Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Versorgung mit häuslicher Krankenpflege. Verträge der Krankenkassen mit den Leistungserbringern. unabhängige Schiedsperson nimmt keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für Vergütungsvereinbarungen nach § 132a SGB 5

 

Orientierungssatz

1. Die Übertragung der vertraglichen Festlegungsbefugnis von den grundsätzlich zuständigen Vertragsparteien auf eine Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB 5 macht diese nicht zu einem Hoheitsträger, auch wenn die Einsetzung der Schiedsperson durch Gesetz angeordnet ist (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 29.8.2007 - L 1 B 311/07 KR ER und vom 26.7.2007 - L 24 KR 408/07 ER).

2. Die Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität ist für Vergütungsvereinbarungen nach § 132a SGB 5 zwar nicht ausdrücklich vorgegeben. Die Notwendigkeit, diesen Grundsatz auch bei der Festsetzung von Vergütungen der Leistungen ambulanter Pflegedienste im Bereich der häuslichen Krankenpflege zu beachten, folgt aus der Systematik des SGB 5.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.11.2010; Aktenzeichen B 3 KR 1/10 R)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger und die Anschlussberufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 18. September 2007 werden zurückgewiesen.

Die Kläger und die Beigeladenen tragen die Gerichtskosten jeweils zur Hälfte und haben dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten jeweils zur Hälfte zu erstatten.

Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgelegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung bzw. Abänderung eines Schiedsspruchs einer Schiedsperson zur allgemeinen Anhebung der Vergütung der Leistungen der häuslichen Krankenpflege, der Anhebung der Hausbesuchspauschale und zur Festlegung für die Vergütung der Versendung von Dokumentationsnachweisen streitig.

Die Kläger sind gesetzliche Krankenkassen bzw. Landesverbände der gesetzlichen Krankenkassen in Hessen. Die Beigeladenen sind Verbände der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Hessen. Der Beklagte ist eine vom Hessischen Sozialministerium nach § 132a Abs. 2 Satz 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bestellte Schiedsperson.

Der zwischen den Klägern und den Beigeladenen geschlossene Rahmenvertrag über die häusliche Krankenpflege nach § 132a SGB V in Hessen (Rahmenvertrag 1996) wurde zum 31.12.2001 gekündigt. Bis zum Abschluss eines neuen Rahmenvertrages haben Kläger und Beigeladene die Verlängerung der bisherigen Regelungen vereinbart, letztmalig bis zum 31.12.2004.

Am 08.12.2004 schlossen sie den “Rahmenvertrag über die häusliche Krankenpflege nach § 132a SGB V in Hessen„ (Rahmenvertrag 2005) mit Wirkung ab 01.01.2005.

Nach § 2 Abs. 1 Buchstabe a und b besitzt der Rahmenvertrag 2005 Gültigkeit für die den Landesverbänden angeschlossenen Krankenkassen und für die den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege angeschlossenen ambulanten Pflegedienste, soweit diese dem Rahmenvertrag 2005 beigetreten sind.

Der Rahmenvertrag 2005 enthält (§ 1 Rahmenvertrag 2005) u.a. allgemeine Grundsätze sowie Regelungen zum Inhalt und zur Abgrenzung der häuslichen Krankenpflege, zur Eignung der Leistungserbringer, zu Maßnahmen der Qualitätssicherung, zum Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den an der Versorgung Beteiligten und zu den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung einschließlich deren Prüfung.

Zum Inhalt der häuslichen Krankenpflege heißt es in § 10 Abs. 3 des Rahmenvertrages 2005: “Inhalt und Abgrenzung der Leistung ergeben sich aus der Leistungsbeschreibung Anlage Nr. xx zum Vertrag.„

Zur Pflegedokumentation regelt § 25 Abs. 1 Satz 1 des Rahmenvertrages 2005: “Der Pflegedienst hat ein geeignetes, dem aktuellen Stand entsprechendes Pflegedokumentationssystem anzuwenden.„

§ 25 Abs. 3 Satz 3 und 4 Rahmenvertrag 2005 lauten: “Auf Anfrage einer Krankenkasse und mit Einverständnis des Versicherten gewährt der Pflegedienst Einsicht in die Dokumentation, soweit diese beim Pflegedienst aufbewahrt wird. Die Versendung von Dokumentationsnachweisen ist entsprechend der Regelung in der Vergütungsvereinbarung zu vergüten.„

Nach § 38 Abs. 1 Rahmenvertrag 2005 erfolgt die Vergütung der erbrachten Leistungen (der häuslichen Krankenpflege) nach der jeweils gültigen Vergütungsvereinbarung der Anlage 1.

Folgende Grundsätze soll das Vergütungssystem nach § 38 Abs. 3 Rahmenvertrag 2005 erfüllen:

“a) Das Vergütungssystem muss für die Vertragspartner und die Versicherten transparent und handhabbar sein.

b) Die Vergütung muss leistungsgerecht sein und die Leistungserbringer in die Lage versetzen, eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und den Qualitätsanforderungen entsprechende Leistung zu erbringen.

c) Die Vergütung wird prospektiv für einen zukünftigen Zeitraum vereinbart.

d) Die Vergütungsregelung ist so zu gestalten, dass Doppelabrechnungen beispielsweise durch Leistungsüberschneidungen vermiede...

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