Rz. 78

Das katalanische System der Erbannahme ist anders als das deutsche, was gewöhnlich zu Problemen und Fehlern in der internationalen Praxis führt. In Katalonien muss der Erbe die Erbschaft ausdrücklich oder stillschweigend annehmen oder ausschlagen. Eine Frist hierzu besteht nicht (Art. 461–12.1 CCCat).[24] Es existiert keine automatische Annahme der Erbschaft durch den Erben innerhalb kurzer Frist für den Fall, dass die Erbschaft nicht ausdrücklich ausgeschlagen wurde, wie es das BGB bestimmt. Mit diesem System arbeiten Rechtsanwälte, Notare und Grundbuchämter in Katalonien und Spanien.[25]

 

Rz. 79

Die Annahme wirkt zurück auf den Zeitpunkt des Erbfalles auch dann, wenn die Annahme erst lange danach erfolgt ist. Gewöhnlich nimmt der Erbe die Erbschaft ausdrücklich vor einem Notar in öffentlicher Urkunde und innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Tode des Erblassers an. Die Frist von sechs Monaten ergibt sich daraus, dass in dieser die Einreichung der Selbstveranlagung der Zahlung der Erbschaftsteuer erfolgen muss. Dies geschieht deshalb in öffentlicher Urkunde, da dies die für die Eintragung unbeweglicher Sachen im Grundbuch erforderliche Form darstellt. In derselben Urkunde wird zu steuerlichen Zwecken ein Bestandsverzeichnis des Nachlasses erstellt. Jedoch ist es zulässig, dass der Erbe die Erbschaft viele Jahre später ohne öffentliche Urkunde annimmt. Zudem kann es vorkommen, dass der Erbe stirbt, ohne die Erbschaft angenommen zu haben. Ohne eine ausdrückliche oder stillschweigende Annahme wird die Erbschaft als ruhend, d.h. ohne bekannten Rechtsnachfolger, betrachtet.

 

Rz. 80

Das Gesetz bestimmt, dass die Annahme entweder ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen kann. Die ausdrückliche Annahme erfordert eine freiwillige Erklärung des genannten Erben, in der er bestätigt, dass er die Erbschaft annehmen will. Dies kann in einer öffentlichen, notariellen oder gerichtlichen Urkunde oder auch in einer privaten Urkunde erfolgen. Die stille Annahme ergibt sich aus Handlungen des genannten Erben, die unzweifelhaft darauf schließen lassen, dass dieser die Bedingungen der Erbschaft erfüllt und deswegen die Erbschaft annehmen will. Im Gegensatz dazu muss die Ausschlagung der Erbschaft, die möglich ist, soweit keine stille Annahme existiert, immer ausdrücklich und in Form einer öffentlichen Urkunde, notariell oder gerichtlich, erklärt werden.

 

Rz. 81

Sowohl die Annahme als auch die Ausschlagung sind unwiderruflich und können nicht geteilt werden oder einer Bedingung oder Frist unterliegen. Allerdings kann der Genannte, soweit er zugleich Erbe und Vermächtnisnehmer ist, eine Einsetzung annehmen und die andere ausschlagen. Sofern der Benannte sich nicht äußert, können die an der Erbfolge Interessierten vom Notar verlangen, dass er dem Erben eine Frist setzt, damit dieser die Annahme oder Ausschlagung erklärt (Art. 461–12 CCCat). Diese Frist darf 60 Tage nicht überschreiten. Falls der Betreffende die Erbschaft nicht ausdrücklich innerhalb dieser Frist annimmt, wird – im Unterschied zum spanischen Código Civil – vermutet, dass er das Erbe ausschlägt. Für den Fall, dass der Erbe ohne Annahme bzw. Ausschlagung stirbt, wird dieses Recht auf seine Erben (ius transmissionis) übertragen. Im Fall der Annahme müssen diese erklären, ob sie das zweite Erbe annehmen oder ausschlagen (Art. 461–13 CCCat).

[24] Die vormals bestehende Ausschlussfrist zur Annahme oder Ausschlagung von 30 Jahren wurde durch Gesetz 3/2017 aufgehoben.
[25] Deshalb fällt es in der katalanischen und spanischen Praxis schwer, die Funktion des deutschen Erbscheins zu verstehen, in dem der Erbe und seine ausdrückliche Annahme der Erbschaft angegeben sind. Es ist mühsam, Notare und Grundbuchämter zu überzeugen, dass diese Annahme unnötig ist, da diese bereits aus dem Gesetz hervorgeht, wenn keine ausdrückliche Ausschlagung in der gesetzlichen Frist erfolgt. Zur praktischen Handhabung dieses Problems im deutsch-spanischen Rechtsverkehr siehe Beckmann, ErbR 2019, 80 mit weiteren Hinweisen zur Nachlassabwicklung in Spanien.

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