Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge eines Arbeitsunfalls

 

Orientierungssatz

1. Eine Gesundheitsstörung kann nur dann als Folge eines Arbeitsunfalls festgestellt werden, wenn das Unfallereignis diesen Gesundheitsschaden rechtlich wesentlich verursacht oder mitverursacht hat.

2. Für die Feststellung des erforderlichen Ursachenzusammenhanges genügt als Überzeugungsmaßstab der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 23.02.2017; Aktenzeichen B 2 U 265/16 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4. November 2014 (Aktenzeichen S 9 U 75/11) wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob ein Arbeitsunfall des Klägers vom 31. Januar 2010 zu einer Rotatorenmanschettenruptur und zu anhaltenden Funktionsstörungen im Bereich des rechten Schultergelenkes geführt hat.

Der 1964 geborene Kläger ist Zimmermeister und Dachdecker und leitet einen eigenen Betrieb. Er erlitt am Nachmittag des 9. Juni 1995 einen Unfall als er beim Grabenausheben für ein Starkstromkabel auf seinem Grundstück abrutschte. Dabei wurde der rechte Arm hochgerissen. Der Kläger verspürte sofort erhebliche Schmerzen. Am 10. Juni stellte er sich gegen 9.30 Uhr beim Durchgangsarzt Dr. C. im Kreiskrankenhaus Eschwege vor. Dieser stellte im Bereich der rechten Schulter keine äußeren Verletzungszeichen fest. Die Beweglichkeit war deutlich eingeschränkt. Die Seithebe war bis 35 Grad, die Vorhaltebewegung bis 40 Grad möglich, die Drehung war erheblich gemindert. Es bestand ein Druckschmerz über der Schulterhöhe und der vorderen Gelenkkapsel. Die Röntgenuntersuchung der Schulter in zwei Ebenen zeigte keine Knochenverletzung und eine gelenkgerechte Stellung. Die Schultersonographie ergab keinen Hinweis für eine Rotatorenmanschettenruptur. Es wurde eine starke Schulterzerrung rechts diagnostiziert und ein Gilchristverband für 5 Tage angelegt. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit wurde auf 10 Tage geschätzt. Der Kläger stellte sich noch einmal am 16. Juni 1995 bei Dr. C. vor. Eine Wiedereinbestellung erfolgte zum 21. Juni 1995. Der Kläger stellte sich jedoch weder an diesem Tage noch später in der Sprechstunde des Dr. C. vor, so dass dieser die Behandlung am 16. Juni 1995 als abgeschlossen betrachtete. Er teilte der Beklagten mit, Arbeitsfähigkeit bestehe wieder ab dem 21. Juni 1995. Der Kläger machte in einem Formular der Beklagten am 27. Juni 1995 Angaben zu seiner Arbeitsunfähigkeit und gab an, er habe die Arbeit vom 10. bis 20. Juni 1995 ausgesetzt.

Am 31. Januar 2010 erlitt der Kläger einen weiteren Unfall, der die rechte Schulter betraf. Laut Durchgangsarztbericht des Dr. C., Kreiskrankenhaus Eschwege, vom gleichen Tage ereignete sich der Unfall auf schneeglattem Untergrund auf dem Hof vor dem Anwesen des Klägers. Der Kläger hatte in einer Halle für den eigenen Betrieb Arbeiten erledigt. Nach dem Verlassen der Halle rutschte er auf schneeglattem Untergrund aus und verletzte sich an der rechten Schulter als er versuchte, den Sturz abzufangen (so die Angaben im Durchgangsarztbericht). Dr. C. stellte einen eher diffusen Druckschmerz im Bereich der rechten Schulter vor allem ventral am Deltoideus radiales fest. Ein Hämatom oder eine Hautverletzung konnte er nicht feststellen. Durchblutung, Motorik und Sensibilität waren ohne Befund. Die Beweglichkeit war stark schmerzhaft eingeschränkt. Die Abduktion war bis 90 Grad zunehmend schmerzhaft, danach die Elevation schmerzarm. Die Außen- und Innenrotation war eingeschränkt, der Nacken- und Schürzengriff waren mühsam möglich. Die Röntgenuntersuchung der Schulter in zwei Ebenen gab keinen Anhalt für eine Fraktur oder arthrotische Veränderungen. Wegen des Verdachts auf eine Rotatorenmanschettenruptur rechts erfolgte am 4. Februar 2010 eine kernspintomographische Untersuchung. Laut Befundbericht der Radiologin Dr. D. vom 4. Februar 2010 zeigte sich bei der Untersuchung einen komplette Ruptur der Supraspinatussehne, eine Teilruptur der Infraspinatussehne und eine Teilruptur des Muskulus subscapularis im Ansatzbereich mit Einblutung, ein Humeruskopfhochstand, eine AC-Gelenkarthrose mit Gelenkhypertrophie und Verschmälerung des Subacrominalraumes. Zudem wurde ein Gelenkerguss und eine Bursitis in der Bursa subdeltoidea subacromialis festgestellt. Am 9. Februar 2010 stellte sich der Kläger in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Frankfurt am Main (BGU) vor. Nach Beurteilung der MRT-Aufnahmen wurde die Supraspinatussehnenruptur als alt bewertet, da sich bereits eine fettige Degeneration und eine Retraktion der Sehne zeigten. Außerdem wurden eine Infraspinatusdegeneration, eine degenerative Omarthrose und eine AC-Gelenkarthrose diagnostiziert. Am 22. März 2010 stellte sich der Kläger erneut in der BGU vor. Trotz inzwischen durchgeführter Krankengymnastik war es zu keiner signifikanten Besserung gek...

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