Leitsatz

Der Verwalter von Wohnungseigentum kann nicht durch Mehrheitsbeschluss ermächtigt werden, eine im Gemeinschaftseigentum stehende Fläche an einen Dritten aufzulassen

 

Normenkette

§§ 1 Abs. 5, 10 Abs. 6, 27 Abs. 1, 2, 3 Satz 1 Nr. 7 WEG; § 184 BGB

 

Kommentar

  1. Im vorliegenden Fall wollte der Verwalter unter Hinweis auf einen Mehrheitsbeschluss (und früherer individualvertraglicher Käufervollmachten) eine herausgemessene Teilfläche des gemeinschaftlichen Grundstücks an einen Dritten auflassen, was zu Recht vom Grundbuchamt beanstandet wurde.
  2. In objektiver Auslegung war bereits nicht von einem entsprechenden Ermächtigungsbeschluss nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG auszugehen.
  3. Ungeachtet dessen konnte die Vertretungsmacht des Verwalters auch nicht auf einen Ermächtigungsbeschluss der Eigentümerversammlung gestützt werden.

    § 27 Abs. 1 WEG regelt nicht das Außenverhältnis, sondern allein die Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis, d.h. Rechte und Pflichten des Verwalters gegenüber Wohnungseigentümern wie auch gegenüber der Gemeinschaft.

    § 27 Abs. 2 WEG behandelt den gesetzlichen Mindestvertretungsrahmen eines Verwalters für die Wohnungseigentümer. Hiervon umfasst sind nicht die in diesem Streit gegenständlichen rechtsgeschäftlichen Erklärungen. Eine Erweiterung der Vertretungsmacht ist zwar zulässig, hat vorliegend jedoch nicht stattgefunden; sie erfordert nämlich – bezogen auf einzelne Wohnungseigentümer – individuelle rechtsgeschäftliche Vollmachten.

    Soweit § 27 Abs. 3 WEG dem Verwalter Vertretungsmacht für "die Gemeinschaft der Eigentümer" (den Verband) einräumt, besitzt zwar der Verband die Kompetenz, den Verwalter zur Vornahme sonstiger Rechtsgeschäfte durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss zu ermächtigen. Zuständigkeit des Verbands ist allerdings zu verneinen, wenn ein Verwalter zur Verfügung über Gemeinschaftseigentum ermächtigt werden sollte. Stets muss sich eine solche Ermächtigung auf ein Handeln "im Namen der Gemeinschaft" beziehen. Insoweit muss es um Angelegenheiten gehen, die einen Gemeinschaftsbezug aufweisen bzw. die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums betreffen. Daran fehlt es, wenn sich die Ermächtigung auf individuelle Rechte einzelner oder auch aller Miteigentümer bezieht, wie hier zu Verfügungen über das Gemeinschaftseigentum aller Eigentümer nach § 1 Abs. 5 WEG, welches diesen im Gegensatz zum Verwaltungsvermögen zwingend persönlich – und zwar in Bruchteilsgemeinschaft – zusteht (§ 10 Abs. 1 WEG).

  4. Eine Verfügung über Gemeinschaftseigentum liegt hier gegenständlich nicht nur außerhalb der Verbandsverwaltung, sondern betrifft Rechte, die dem Verband nicht zustehen, die er auch aus eigener Machtvollkommenheit nicht an sich ziehen kann und die überdies auch dessen Handlungsfähigkeit nicht berühren. Es handelt sich auch nicht um Pflichten des Verbands, die gemeinschaftlich im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 3 2. Halbsatz Alternative 2 WEG zu erfüllen wären.
  5. Ungeachtet etwa individualvertraglicher Pflichten der Eigentümer gegenüber dem Bauträger handelt es sich nach wie vor um individuelle Ansprüche im Verhältnis des Bauträgers zu den einzelnen Erwerbern. Wohnungseigentum ist echtes Eigentum; damit ist es ausgeschlossen, die Verfügungsmacht über das Miteigentum durch Mehrheitsbeschluss dem Verband übertragen zu können. Soweit hier die Verfügungsmacht des Verbands über gemeinschaftliches Eigentum in der Vergangenheit dem Grundsatz nach vereinzelt bejaht wurde, dürfte diese Rechtsprechung durch die Neukonzeption der Eigentümergemeinschaft als selbstständiges Rechtsgebilde (vgl. § 10 Abs. 6 WEG) überholt sein.
 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 22.01.2010, 34 Wx 125/09

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