Leitsatz

Arbeitnehmer können die Entfernung einer unberechtigten Abmahnung aus der Personalakte verlangen. Bereits inhaltliche Ungenauigkeiten der Abmahnung können zu einem Entfernungsanspruch des Arbeitnehmers führen.

 

Sachverhalt

Die Arbeitnehmerin war in einer Kinderklinik als Oberärztin beschäftigt. Der Arbeitgeber hatte ihr zwei Abmahnungen wegen arbeitsvertraglicher Pflichtverletzungen erteilt. In der ersten Abmahnung wurde der Oberärztin vom Arbeitgeber vorgeworfen, die Behandlung eines fiebrigen Kindes nicht ordnungsgemäß durchgeführt zu haben. Das Kind hatte über 40°C Fieber und um 14:30 Uhr letztmals fiebersenkende Medikamente erhalten. Nachdem das Fieber um 16:00 Uhr noch nicht gesunken war, habe die Oberärztin angeordnet, dass zunächst abzuwarten sei. Es wurde lediglich das Fenster im Zimmer des Kindes geöffnet, aber keine weitere Medikamentengabe angeordnet.

In der zweiten Abmahnung warf der Arbeitgeber der Oberärztin eine Fehldiagnose bei einem neugeborenen Kind vor. Das Kind war am "Down-Syndrom" (Mongolismus) erkrankt. In der Abmahnung hieß es, die Oberärztin habe nach einer Ultraschalluntersuchung des Herzens einen erkennbaren "komplexen Herzfehler" nicht diagnostiziert.

Die Oberärztin war der Ansicht, dass sich die Sachverhalte anders abgespielt hatten und sie sich nicht pflichtwidrig verhalten habe. Sie verlangte die Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte. Das LAG Rheinland-Pfalz gab ihr Recht. Beide Abmahnungen enthielten ungenaue und damit unzutreffende Vorwürfe.

Das LAG bestätigt damit die ständige arbeitsgerichtliche Rechtsprechung: Enthält eine Abmahnung inhaltlich unrichtige Tatsachenbehauptungen, die den Arbeitnehmer in seiner Rechtsstellung und seinem beruflichen Fortkommen beeinträchtigen können oder ist sie inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, kann der Arbeitnehmer, aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, ihre Entfernung aus der Personalakte verlangen.

Wird die Abmahnung auf mehrere Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers gestützt, ist sie i.d.R. bereits dann aus der Personalakte zu entfernen, wenn nur eine der dem Arbeitnehmer zur Last gelegten Pflichtverletzungen nicht zutrifft.

Die erste Abmahnung enthielt nach einer Zeugenbefragung durch das Gericht eine unrichtige Tatsachendarstellung bezüglich der Zeit der Medikamentengabe. Die zweite Abmahnung enthielt eine ungenaue Formulierung, die nach Ansicht des LAG zu einem falschen Vorwurf gegen die Oberärztin führte. Der in der Abmahnung verwendete Begriff des "komplexen Herzfehlers" bedeutet, dass mehrere Herzfehler gemeinsam vorliegen. Die Oberärztin hatte jedoch nur einen Einzelherzfehler übersehen. Dies macht nach Ansicht des Gerichts einen wesentlichen Unterschied aus. Beide Abmahnungen waren deshalb aus der Personalakte zu entfernen.

 

Link zur Entscheidung

LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 2.7.2008, 7 Sa 68/08.

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