten nichts für die Einräumung des Erbbaurechts an die Gemeinde zu zahlen war.

2. Es liegt im Wesen des Erbbaurechts, dass die Regelung im Vertrag über die Zustimmung zu einer Veräußerung und deren Kriterien durchgehend bis zum zeitlichen Ablauf des Rechts gelten.

 

Normenkette

BGB §§ 305, 307; ErbbauRG § 5 Abs. 1, § 7

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3 wird der Beschluss des Amtsgerichts Freising vom 28. Mai 2018 aufgehoben. Der Antrag auf Erteilung der Zustimmung der Beteiligten zu 3 zur Veräußerung des Erbbaurechts der Beteiligten zu 1 und 2 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 3 tragen die Beteiligten zu 1 und 2.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens wird auf 605.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 3, eine bayerische Gemeinde, ist als Eigentümerin eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Sie räumte Mitte der 80er Jahre in einem Bereich des Gemeindegebiets mehreren Erwerbern Erbbaurechte ein.

Am 28.10.1986 hatte die Eigentümerin auf dem streitgegenständlichen Grundstück in diesem Gebiet für die Beteiligten zu 1 und 2 ein Erbbaurecht nach den Bestimmungen der Verordnung über das Erbbaurecht bestellt.

Der Vertrag hat unter anderem folgenden Inhalt:

II. Bestellung des Erbbaurechts ...

2. Bauwerk

Der Erbbauberechtigte ist berechtigt, auf dem Erbbaugelände ein Reihenhaus als Wohngebäude samt Nebengebäude (Garage) zu haben, zu dessen Errichtung ist er auch verpflichtet ...

3. Instandsetzung des Bauwerks

Der Erbbauberechtigte ist verpflichtet, die Gebäude stets in gutem Zustand zu erhalten. Werden Bauwerke ganz oder teilweise zerstört, hat der Erbbauberechtigte sie unverzüglich wiederherzustellen.

4. Verwendung des Bauwerks

Das Reihenhaus ist als eigengenutztes Wohnhaus zu verwenden. ... Die Änderung der Zweckbestimmung des Wohnens bedarf der Zustimmung des Grundstückseigentümers.

...

7. Zustimmung zur Veräußerung und Belastung:

Der Erbbauberechtigte bedarf der Zustimmung des Grundstückseigentümers

a) zur Veräußerung des Erbbaurechts: Dies gilt nicht für die Veräußerung an Verwandte ...; die Zustimmung zur Veräußerung kann insbesondere verweigert werden, wenn der Kaufpreis den Verkehrswert des Gebäudes erheblich übersteigt; ...

...

8. Heimfall

Der Erbbauberechtigte ist verpflichtet, das Erbbaurecht dem Grundstückseigentümer oder einem von diesem zu bestimmenden Dritten auf Verlangen kostenfrei zu übertragen (Heimfallanspruch, wenn a) ...

e) wahrheitswidrige Angaben des Erbbauberechtigten hinsichtlich seiner wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse zur Bestellung des Erbbaurechts führten.

9. Vergütung beim Heimfall

Macht der Grundstückseigentümer von dem Heimfallanspruch Gebrauch, hat er dem Erbbauberechtigten den Verkehrswert der Bauwerke und der mit Grund und Boden verbundenen Anlagen des Erbbauberechtigten zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Heimfallanspruchs zu vergüten. ...

10. Entschädigung nach Zeitablauf

Nach Beendigung des Erbbaurechts durch Zeitablauf hat der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten eine Entschädigung zu leisten in Höhe des Verkehrswerts der Bauwerke und Anlagen im Zeitpunkt der Beendigung des Erbbaurechts. ...

III. Einigung

Die Beteiligten sind einig über die Bestellung des Erbbaurechts gemäß Abschnitt II. dieser Urkunde.

Ein Kaufpreis für das Erbbaurecht war nicht zu zahlen. Außer dem jährlichen Erbbauzins, der mit 3,5 % des Grundstückswertes von 183 DM/m2 ermittelt wurde, war nur vereinbart, dass die Beteiligten zu 1 und 2 an die Beteiligte zu 3 die Grundstücksnebenkosten für die Erschließungsanlagen, Herstellungskosten der Wohn- bzw. Eigentümerwege, des Kinderspielplatzes, der Wasser- und Abwasserversorgung, der Breitbandkabelverlegung sowie Beleuchtungskosten für Gemeinschaftsanlagen, Hausanschlusskosten für Strom- und Gasversorgung in Höhe von 140 DM/m2 zahlen.

Das Erbbaurecht wurde am 19.3.1987 in dem dafür angelegten Erbbaugrundbuch im Bestandsverzeichnis eingetragen wie folgt:

Erbbaurecht an Grundstück ... eingetragen in Abt. II/28; bis zum 31.12.2086;

Zustimmung des Grundstückseigentümers ist erforderlich zur - Veräußerung; Ausnahme: Veräußerung an Verwandte in gerader Linie und Ehegatten sowie für die Erteilung des Zuschlags bei Zwangsversteigerung des Erbbaurechts, die aus einem Grundpfandrecht betrieben wird, das mit Zustimmung des Eigentümers eingetragen wurde;

Belastung mit Grundpfandrechten, ...

Eigentümer: Gemeinde X. gem. Bew. vom 28.10.1986; ...

Mit Vertrag vom 28.9.2018 verkauften die Beteiligten...

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