Rz. 56

Die Rechtsnatur der treuhänderischen Stiftung ist umstritten. In der Literatur wird im Wesentlichen auf die Rechtsnatur des zu Grunde liegenden Vertrags abgestellt. In Betracht kommen bei der Stiftungserrichtung unter Lebenden vor allem die Schenkung unter Auflage (§§ 516, 525 BGB) und die Treuhand als Auftrag (§§ 662 ff. BGB) bzw. Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB).[56] Unstrittig erfolgt die Errichtung der unselbstständigen Stiftung von Todes wegen durch letztwillige Verfügung.

Bei der Reform des Stiftungsrechts im Jahr 2002 wurde hinsichtlich der Treuhandstiftung kein Regelungsbedarf gesehen. Angesichts der nach wie vor bestehenden Unsicherheiten über die rechtliche Struktur und die in pathologischen Fällen anwendbaren Regelungen ist jedoch zu vermuten, dass ein attraktives Angebot des Gesetzgebers von der Praxis dankbar aufgenommen würde, jedenfalls soweit die bestehenden Gestaltungsspielräume nicht übermäßig eingeschränkt würden. Jedenfalls wären einzelgesetzliche Klarstellungen – etwa im Insolvenzrecht – hilfreich.

 

Rz. 57

In der Praxis lässt sich eine stiftungshafte Struktur am ehesten durch eine Schenkung unter Auflage gestalten. Die inzwischen wohl h. M. geht daher auch davon aus, dass unselbstständige Stiftungen in der Regel auf Auflagenschenkungen beruhen.[57] Bei der Schenkung unter Auflage wird das Stiftungsvermögen vom Stifter dem Träger endgültig unentgeltlich übertragen. Durch die vereinbarte Auflage wird sichergestellt, dass der Träger das Vermögen im Sinne des Stifters zu Gunsten des Stiftungszwecks verwaltet und die Erträge entsprechend verwendet.

 

Rz. 58

Die Schenkung setzt eine Bereicherung des Beschenkten voraus. In der Literatur[58] ist bezweifelt worden, ob der Stiftungsträger im Sinne des Schenkungsrechts bereichert ist, wenn die Auflage ihn zu einer zweckentsprechenden Verwendung des gesamten gestifteten Vermögens verpflichtet. Reuter und Hüttemann/Rawert argumentieren unter Verweis auf § 526 BGB überzeugend, dass bei der Feststellung der Bereicherung der Wert der Auflage zunächst außer Ansatz zu bleiben habe.[59] Hüttemann/Rawert weisen zudem darauf hin, dass sich der Träger den Zweck der Stiftung in der Regel zu eigen mache.[60]

 

Rz. 59

Mit der Anwendung des Schenkungsrechts sind Rechtsfolgen verbunden, die es bei der Errichtung der Stiftung zu beachten gilt. Nach § 519 BGB kann der Stifter im Falle der Verarmung die Übertragung des im Stiftungsgeschäft versprochenen Ausstattungsvermögen ganz oder teilweise verweigern (Einrede des Notbedarfs). Diese Einschränkung dürfte praktisch von geringer Relevanz sein, vor allem deshalb, weil die Errichtung unselbstständiger Stiftungen nur im Ausnahmefall tatsächlich beurkundet wird und deshalb ohnehin erst mit der Übertragung des Stiftungsvermögens rechtliche Wirksamkeit erlangt (Handschenkung, § 518 Abs. 2 BGB).

Relevanter – wenn auch in der Praxis ebenfalls selten – sind die Rückforderungsrechte des Schenkers nach §§ 527, 528 und 530 BGB. Von diesen dürfte – als mögliche Sanktion für ein Fehlverhalten des Trägers – die Rückforderung wegen Nichtvollziehung der Auflage nach § 527 BGB das wichtigste Recht des Stifters sein, das indes auch sachgerecht ist.

 

Rz. 60

Alternativ zur Auflagenschenkung könnte eine treuhänderische Stiftung auch – wie Treuhandverhältnisse im Allgemeinen – durch einen Auftrag im Sinne der §§ 662 ff. BGB errichtet werden. Dagegen spricht vor allem, dass der Beauftragte oder Treuhänder das Vermögen vom Stifter nicht endgültig, sondern nur vorübergehend erhalten würde, nämlich bis zur Beendigung des Auftrags.[61] Der Auftrag ist unabdingbar jederzeit (und auch von den Erben) widerruflich, jedenfalls bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (§ 671 BGB).[62] Der Beauftragte ist in diesem Fall zur Herausgabe des Stiftungsvermögens verpflichtet (§ 667 BGB). Auch steuerrechtlich stellt sich die Frage, ob die Übertragung von Vermögen im Rahmen eines reinen Treuhandverhältnisses eine zum Sonderausgabenabzug berechtigende Zuwendung sein kann.

 

Rz. 61

In der Praxis ist die Unterscheidung nur äußerst selten relevant. Sie könnte aber zukünftig vermehrt eine Rolle spielen in Fällen der Insolvenz entweder des Stiftungsträgers oder der Stifters. Aus den bisher veröffentlichen Urteilen mit Berührungspunkten zum Recht der unselbstständigen Stiftung lassen sich dazu jedoch noch keine gesicherten Erkenntnisse gewinnen.

 

Rz. 62

Bei der Gestaltung unselbstständiger Stiftungen kommt es daher vor allem darauf an, dass die geschaffene Einrichtung die funktionellen Komponenten einer "echten" Stiftung aufweist (Vermögen, Zweckbindung, Dauer, Organisation). Grundlage der treuhänderischen Stiftung ist daher regelmäßig ein aus mehreren Elementen bestehender "Stiftungsvertrag", mit dem die Existenz der Stiftung begründet, das Vermögen übertragen und die Rechte und Pflichten von Stifter, Träger und eventuell beteiligten Dritten und/oder Destinatären geregelt werden.[63] Soweit in der Literatur von einem "Treuhandvertrag" gesprochen wird,[64] ist anzunehmen,...

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