Leitsatz

Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. e der 6. EG-RL ist dahin auszulegen, dass er auf Lieferungen von Zahnersatz durch einen Zwischenhändler wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, der weder Zahnarzt noch Zahntechniker ist, den Zahnersatz aber bei einem Zahntechniker erworben hat, nicht anwendbar ist.

 

Normenkette

Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. e der 6. EG-RL (vgl. § 4 Nr. 14 Buchst. b und § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG)

 

Sachverhalt

VDP (Sitz in den Niederlanden), lässt u.a. auf entsprechende Bestellungen von Zahnärzten, die in anderen Mitgliedstaaten und in Drittländern niedergelassen sind, zahntechnische Arbeiten anfertigen, meist in Ländern außerhalb der Gemeinschaft. Die VDP beschäftigt weder Zahntechniker noch Zahnärzte. Für diese Lieferungen machte sie vergeblich den Vorsteuerabzug geltend.

 

Entscheidung

Der EuGH entschied wie im Leitsatz wiedergegeben.

 

Hinweis

1. Die Besprechungsentscheidung ist zwar nicht wegen der konkreten Befreiung von Bedeutung; das UStG weicht insoweit – zulässigerweise – von der Richtlinie ab. Von Bedeutung ist die Entscheidung wegen der Aussage des EuGH, wenn die RL die Befreiung davon abhängig mache, dass die Leistung von einem bestimmten Wirtschaftsteilnehmer ausgeführt wird, die Berufung auf den Neutralitätsgrundsatz nicht hilft.

Das Gemeinschaftsrecht befreit in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. e der 6. EG-RL Dienstleistungen, die "Zahntechniker im Rahmen ihrer Berufsausübung erbringen, sowie die Lieferungen von Zahnersatz durch Zahnärzte und Zahntechniker". (Zur Zulässigkeit abweichender nationaler Regelungen für die Lieferung von Zahnersatz siehe in Rs. C-240/05 – Eurodental Sàrl –, in diesem Heft, S. 149). Die Niederlande hatten bis 1997 die "Lieferungen von Zahntechnikern und Zahnärzten", nach 1997 die "Lieferungen von Zahnersatz" befreit.

Fraglich war, ob die Befreiung in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. e der 6. EG-RL auf Lieferungen von Zahnersatz durch einen Zwischenhändler Anwendung findet, der weder Zahnarzt noch Zahntechniker ist.

2. Art. 13 Teil A der 6. EG-RL befreit nur diejenigen dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer, die dort einzeln aufgeführt und sehr genau beschrieben sind. Zwar gelten diese Befreiungen zugunsten von Tätigkeiten, die bestimmten Zwecken dienen; in den meisten Bestimmungen des Art. 13 Teil A der 6. EG-RL ist die Befreiung zusätzlich davon abhängig, dass die Tätigkeit von einem genau bezeichneten, bestimmten Wirtschaftsteilnehmer ausgeführt wird. Auch insoweit handelt es sich um eigenständige Begriffe des Gemeinschaftsrechts.

3. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. e der 6. EG-RL sieht die Befreiung nur für "die Lieferungen von Zahnersatz durch Zahnärzte und Zahntechniker" vor. Aus dem Wortlaut des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. e der 6. EG-RL ergibt sich somit eindeutig (Rd.Nr. 31), dass diese Vorschrift nicht alle Lieferungen von Zahnersatz von der Mehrwertsteuer befreit, sondern nur diejenigen, die von Angehörigen zweier bestimmter Berufsgruppen erbracht werden, und zwar von "Zahnärzten" und von "Zahntechnikern". Folglich können Lieferungen von Zahnersatz durch einen Zwischenhändler, der kein Zahnarzt oder Zahntechniker ist, nicht in den Anwendungsbereich der in dieser Vorschrift vorgesehenen Steuerbefreiung fallen.

4. Diese Regelung der 6. EG-RL ist eindeutig und entspricht der Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers. Der EuGH lässt deshalb weder das Neutralitätsargument noch die Berufung auf den – schon mehrfach auch durch den EuGH präzisierten – Regelungszweck (Verminderung der Krankheitskosten) gelten (Rd.Nr. 36). Ganz im Gegenteil müsse in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts der Voraussetzungen für die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. e der 6. EG-RL vorgesehene Steuerbefreiung jede Auslegung, die den Wortlaut dieser Vorschrift ausdehnte, als mit ihrem Zweck, wie er vom Gemeinschaftsgesetzgeber festgelegt wurde, unvereinbar angesehen werden (Rd.Nr. 37). Nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL berechtigen deshalb solche Lieferungen zum Vorsteuerabzug.

5. Soweit eine nationale Vorschrift dazu in Widerspruch steht (und nicht durch eine zulässige Ausnahmeregelung gerechtfertigt ist – s.o. unter 1.), kann sich der Steuerpflichtige darauf berufen.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 14.12.2006, Rs. C-401/05 – VDP Dental Laboratory NV –

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