Leitsatz (nicht amtlich)

Ein Steuerberater ist als Prozessbevollmächtigter von der mündlichen Verhandlung und dem schriftlichen Verfahren vor dem Sozialgericht auszuschließen. Er verfügt weder über eine Vertretungsbefugnis nach § 73 SGG noch über eine Erlaubnis nach dem RBerG.

 

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen den Ausschluss ihres Prozessbevollmächtigten von der mündlichen Verhandlung und dem schriftlichen Verfahren vor dem SG. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist von Beruf Diplomkaufmann und Steuerberater, der eine Erlaubnis nach dem RBerG nicht besitzt. Das SG hat den Prozessbevollmächtigten durch Beschluss vom 30.8.2000 für die mündliche Verhandlung und das schriftliche Verfahren ausgeschlossen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich eine Befugnis des Prozessbevollmächtigten zur Vertretung nicht aus § 73 SGG ergebe; außerdem verstoße der Prozessbevollmächtigte gegen das RBerG, so dass er nicht nur als Bevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen sei, sondern auch von dem schriftlichen Verfahren ausgeschlossen werden müsse. Gegen diesen Beschluss hat die Beschwerdeführerin Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung bringt sie vor: Der Beschluss des SG vom 30.8.2000 sei rechtswidrig. Art. 1§ 5 Nr. 2 RBerG sei mit Wirkung zum 8.9.1998 geändert und Steuerberater den Wirtschaftsprüfern gleichgestellt worden. Außerdem habe sich auch die BfA für eine Vertretungsberechtigung der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Widerspruchsverfahren und Klageverfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ausgesprochen. Auch beanstande die Bundessteuerberaterkammer das Auftreten von Steuerberatern in Rechtsbehelfsverfahren gegen Verwaltungsakte der BfA nicht. Die Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss des SG vom 30.8.2000 aufzuheben. Die Beschwerdegegnerin hat keinen Antrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, ist zulässig, aber unbegründet[1]. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin als Prozessbevollmächtigter von der mündlichen Verhandlung und auch darüber hinaus vom Verfahren insgesamt ausgeschlossen ist.

Gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 SGG kann sich ein Beteiligter durch jede prozessfähige Privatperson vertreten lassen. Nach § 73 Abs. 6 SGG i.V.m. § 157 ZPO sind Bevollmächtigte allerdings in der Verhandlung ausgeschlossen, wenn sie weder Rechtsanwälte noch Mitglieder oder Angestellte von Gewerkschaften oder den in § 73 Abs. 6 S. 3 SGG genannten Vereinigungen mit der Befugnis zur Prozessvertretung sind und dennoch ohne Befugnis fremde Rechtsangelegenheiten vor Gericht geschäftsmäßig besorgen. Der Bevollmächtigte der Klägerin, der weder Rechtsanwalt ist noch zu dem in § 73 Abs. 6 Satz 3 SGG genannten Personenkreis gehört, ist sowohl von der Verhandlung als auch im schriftlichen Verfahren von der Prozessvertretung ausgeschlossen. Dem Bevollmächtigten der Klägerin ist auch nicht nach § 73 Abs. 6 Satz 1 SGG i.V.m. § 157 Abs. 3 ZPO das mündliche Verhandeln gestattet, denn eine entsprechende Befugnis ist ihm nicht durch Anordnung der Justizverwaltung erteilt worden.

Der Bevollmächtigte der Klägerin ist von der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen, da er fremde Rechtsangelegenheiten vor Gericht geschäftsmäßig betreibt. Geschäftsmäßig ist eine selbständige und auf öftere Wiederholung gerichtete Tätigkeit, wobei unerheblich ist, ob sie hauptberuflich oder nebenberuflich, entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt wird. Zur Selbständigkeit muss die Absicht des Handelnden hinzutreten, die betreffende Betätigung in gleicher Art zu wiederholen und sie dadurch zu einem dauernden oder wenigstens zu einem wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen. Schon die erste von derartigen Tätigkeiten kann genügen. Eine gewisse tatsächliche Häufung der Betätigung ist nicht erforderlich[2]. Dies ist hier der Fall, denn der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin begreift sein Tätigwerden als Teil seiner Tätigkeit als Steuerberater; seinen Ausführungen ist zu entnehmen, dass er eine Vertretung durch Steuerberater in Beitragsstreitigkeiten generell für zulässig hält, so dass von einer Wiederholungsabsicht auszugehen ist. Darüber hinaus verstößt das Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin gegen das RBerG. Dieses regelt die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten und macht sie von einer behördlichen Erlaubnis abhängig. Die Erlaubnis wird auf Antrag demjenigen erteilt, der die erforderliche Zuverlässigkeit, persönliche Eignung und genügend Sachkunde besitzt. Das RBerG regelt jede geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, nicht nur das in § 157 ZPO getroffene Auftreten vor Gericht. Rechtsfolge des Verstoßes gegen das RBerG ist der Ausschluss vom Verfahren insgesamt.

Der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin besitzt keine Erlaubnis nach Art. 1 RBerG; er zählt nicht zu den dort genannten Berufen (Rentenberater, Versicherungsberat...

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