Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung der Tarifverträge des Gebäudereinigerhandwerks. Tarifvertragsauslegung, Nachwirkung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Nachwirkung des Rahmentarifvertrages im Gebäudereinigerhandwerk vom 22. September 1995 ist zum 01. September 2000 abgelöst worden durch das Inkrafttreten des RTV vom 16. August 2000.

Die tarifgebundenen Arbeitnehmer haben für das Jahr 2000 für Januar bis einschließlich August 2000 Anspruch auf 2/3 der Jahressondervergütung nach § 15 RTV 1995. Für das Jahr 2000 haben die tarifgebundenen Arbeitnehmer einen ungekürzten Anspruch auf ein zusätzliches tarifliches Urlaubsgeld nach § 14 Ziffer 4 RTV 1995 für die im gesamten Jahr 2000 entstandenen tariflichen Urlaubsansprüche.

 

Normenkette

TVG § 4 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.05.2002; Aktenzeichen 17/5 Ca 1157/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.06.2003; Aktenzeichen 9 AZR 563/02)

BAG (Urteil vom 12.02.2003; Aktenzeichen 10 AZR 293/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2001, 17/5 Ca 1157/01, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass § 15 Ziffer 1 des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten im Gebäudereiniger-Handwerk für die Bundesrepublik Deutschland vom 16. August 2000 (RTV 2000) so auszulegen ist, dass mit seinem Inkrafttreten am 01. September 2000 die nachwirkende Geltung der das zusätzliche Urlaubsgeld (§ 14 Ziffer 4) und die Jahressondervergütung (§ 15) regelnden Vorschriften des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten im Gebäudereiniger-Handwerk für die Bundesrepublik Deutschland vom 22. September 1995 (RTV 1995) beendet worden ist.

Es wird weiter festgestellt, dass für die Monate Januar 2000 bis einschließlich August 2000 ein anteiliger Anspruch der tarifgebundenen Arbeitnehmer auf Jahressondervergütung in Höhe von 2/3 der tariflichen Jahressondervergütung 2000 nach § 15 RTV 1995 besteht.

Es wird weiter festgestellt, dass für im Jahr 2000 entstandenen Urlaubsansprüche ein Anspruch der tarifgebundenen Arbeitnehmer auf zusätzliches tarifliches Urlaubsgeld nach § 14 Ziffer 4 RTV 1995 besteht und zwar ohne Kürzung im Hinblick auf das Inkrafttreten des RTV 2000 zum 01. September 2000.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits hat der Kläger zu 60%, die Beklagte zu 40% zu tragen.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Auslegung von Vorschriften der Rahmentarifverträge des Gebäudereinigerhandwerks.

Die Parteien sind die Tarifvertragsparteien für das Gebäudereinigerhandwerk auf Bundesebene. Bei dem Kläger handelt es sich um einen Spitzen verband, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben der Abschluss von Tarifverträgen für das Gebäudereinigerhandwerk auf Bundesebene gehört. Die Beklagte ist die für das Gebäudereinigerhandwerk zuständige Fachgewerkschaft.

Die Parteien haben am 22. September 1995 einen Rahmentarifvertrag (RTV 1995) abgeschlossen, der für allgemeinverbindlich erklärt worden ist. Dieser RTV 1995 ist zum 30. April 2000 gekündigt worden. Zu diesem Zeitpunkt ist auch die Allgemeinverbindlichkeit entfallen.

Am 16. August 2000 schlossen die Parteien den RTV 2000 ab, der zum 01. September 2000 in Kraft getreten ist.

In § 14 Ziffer 4 RTV 1995 war die Zahlung eines zusätzlichen Urlaubsgeldes ab dem Urlaubsjahr 1996 in Höhe von 30,00 DM je Urlaubstag und in einigen östlichen Bundesländern in Höhe von 10,00 DM für 1996, 24.00 DM für 1997, 28,00 DM für 1998 und 30,00 DM für 1999 geregelt. Für Teilzeitbeschäftigte betrug das zusätzliche Urlaubsgeld ab 1996 je Urlaubstag 1/8 des vollen Tagessatzes mal der regelmäßig geleisteten Arbeitsstunden, also ab 1996 3.75 DM mal regelmäßig geleistete Arbeitsstunden je Urlaubstag.

Nach § 15 RTV 1995 galt:

„1. Der/die Beschäftigte hat nach einer 6-monatigen Betriebszugehörigkeit Anspruch auf Zahlung einer Jahressondervergütung durch den Arbeitgeber. Stichtag ist der 30. November, jedoch ab 1996 der 31. Oktober.

2. Die Höhe der Zahlung beträgt 1995 das 60-, 1996 das 65-, 1997 das 70-, 1998 das 75-, 1999 das 80-fache des zum Zeitpunkt der Fälligkeit geltenden Tarifstundenlohnes des/der Beschäftigten. …

3. Bei Teilzeitbeschäftigten vermindert sich der Anspruch auf die Zahlung der Jahressondervergütung im Verhältnis seiner/ihrer vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit zur tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit…

4. Anspruchsberechtigte Beschäftigte bzw. Auszubildende, deren Beschäftigungs- bzw. Ausbildungsverhältnis im Kalenderjahr wegen Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs ruht, erhalten keine Leistungen gemäß Absatz 2 und 3. Ruht dieses Beschäftigungs- bzw. Ausbildungsverhältnis teilweise, so erhalten sie eine anteilige Leistung.

5. Ausscheidende Beschäftigte haben nach Erfüllung der Wartezeit (§ 15 Ziff. 1) einen Anspruch auf je 1/12 der Jahressondervergütung für...

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