Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Statthaftigkeit einer Wiederaufnahmeklage

 

Orientierungssatz

1. Nach § 179 Abs. 1 SGG kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren unter entsprechender Anwendung der Vorschriften der ZPO wiederaufgenommen werden.

2. Statthaft ist eine Wiederaufnahmeklage nur dann, wenn gemäß § 589 Abs. 1 S. 1 ZPO ein Wiederaufnahmegrund schlüssig behauptet wird. Dazu muss ein gewisser "Anfangsverdacht" für einen Wiederaufnahmegrund bestehen. Schlüssiges Behaupten bedeutet in diesem Sinn, dass bei Unterstellung, die tatsächlichen Behauptungen des Klägers würden zutreffen, ein Wiederaufnahmegrund gegeben wäre.

3. Macht der Kläger geltend, das Gericht sei von einem fehlerhaften, nur unzureichend ermittelten Sachverhalt ausgegangen und rügt er damit eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht, so handelt es sich um rein inhaltliche Ausführungen; diese stellen keinen zulässigen Nichtigkeits- oder Restitutionsgrund dar.

4. Die Wiederaufnahmeklage ist nach § 586 Abs. 1 ZPO binnen einer Notfrist von einem Monat zu erheben.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 02.10.2018; Aktenzeichen B 2 U 5/18 BH)

 

Tenor

I. Die Wiederaufnahmeklage des Berufungsverfahrens L 9 U 2/15 wird als unzulässig verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens L 9 U 2/15. In diesem ging es nach von dem Kläger gestellten inzwischen sechsten Überprüfungsantrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) um die Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 25. Juli 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 1988, durch den die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen eines im Oktober 1977 erlittenen Arbeitsunfalles abgelehnt hat.

Seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 2. Dezember 2014 (Az.: S 3 U 180/11) wurde vom Landessozialgericht mit Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 11. Februar 2016 (L 9 U 2/15) zurückgewiesen. Den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundessozialgericht gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. Februar 2016 lehnte das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 21. April 2016 ab (Az.: B 2 U 2/16 BH). Die Gegenvorstellung des Klägers gegen diesen Beschluss verwarf das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 29. Juni 2016 als unzulässig (Az.: B 2 U 10/16 C).

Mit Schreiben vom 5. April 2014 hat der Kläger die "Wiedereinsetzung des Verfahrens A. A. ./. BG RCI Mainz (Frankfurt), Az.: S 3 U 180/11" und Gewährung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren beantragt. Hierin rügt er im Wesentlichen die Entscheidung des Senats vom 11. Februar 2016 wegen inhaltlicher Mängel (u. a. Verwertung des Sachverständigengutachtens von Dr. C. vom 10. August 2014, unzureichende Sachverhaltsaufklärung durch das Gericht durch "Übergehen von Beweisangeboten") und auch den Beschluss des Bundessozialgerichts vom 21. April 2016 als "verfassungswidrig". Mit Schreiben vom 13. April 2017 hat die Vorsitzende des Senats dem Kläger dazu mitgeteilt, dass das Verfahren L 9 U 2/15 mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 21. April 2016 seinen endgültigen Abschluss gefunden habe und eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht komme.

Mit Schreiben vom 12. April 2017 - eingegangen am 21. April 2017 - hat der Kläger mitgeteilt, dass richtiger Adressat seines Schreibens vom 5. April 2017 das Sozialgericht Darmstadt sein solle. Seinen bisherigen Vortrag ergänzend und bekräftigend rügt er abermals, dass von ihm im Verfahren benannte Zeugen nicht gehört worden seien und der zum Unfall führende Sachverhalt unzureichend aufgeklärt worden sei. Auch wendet er sich gegen die medizinische Bewertung seiner Gesundheitsstörungen als unfallfremd. Schließlich macht er geltend, zu keinem Zeitpunkt sein Einverständnis zu einer Entscheidung des Sozialgerichts durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt zu haben, was einen Verfahrensfehler darstelle.

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 20. Juni 2017 abgelehnt. Die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens L 9 U 2/15 (Vorinstanz Sozialgericht Darmstadt S 3 U 180/11) hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 27. Oktober 2017 zuständigkeitshalber an das Hessische Landessozialgericht verwiesen.

Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben 6. Dezember 2017 zu einer Verwerfung der Wiederaufnahmeklage als unzulässig im Beschlusswege angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Senat macht nach entsprechendem Hinweis an die Beteiligten von der Möglichkeit des § 158 SGG Gebrauch, die Wiederaufnahmeklage im Beschlussverfahren als unzulässig zu verwerfen (vgl. zur Anwendbarkeit von § 158 SGG auf Wiederaufnahmeklagen BSG vom 10. Juli 2012 - B 13 R 53/12 B; Keller in: Meye...

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