Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines Sozialdienstleisters auf Zuschuss nach dem SodEG. Zuschusshöhe. Rechenweg. Maßgeblichkeit der tatsächlichen Zahlungen im Bemessungszeitraum. Abzug vorrangiger Mittel. Monatsdurchschnitt. Höchstgrenze von 75 %. Ermessensspielraum des Leistungsträgers für einen niedrigeren Bemessungssatz. Zweck des Zuschusses. subsidiäre Bestandssicherung. vorläufige Verhinderung einer Überzahlung. genaue Abrechnung nach feststehenden Zahlungen. Ermessensreduzierung auf Null

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 3 S 5 SodEG eröffnet dem durch den Sicherstellungsauftrag des § 2 SodEG verpflichteten Leistungsträger einen Ermessenspielraum hinsichtlich der Festlegung eines niedrigeren Bemessungssatzes für den Zuschuss als 75 Prozent.

2. Steht bei der Bewilligung der Zuschüsse nach dem SodEG der Zahlungsanspruch aus dem Rechtsverhältnis zwischen sozialem Dienstleister und Sozialleistungsträger iSv § 2 S 2 SodEG dem Grunde und der Höhe nach für den Monat, für den der Zuschuss beantragt wird, fest, sind insbesondere Zahlungen an den Sozialdienstleister bereits geflossen (tatsächlicher Zufluss vorrangiger Mittel iSv § 4 S 1 Nr 1 SodEG), ist die Saldierung von Zuschuss und Leistungsvergütung geboten und das Ermessen des gewährleistungsverantwortlichen Sozialleistungsträgers auf Null reduziert.

 

Orientierungssatz

1. Soweit ein sozialer Dienstleister seine originären Aufgaben weiter erfüllen kann und dafür Vergütungen erhält, besteht kein Anspruch auf Zuschüsse nach dem SodEG.

2. Ein Abweichen von dem zu zahlenden Höchstbetrag von 75 % des Monatsdurchschnitts im Einzelfall wegen eines Zuflusses vorrangiger Mittel setzt - jedenfalls bei Mitteln iS des § 4 S 1 Nr 1 SodEG - nicht voraus, dass diese Mittel so hoch sind, dass der Abschlag von 25 Prozent zu gering erscheint.

3. Wie sich aus dem Wortlaut des § 2 S 2 SodEG ergibt, sind die tatsächlichen Zahlungen des Leistungsträgers an den jeweiligen Dienstleister aus den jeweiligen Rechtsverhältnissen im Bemessungszeitraum zugrunde zu legen, nicht maßgeblich sind die Beträge der fakturierten Rechnungen des sozialen Dienstleisters.

4. Der Abzug vorrangiger Mittel ist nicht zwingend erst vom Monatsdurchschnitt iS des § 3 S 2 SodEG vorzunehmen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.05.2023; Aktenzeichen B 8 SO 6/22 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. April 2021 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Berechnung des Zuschusses nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) für die Monate Juni und Juli 2020 streitig.

Die Klägerin ist Leistungserbringerin im Bereich der Eingliederungshilfe, sie erbringt Leistungen insbesondere in Form von Teilhabeassistenz für Kinder und Jugendliche mit geistiger oder somatischer Behinderung oder Mehrfachbehinderung in der Schule. Zwischen ihr und dem Beklagten bestehen eine Leistungs-, Qualitäts- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SG XII vom 9. Juni 2016 und eine Vergütungsvereinbarung nach § 123 Abs. 1 SGB IX i. V. m. § 125 SGB IX vom 15. November 2019.

In der Zeit von März 2019 bis Februar 2020 zahlte der Beklagte der Klägerin für Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen - (bis 31. Dezember 2019: Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch [SGB XII] - Sozialhilfe) einen Betrag in Höhe von 326.282,46 Euro. Im Juni 2020 zahlte der Beklagte der Klägerin eine Leistungsvergütung für Leistungen nach dem SGB IX in Höhe von 15.984,65 Euro und im Juli 2020 in Höhe von 2.741,74 Euro aus.

Am 26. August 2020 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten Leistungen nach dem SodEG ab Juni 2020 bis voraussichtlich 31. September 2020 „Eingliederungshilfe nach SGB VIII und SGB IX“, da die Weiterfinanzierung der sozialen Dienstleister bzw. Leistungsträger im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zum Mai beendet worden sei und am 20. August 2020 mitgeteilt worden sei, dass ab Juni 2020 nur noch die tatsächlich erbrachten Stunden fakturiert werden dürften. Die Klägerin sei daher gezwungen, einen Antrag auf Leistungen nach dem SodEG zu stellen. Sie gab eine „Erklärung über Unterstützungsmöglichkeiten zur Bewältigung von Auswirkungen der Coronavirus-Krise gem. § 1 Abs. 1 des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes (SodEG)“ ab.

Mit Bescheid vom 12. November 2020 bewilligte der Beklagte im Leistungsbereich SGB IX für den Monat Juni 2020 einen Zuschuss von 4.408,00 Euro und für Juli 2020 von 17.650,91 Euro. Die tatsächliche Höhe der Zahlungen der bewilligten monatlichen Zuschüsse erfolge unter dem Vorbehalt des § 4 SodEG. Hinsichtlich der Berechnung verwies der Beklagte auf die Anlagen „Berechnung des monatlichen SodEG-Zuschusses“.

Für den Monat Juni 2020 ergab sich danach als Berechnung:

Addition aller Zahlungen im maßgeblichen Bemessungszeitraum (März 2019 - Februar 2020)

326.282,46 Euro

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