Leitsatz

Der Beklagte schuldete drei minderjährigen Kindern Kindesunterhalt nach § 1601 ff. BGB, der von der Kindesmutter in gesetzlicher Prozessstandschaft ihm gegenüber geltend gemacht wurde. Erstinstanzlich wurde sein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Rechtsverteidigung zurückgewiesen.

Die von ihm hiergegen eingelegte Beschwerde war teilweise erfolgreich, als ihm Prozesskostenhilfe insoweit bewilligt wurde, als er Klageabweisung hinsichtlich eines über 137,00 EUR pro Kind begehrten Betrages beantragte.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach den Beklagten eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit treffe, solange nicht 100 % der Grundbeträge der Düsseldorfer Tabelle von ihm für die Kinder gezahlt werden könne.

Grundsätzlich trage er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er nicht in der Lage sei, diese Beträge aufzubringen.

Nach seinen eigenen Angaben sei zunächst von einem Nettoeinkommen von monatlich 1.318,33 EUR auszugehen. Nach Abzug der Fahrtkosten i.H.v. 197,95 EUR und nach Addition des Steuerfreibetrages von 80,00 EUR verbleibe ein Betrag von 1.200,58 EUR.

Nach dem letzten von dem Beklagten vorgelegten Steuerbescheid hätten die Fahrtkosten pro Jahr 3.588,00 EUR betragen, so dass bei einem monatlichen Freibetrag von 299,00 EUR die Steuerverpflichtung um 80,00 EUR gesenkt werden würde.

Zu addieren seien - jedenfalls für die PKH-Bewilligung - fiktive Einkünfte aus Nebentätigkeit i.H.v. 100,00 EUR.

Bei der Zurechnung eines fiktiven Einkommens aus einer Nebentätigkeit sei nach der Entscheidung des BVerfG in FamRZ 2003, 66 bei der Frage der Leistungsfähigkeit als Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu prüfen, ob die zeitliche und physische Belastung durch die ausgeübte und die zusätzliche Arbeit dem Unterhaltsverpflichteten unter Berücksichtigung auch der Bestimmungen abverlangt werden könne, welche die Rechtsordnung zum Schutz der Arbeitskraft vorgibt. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze könne nur ein begrenzter Fehlbetrag zur Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung von 100 % der Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle zur Auffüllung fiktiv zugerechnet werden.

Unter Berücksichtigung des Nettoeinkommens von 1.200,58 EUR standen nach Auffassung des OLG im Hinblick auf den kleinen Selbstbehalt von 890,00 EUR monatlich 310,58 EUR für die Erfüllung des Kindesunterhalts zur Verfügung. Der Bedarf der drei Kinder nach Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle belaufe sich auf 741,00 EUR, so dass durch Nebentätigkeit ein Betrag von ca. 430,00 EUR aufgefüllt werden müsse.

Es sei allerdings dem Beklagten nicht zumutbar, ca. 30 % seines Nettoeinkommens aus einer vollschichtigen Tätigkeit durch Nebentätigkeit hinzuzuverdienen.

Für das PKH-Verfahren ging das OLG zu Lasten des Beklagten zunächst davon aus, dass er einen Betrag von 100,00 EUR monatlich durch Nebentätigkeit an den Wochenenden erzielen könnte. Ob und in welchem Umfang eventuell höhere Beträge in Betracht kämen, müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Anders als das erstinstanzliche Gericht ging das OLG davon aus, dass eine Reduzierung des kleinen Selbstbehalts - jedenfalls im PKH-Verfahren - nicht in Betracht komme.

Dieses Verfahren diene nicht dem Zweck, über zweifelhafte Rechtsfragen abschließend vorweg zu entscheiden. Dies bleibe dem Hauptverfahren vorbehalten, um der Partei so die Möglichkeit zu geben, Revision einzulegen.

Hinsichtlich der von dem erstinstanzlichen Gericht vorgenommenen Reduzierung des kleinen Selbstbehalts wies das OLG darauf hin, dass eine höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Problemkreis bislang nicht vorliege. Soweit der BGH eine Reduzierung des Selbstbehalts für nicht zulässig erachte, beziehe sich diese auf die Bemessung des Selbstbehalts beim sog. Elternunterhalt (vgl. BGH v. 29.10.2003 - XII ZR 115/01, BGHReport 2004, 19 = MDR 2004, 942 = FamRZ 2004, 24; FamRZ 2004, 186).

Der BGH führe dort zwar aus, dass es dem Unterhaltsschuldner frei stehe, wie er die ihm zu belassenden Mittel nutze, ohne dass dies zu einer Kürzung des Selbstbehalts führen könne. Allerdings sei unklar, ob diese Grundsätze zum Selbstbehalt beim Elternunterhalt auf die Bemessung des Selbstbehalts beim Kindesunterhalt anzuwenden seien, insoweit sei eine Entscheidung durch den BGH bislang nicht erfolgt.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 03.07.2006, 10 WF 93/06

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