Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtzusage als Grundlage einer betrieblichen Altersversorgung. Kein Verzicht auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Gesamtzusage liegt vor, wenn der Arbeitgeber einseitig erklärt, dass er jedem Arbeitnehmer, der die von ihm abstrakt festgesetzten Voraussetzungen erfüllt, eine bestimmte Leistung gewährt. Eine solche Gesamtzusage kann auch das Ergebnis einer Umdeutung einer unwirksamen Dienstvereinbarung sein. Es handelt sich um eine an die gesamte Belegschaft oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil der Arbeitnehmer gerichtete Willenserklärung des Arbeitgebers, die von den Arbeitnehmern gem. § 151 BGB durch bloße Entgegennahme der Leistung und ohne ausdrückliche Erklärung angenommen wird. Ob eine Gesamtzusage vorliegt und welchen Inhalt sie hat, richtet sich gem. § 133, 157 BGB nach den für Willenserklärungen geltenden Regeln. Eine Gesamtzusage kann somit auch Rechtsgrundlage für eine betriebliche Altersversorgung sein.

2. Eine Klausel in einem Vorruhestandsvertrag, in der der Arbeitnehmer auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung verzichtet, ist wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 Satz 1 BetrAVG nach § 134 BGB nichtig. Denn § 3 Abs. 3 Satz 1 BetrAVG verbietet nicht nur die Abfindung einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft durch eine einmalige Zahlung, sondern auch den entschädigungslosen Erlass einer Versorgungsanwartschaft in Vereinbarungen, die im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffen werden.

 

Normenkette

BetrAVG § 1; BGB §§ 133-134, 140, 151, 157; BetrAVG § 3 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.09.2018; Aktenzeichen 23 Ca 4293/17)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 03.06.2020; Aktenzeichen 3 AZR 731/19)

 

Tenor

Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 20. September 2018 – 23 Ca 4293/17 – werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte 84% und der Kläger 16% zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger eine Altersrente nach der sog. A-Versorgungsordnung in der Fassung vom 28. Juli 2011 zu gewähren hat.

Der am xx. xx 1952 geborene Kläger wurde zum 01. Oktober 1992 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der B eingestellt. Im Dienstvertrag des Klägers vom 30./31. März 1992 (vgl. Anlage K 4 zur Klageschrift vom 20. Juni 2017; Anlagenband) ist in § 1 Abs. 5 geregelt, „Dass, soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes vereinbart ist, gilt für das Dienstverhältnis ergänzend der Tarifvertrag für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken in seiner jeweils gültigen Fassung“.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging mit Wirkung zum 01. Oktober 1993 aufgrund eines Teilbetriebsübergangs und zwar der Ausgliederung des Spezialfondsgeschäfts auf die C über. Mit Vertrag, geschlossen zwischen dem Beamtenversicherungsverein des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes (a.G.), der C und dem Kläger, vom 12. September 1994 (vgl. Anlage K 6 zur Klageschrift vom 20. Juni 2017; Anlagenband) wurde der Kläger zum 01. Oktober 1993 beim Beamtenversicherungsverein des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes (a.G.) versichert. Die Arbeitgeberin verpflichtete sich anteilig, den Beitrag in Höhe von 2/3 des Gesamtbeitrags zu zahlen.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde im Wege einer Vorruhestandsvereinbarung zum 31. Dezember 2011 beendet. In der Vorruhestandsvereinbarung vom 04. Januar/03. März 2010 (vgl. Anlage K 11 zur Klageschrift vom 20. Juni 2017; Anlagenband) heißt es u. a.:

„(…)

6. Ein Zuschuss zu den Beiträgen an den BVV während des Vorruhestandes wird in Anlehnung an Teil VI: Vorruhestands-Tarifvertrag gem. § 4 Ziff. 2 in der jeweils gültigen Fassung gewährt. Im Rahmen des A-PensionPlan Bonus bestimmt sich die Höhe der betrieblichen Altersversorgung ebenfalls nach den Ansprüchen, wie sie zum Zeitpunkt vor Inanspruchnahme des Vorruhestandes bestehen. Eine Möglichkeit zur Teilnahme am A-PensionsPlan Bonus während des Vorruhestandes besteht nicht. Im Übrigen gilt die Pensionszusage (Direktzusage) vollumfänglich weiter.

(…)

8. Mit Beginn dieser Vorruhestandsvereinbarung erlöschen alle Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis (hierunter fallen insbesondere auch Ansprüche auf evtl. freiwillige Sonderzahlung/Tantiemen und ggf. Bonuszahlungen). Ausgenommen hiervon sind lediglich eine garantierte Bonuszahlung in Höhe von 29.016,00 EUR brutto zahlbar im Mai 2010 (für das Jahr 2009), im Mai 2011 (für das Jahr 2010) sowie im Januar 2012 (für das Jahr 2011).“

Bei Eintritt des Klägers in das Arbeitsverhältnis zur B war die betriebliche Altersversorgung in Form von Betriebsvereinbarungen geregelt. Es galt insoweit erstmals die Versorgungsordnung, abgeschlossen mit dem Betriebsrat am 28. September 1988 (vgl. Anlage K 2 zur Klageschrift vom 20. Juni 2017; Anlagenband). Unter § 1 dieser Betriebsvereinbarung ist der Kreis der Versorgungsberechtigten geregelt. In § ...

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