In den meisten Unternehmen gehören interne Compliance-Verstöße leider zum Arbeitsalltag. Gerade in solchen Fällen empfiehlt es sich, eine interne Ermittlung durchzuführen. Der Grund dafür liegt insbesondere darin, dass sich gerade Verstöße von den eigenen Mitarbeitern negativ auf das Arbeitsklima auswirken können und im Unternehmen grundsätzlich für eine Ausnahmesituation sorgen. In diesen Fällen kann eine interne Untersuchung somit nicht nur für das externe Ansehen eines Unternehmens von Vorteil sein, sondern auch das interne Arbeitsumfeld schonen, indem der Vorfall diskret behandelt wird. Folgender Beispielfall kann sich in dieser Form in den meisten Unternehmen ereignen.

Aus der Kasse wurde Geld entwendet

In einem mittelständischen Unternehmen wird aufgedeckt, dass sich die Einnahmen in der Unternehmenskasse nicht mit den dazugehörigen Rechnungen und Belegen decken und Geld aus der Kasse entwendet wurde. Auf die Kasse haben 4 verschiedene Mitarbeiter Zugriff, von denen einer die Entdeckung dem Compliance-Beauftragten meldet. Bei dem Entwenden des Geldes aus der Kasse handelt es sich um die Verwirklichung des Straftatbestandes der Untreue[1] In diesem Fall empfiehlt es sich, den Sachverhalt mit Hilfe einer internen Ermittlung aufzuklären und die Polizei zu informieren.

  • Zunächst sollte der im Vorfeld ausgearbeitete "Notfallplan" befolgt werden. Der Verstoß wurde dem Compliance-Beauftragten gemeldet, der zunächst die Geschäftsführung informieren muss. Zusammen mit der Geschäftsführung sollten die Beteiligten überlegen, welche Personen an der Aufklärung beteiligt werden müssen. Im vorliegenden Fall wären das die Buchhaltung des Unternehmens sowie die Mitarbeiter, die Zugriff auf die Kasse hatten.
  • In einem nächsten Schritt müssen umgehend Beweise ermittelt und gesichert werden. Das bedeutet hier, dass sämtliche Belege, die den Verstoß aufgedeckt und bewiesen haben, sichergestellt und verwahrt werden müssen. Dies ist insbesondere unerlässlich, wenn die Speicherung in digitaler Form erfolgt, sodass weitere Mitarbeiter Zugriff auf die Daten haben und diese ggf. verändern könnten. Da es sich vorliegend um einen konkreten Verstoß handelt, besteht die primäre Aufgabe darin, das Ausmaß der Handlung sowie den verantwortlichen Mitarbeiter zu ermitteln.

    Neben der Beweissicherung sollte in diesem konkreten Fall umgehend dafür Sorge getragen werden, dass kein Mitarbeiter mehr auf die Kasse oder Rechnungen zugreifen kann.

  • Wurden die ersten Maßnahmen ergriffen, muss die Geschäftsleitung in Zusammenarbeit mit der Buchhaltung und dem Compliance-Beauftragten den konkreten Sachverhalt sowie das Ausmaß der Handlungen ermitteln:

    • Wie viel Geld fehlt insgesamt?
    • Welche Rechnungen und Belege stimmen nicht überein?
    • Über welchen Zeitraum erfolgte die Entwendung?

Im Zuge der Aufklärung muss die Geschäftsführung in jedem Fall mit ihren Mitarbeitern sprechen. Von der Befragung sind primär die Mitarbeiter betroffen, die unmittelbaren Zugriff auf die Kasse des Unternehmens hatten. In Anbetracht dessen, dass es sich um eine Straftat handelt, sollten die Verantwortlichen, unter Berücksichtigung des Entwurfes des Verbandssanktionengesetzes, die Grundsätze eines fairen Verfahrens beachten. So kann vermieden werden, dass ein eventuelles Geständnis oder eine Aussage eines Mitarbeiters im Zweifelsfalls nicht verwertet werden kann.

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