Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialkassenverfahren im Baugewerbe. Entscheidung nach Zurückverweisung durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.10.2004, 10 AZR 119/04. betrieblicher Geltungsbereich des VTV-Bau. Steinmetzhandwerk

 

Orientierungssatz

1. Ein Betrieb unterliegt nicht dem Geltungsbereich des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren des Baugewerbes (VTV-Bau), wenn zwar überwiegend bauliche Leistungen erbracht werden, es aber als Betrieb des Steinmetzhandwerks i.S.d. § 1 Abs 2 Abschn VII Nr 13 VTV-Bau aus dem Geltungsbereich ausgenommen ist.

2. Das Verlegen von Dekorkieselbelägen sowie die Reparatur von Natursteinbelägen, die zusammen zu mindestens 51,3 % der Gesamtarbeitszeit aller gewerblichen Arbeitnehmer erbracht werden, sind als Tätigkeiten des Steinmetzhandwerks im Sinne des Ausnahmetatbestands gemäß § 1 Abs 2 Abschn VII Nr 13 VTV-Bau und der Ziffer 2.1 des Tarifvertrags über eine überbetriebliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk vom 1.12.1986 i.d.F. vom 28.08.1992 (TV-Zusatzversorgung) anzusehen.

 

Normenkette

VTV-Bau § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 13; TVG § 1; VTV-Bau § 24 Abs. 1-2, § 29 Abs. 1

 

Verfahrensgang

BAG (Urteil vom 06.12.2004; Aktenzeichen 10 AZR 119/04)

Hessisches LAG (Urteil vom 14.10.2003; Aktenzeichen 15 Sa 1066/00)

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 29.02.2000; Aktenzeichen 8 Ca 286/99)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 29.02.2000 – 8 Ca 286/99 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte für den Zeitraum von Juli bis Oktober 1998 zur Zahlung von Beiträgen zum Sozialkassenverfahren des Baugewerbes verpflichtet ist.

Die Klägerin ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.

Im Betrieb der Beklagten wurden im Jahre 1998 insgesamt 3.701 Arbeitsstunden geleistet. Diese verteilten sich prozentual auf die vier folgenden Tätigkeitsbereiche (nachfolgend: Tätb.):

Tätb. 1 mit 17,2 %: Fugarbeiten an Gebäuden, Sanierungsarbeiten im Bereich des Säurebaus, Austausch defekter Fliesen und großflächige Erneuerung von Fugen, Beschichtungen in Verbindung mit Kunststoffharzprodukten in verschiedenen Stärken und Zusammensetzungen;

Tätb. 2 mit 4,0 %: Verschließen von Kernbohrungen mit Quellmörtel, Trockenbauarbeiten, diverse bauliche Tätigkeiten wie Stemmarbeiten, Pflasterarbeiten einschließlich der zu Pflasterarbeiten erforderlichen Erdbewegungsarbeiten sowie sonstige bauliche Arbeiten;

Tätb. 3 mit 43,4 %: Aufbringen von Dekorkieselbelägen laut Prospekt der Firma A. Dieser Bereich ließ sich nochmals wie folgt unterteilen:

  • 14 %: Verlegung von bei der Beklagen vorgefertigten Platten, die entweder aus Eternit auf entsprechendes Maß zugeschnitten und sodann mit Rahmen eingefasst wurden. Danach wurden sie breitseitig grundiert, einseitig abgestreut und sodann mit den jeweils farblich abgestimmten Dekorkieseln belegt. Die so vorgefertigten Platten wurden dann auf PE-Folie oder Drainagematten verlegt;
  • 18 %: Verlegung von bei der Beklagten in der oben geschilderten Weise vorgefertigten Platten innenschwimmend auf Folie und
  • 68 %: Aufbringen von Dekorböden durch Auftragen einer mit Bindemittel angerührten Körnung.

Tätb. 4 mit 35,4 %: Fußbodenreinigungsarbeiten, Anstricharbeiten, Bodenbelagsarbeiten mit PVC-Belägen, Parkettarbeiten und Belagsreparaturen.

Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Vorbringens beider Parteien und der in erster Instanz gestellten Anträge wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (Bl. 48 – 49 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 29.02.2000 – 8 Ca 286/99 – die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat gegen das ihr am 25.05.2000 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts am Montag, den 26.06.2000 Berufung beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingelegt und diese am letzten Tag der bis zum 28.08.2000 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Das Landesarbeitsgericht ist mit Urteil vom 14.10.2003 – 15 Sa 1066/00 – zu dem Ergebnis gelangt, dass im Betrieb der Beklagten zu mindestens 56,79 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit der gewerblichen Arbeitnehmer bauliche Leistungen erbracht werden. Es hat dabei neben den Tätb. 1 und 2 mit 21,2 % den Tätb. 3 in zumindest zwei Teilbereichen mit weiteren 29,51 % als bauliche Leistungen bewertet.

Auf die Revision der Beklagten hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 6.12.2004 – 10 AZR 119/04 – entschieden, dass zwar in den Tätigkeitsbereichen 1 – 3 ausschließlich, und damit, bezogen auf die Gesamtarbeitszeit, überwiegend bauliche Leistungen erbracht werden. Es hat es jedoch als möglich angesehen, dass der Betrieb im Klagezeitraum als ein Betrieb des B aus dem Geltungsbereich des VTV Bau ausgenommen war. Das wäre nach der Begründung des Bundesarbeitsgerichts der Fall, wenn...

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