keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenz. Beitragszahlung. Freistellung Arbeitnehmer. Bautarifverträge

 

Leitsatz (amtlich)

Wird vom Insolvenzverwalter die baugewerbliche Tätigkeit des Schuldners eingestellt und allen Arbeitnehmern unter Freistellung von der Arbeitsleistung bis zum Ablauf der Kündigungsfristen gekündigt, ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, für die freigestellten Arbeitnehmer bis zur Beendigung von deren Arbeitsverhältnissen Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes zu leisten (Anschluss an BAG 18. Juli 1987 AP Nr. 14 zu § 4 TVG Geltungsbereich)

 

Normenkette

TVG 1; TVG 4; InsO 80; InsO § 90; BGB § 812; VTV/Bau 18 V; VTV/Bau 24; ZPO § 520

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 19.04.2007; Aktenzeichen 5 Ca 1136/06)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 19. April 2007 – 5 Ca 1136/06 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob die Beklagten zur Rückzahlung von seitens des Klägers geleisteter Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes verpflichtet sind, hilfsweise um Erstattungsansprüche des Klägers.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Xxxxx Bauunternehmung GmbH & Co. KG (künftig: Schuldnerin), die einen baugewerblichen Betrieb im Sinne der Bautarifverträge unterhielt, am tarifvertraglichen Sozialkassenverfahren für das Baugewerbe teilnahm, und über deren Vermögen am 01. März 2004 das Insolvenzverfahren unter Bestellung des Beklagten zum Insolvenzverwalter eröffnet worden ist (Beschluss des AG Aalen vom 01. März 2003, Bl. 15/15R d.A.).

Der Beklagte zu 1) ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er zahlt nach Maßgabe seiner Satzung und tarifvertraglichen Bestimmungen Beihilfen an ehemalige Arbeitnehmer des Baugewerbes. Der Beklagte zu 2) ist eine weitere gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau] iVm den Vorschriften des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Nach den tarifvertraglichen Vorschriften, die sämtlich für allgemeinverbindlich erklärt sind, haben die baugewerblichen Arbeitgeber die erforderlichen Mittel zur Erfüllung der Aufgaben der beiden Beklagten durch Beiträge aufzubringen. Diese sind nach näherer tariflicher Maßgabe an den Beklagten zu 1) als die tarifvertraglich bestimmte Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes zu zahlen.

Der Kläger stellte ab dem Tage der Insolvenzeröffnung sämtliche bei der Schuldnerin beschäftigten Arbeitnehmer von der Erbringung von Arbeitsleistungen unter Verrechnung auf Urlaubs- und Freizeitansprüche frei. Am 19. März 2004 schloss er mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich (bl. 6 bis 11 d.A.) ab. Darin wurde Einvernehmen über die wesentliche Einschränkung bzw. vollständige Einstellung der betrieblichen Tätigkeit sowie die Kündigung des größten Teils der Arbeitnehmer erzielt. Noch im März 2004 veräußerte der Kläger Teile des Anlagevermögens der Schuldnerin an eine neu gegründete Gesellschaft, die insgesamt 52 Arbeitnehmer der Schuldnerin übernahm. Den übrigen Arbeitnehmern der Schuldnerin wurde gekündigt. Die baugewerbliche Tätigkeit der Schuldnerin stellte der Kläger ein, am 29. April 2004 erfolgte die Abmeldung der Schuldnerin im Gewerberegister.

Arbeitsentgeltzahlungen bis zum Ablauf der jeweiligen Kündigungsfristen erhielten die ehemaligen Arbeitnehmer der Schuldnerin für die Zeit der Freistellung zunächst nicht vom Kläger. Im April 2005 erteilte der Kläger diesen Arbeitnehmern Abrechnungen über die insoweit geschuldeten Vergütungszahlungen und zahlte an diese Arbeitnehmer die ihnen aus dem Arbeitsverhältnis zur Schuldnerin insoweit noch zustehenden Nettobeträge, die sich aus dem geschuldeten Nettoentgelt abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes zusammensetzten, aus. Außerdem führte er an den Beklagten zu 1) EUR 104.955,37 als Sozialkassenbeiträge für die Zeiten nach Insolvenzeröffnung ab. Von Seiten des Beklagten zu 2) wurden dem Kläger unter dem 02. 27. und 28. Juli 2005 Erstattungsleistungen für verauslagte Urlaubsentgeltbeträge in der Gesamthöhe von EUR 76.373,86 ausgezahlt. In Höhe von EUR 5.545,20 verrechnete der Beklagte zu 2) Erstattungsbeträge mit einem Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen für die verspätete Zahlung der Sozialkassenbeiträge.

Der Kläger hat die Ansicht vertrete, er sei nach Stilllegung des Betriebes durch Verkauf des Anlagevermögens und die Freistellung von Arbeitnehmern nicht mehr zur Beitragsleistung verpflichtet gewesen, weil kein baugewerblicher Betrieb mehr vorhanden gewesen sei. Demzufolge habe er Sozialkassenbeiträge zu Unrecht geleistet, so dass er die gezahlten Beträge unter Berücksichtigung der erhaltenen Erstattungen ...

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