Rz. 102

Je nach Einzelfall können an Stelle der Errichtung einer reinen Familienstiftung auch Kombinationsmodelle steuerlich und zivilrechtlich vorteilhaft sein.

1.3.1 Gemeinnützige Stiftung mit teilweiser Familienbegünstigung

 

Rz. 103

Bei hinreichend großem Vermögen wird häufig die Kombination einer gemeinnützigen Stiftung mit einer teilweisen Familienbegünstigung bis zu einem Drittel erwogen (vgl. § 58 Nr. 5 AO).[120] Vermögensabflüsse durch Erbschaftsteuer können durch diese Gestaltung verhindert werden, allerdings sind die Ausschüttungen an die Begünstigten einkommensteuerpflichtig. Die Finanzverwaltung beschränkt die für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit unschädliche Familienbegünstigung auf die eng verstandenen nächsten Angehörigen und legt die Vorschrift insgesamt restriktiv aus (vgl. AEAO Nr. 5 zu § 58 AO). In der Praxis spielen gemeinnützige Stiftungen mit Familienbegünstigung daher zu Recht keine große Rolle.

[120] Siehe unter Rn. 391, 400 ff. Umfassend hierzu Kirchhain, Gemeinnützige Familienstiftung.

1.3.2 Gestaltungsmodell bei Unternehmerfamilien: Doppelstiftung

 

Rz. 104

Für Unternehmerfamilien bietet die sogenannte Doppelstiftung eine interessante Möglichkeit, die Vorteile der gemeinnützigen Stiftung zu erlangen und die Familieninteressen zu wahren.[121]

Bei der Doppelstiftung werden zwei Stiftungen gegründet, wobei die eine gemeinnützig und die andere eine Familienstiftung ist. Auf die Familienstiftung werden so viele Anteile des Unternehmens übertragen, wie für den Unterhalt der Familie und der nachfolgenden Generationen nötig ist. Die restlichen Anteile werden der gemeinnützigen Stiftung zugeteilt. Gleichzeitig wird das Stimmrecht für die von der gemeinnützigen Stiftung gehaltenen Anteile ausgeschlossen oder zugunsten der Familienstiftung eingeschränkt.[122] Durch die Errichtung einer Doppelstiftung kann es je nach den konkreten Umständen möglich sein, die gemeinnützigkeitsbezogenen Steuervorteile zu nutzen, die Erbschaft- und Schenkungsteuerlast bei Stiftungserrichtung zu minimieren, die Erbersatzsteuer auf die notwendigen Vermögensteile zu beschränken, die unternehmerische Verantwortung bei der Familie zu sichern und die Stiftungsaufsicht von der Unternehmensführung auszuschließen.[123]

[121] Zur Doppelstiftung vgl. Richter/Sturm, ZErb 2006, S. 75, 76 f.; Binz/Sorg, ZEV 2005, S. 520 ff.
[122] Wachter, in DAI e. V. (Hrsg.), Die Stiftung im Zivil- und Steuerrecht, S. 69.
[123] Wachter, a. a. O.

1.3.3 Unternehmensverbundene Stiftung

 

Rz. 105

Bei unternehmensverbundenen Stiftungen sind zwei Fälle zu unterscheiden: Die Beteiligungsträgerstiftung, die Beteiligungen an Personen- und Kapitalgesellschaften hält, und ferner die – in der Praxis kaum vorkommende – Unternehmensträgerstiftung, die selbst ein Wirtschaftsunternehmen betreibt.[124] Nicht nur aus steuerlichen Gründen sollte bei unternehmensverbundenen Stiftungen die Kombination von gemeinnütziger Stiftung und Kapitalgesellschaft stets erwogen werden. Die Errichtung einer Stiftung als Rechtsakt löst das Nachfolgeproblem nicht.[125] Dies gilt freilich nicht nur für die Stiftung, denn auch die Vererbung an den Nachfolger in der Familie oder überhaupt die Familiengesellschaft sorgt nicht schon an sich für die Unternehmensnachfolge. Ob die Stiftung aber ein guter Eigentümer des Unternehmens sein wird, hängt zunächst von der im Vorhinein schwer zu beeinflussenden und vorherzusehenden Qualifikation der Handelnden ab. Wichtig ist dabei, dass die Stiftung als Eigentümerin des Unternehmens ihre Eigentümerrechte auch wirklich ausüben kann. Zur Ausübung der Eigentümerrechte gehört nicht das Hineinregieren in das Unternehmen, aber die distanzierte Kontrolle und als ultima ratio die Möglichkeit, sich ganz oder teilweise von dem Unternehmen zu trennen. Der Unternehmerstifter, der Unternehmen und Stiftungen unlösbar voneinander abhängig macht, tut damit voraussichtlich weder dem Unternehmen noch der Stiftung Gutes.

 

Rz. 106

In einem Punkt kann die Absicht zur Errichtung einer Unternehmensstiftung die Risiken der Unternehmensnachfolge sogar erhöhen, wenn nämlich die Errichtung der Stiftung auf den Todeszeitpunkt oder kurz zuvor geplant ist.[126] Denn die Institutionalisierung des Unternehmens wie die Einübung der Unternehmer- oder Eigentümerfunktionen der Stiftung bedürfen Zeit. Der Übergang vom Unternehmer auf die Stiftung soll kein Bruch sein, noch dazu verstärkt durch den natürlichen Bruch beim Tod des Unternehmers, sondern ein Prozess, bei dem die unvermeidlichen Fehler gemacht und berichtigt werden können. Dabei sollte sogar die Möglichkeit des Abbruchs des Versuchs der Unternehmensstiftung nicht ausgeschlossen werden. Auch auf dem Weg der Unternehmensstiftung braucht die Unternehmensnachfolge Zeit schon zu Lebzeiten des Unternehmers, der seine Nachfolge regelt, nicht erst nach seinem Tode (vgl. z. B. die Bertelsmann-Struktur und ihre "Einübung" zu aktiven Zeiten von Reinhard Mohn).

[124] Vgl. zu dieser Unterscheidung Richter/Sturm, ZErb 2006, S. 75, 76.
[125] Zur Rolle einer Stiftung in der Unternehmensnachfolge vgl. von Peter, in Richter/ Wachter (Hrsg.), Handbuch des internationalen Stiftungsrechts, § 2 Rn. 4 ff.
[126] Zur g...

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