Nachgehend

BSG (Beschluss vom 16.01.2023; Aktenzeichen B 12 KR 26/22 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 26. Februar 2020 wird zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welcher Höhe der Kläger als freiwillig versicherter hauptberuflich Selbständiger Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie zur sozialen Pflegeversicherung (sPV) zu zahlen verpflichtet ist.

Der 1970 geborene Kläger war zunächst von März 2014 bis einschließlich Dezember 2014 als hauptberuflich Selbstständiger freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten zu 1. Eine Beitragseinstufung erfolgte in diesem Zeitraum auf der Grundlage der besonderen beitragspflichtigen Mindesteinnahmen für Selbständige. Ab Januar 2015 bis einschließlich Oktober 2016 bezog der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und wurde als pflichtversichertes Mitglied der Beklagten zu 1. geführt.

Im Februar 2017 beantragte der Kläger die weitere Mitgliedschaft bei der Beklagten zu 1. Er gab an, fortlaufend selbständig tätig zu sein mit einem monatlichen Einkommen in Höhe von durchschnittlich 1.000 Euro; zugleich stellte er einen Antrag auf Beitragsermäßigung. Ergänzend legte der Kläger seinen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2015 vor, nach dem er im betreffenden Jahr Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 13.111 Euro erzielt hatte.

Die Beklagte zu 1. stellte mit - auch im Namen der Beklagten zu 2. ergangenem - Bescheid vom 11. April 2017 fest, dass der Kläger ab dem 1. November 2016 als Selbständiger freiwillig bei ihr versichert sei. Zugleich setzte sie die ab 1. November 2016 zu zahlenden Beiträge zur GKV und sPV auf der Grundlage der sog. besonderen beitragspflichtigen Mindesteinnahmen in Höhe von monatlich 1.452,50 Euro für das Jahr 2016 bzw. 1487,50 Euro für das Jahr 2017 fest. Dies ergab auf der Grundlage eines ermäßigten Beitragssatzes von 14 % zuzüglich eines Zusatzbeitrags in Höhe von 1 % eine monatliche Beitragshöhe von 217,88 Euro ab dem 1. November 2016 bzw. 223,13 Euro ab dem 1. Januar 2017 zur GKV sowie in Höhe von 34,13 Euro ab dem 1. November 2016 bzw. 37,93 Euro ab dem 1. Januar 2017 zur sPV.

Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 4. Mai 2017 Widerspruch. Seine Einnahmen als Selbständiger lägen nach Abzügen unterhalb des gesetzlich geschützten Existenzminimums. Gemäß dem Gleichheitssatz werde er daher lediglich Zahlungen in Höhe der Beiträge leisten, die auch für Personen gezahlt würden, die aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II pflichtversichert seien. Ergänzend wies der Kläger darauf hin, dass seine Einnahmen im Jahr 2017 den Betrag von 10.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen würden.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2017 und vom 12. Juni 2017 bot die Beklagte dem Kläger an zu klären, ob er versicherungsrechtlich als haupt- oder nebenberuflich Selbständiger zu behandeln sei. Die hierfür angeforderten weiteren Auskünfte insbesondere zur wöchentlichen Arbeitszeit, die der Kläger für seine selbständige Tätigkeit aufwendete, erteilte dieser nicht.

Mit Schreiben vom 10. Juli 2017 stellte die Beklagte zu 1. dem Kläger gegenüber die Beitragsberechnung für Selbständige dar. Die Beitragsbemessung erfolge in seinem Fall auf Grundlage der Mindestbemessungsgrenze für einkommensschwache Selbständige in Höhe von 1.487,50 Euro. Eine weitere Beitragsreduzierung für einen hauptberuflich Selbständigen sei nicht möglich. Lägen die Einkünfte des Klägers unterhalb des Existenzminimums, so müsste dieser sich ggf. an das Jobcenter wenden und Arbeitslosengeld II beantragen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2017 wies die Beklagte zu 1. - auch im Namen der Beklagten zu 2. - den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Nach § 240 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) (in der insoweit anwendbaren, bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung, im Weiteren: § 240 SGB V a.F.) in Verbindung mit § 7 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (BVSzGs) sei der Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig tätig seien, für den Kalendertag mindestens der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße zu Grunde zu legen (sog. besondere beitragspflichtige Mindesteinnahmen). Die Beitragsbemessung in der sPV erfolge analog der Beitragsbemessung in der GKV (unter Verweis auf § 57 Abs. 4 S. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI] i.V.m. § 1 Abs. 2 BVSzGs). Entsprechend dem Antrag des Klägers auf Beitragsermäßigung vom 4. April 2017 habe die Beklagte zu 1. seine Beiträge ab dem 1. November 2016 anhand der besonderen beitragspflichtigen Mindesteinnahmen für hauptberuflich Selbständige festgesetzt. Eine geringere Beitragseinstufung sei rechtlich nicht möglich.

Hiergegen hat der Kläger am 20. November 2017 Klage bei dem Sozialgericht Kassel erhoben und verfassungsrechtli...

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